“Jeden Tag kommen Patienten unters Messer, obwohl andere Behandlungen sinnvoller wären. Das betrifft nicht nur den Rücken.“

Es ist nicht nur ein diffuses Gefühl. Eine neue Studie liefert nun Belege: Viele Rücken-Operationen in Deutschland sind demnach unnötig. Jeden Tag kommen Patienten unters Messer, obwohl andere Behandlungen sinnvoller wären. Das betrifft nicht nur den Rücken. Auch bei anderen Beschwerden beklagen Expertenunnötig viele Operationen.Bitter, aber wahr: In vielen Fällen entscheidet nicht nur der Gesundheitszustand über die Frage, ob jemand operiert wird oder nicht.

Es geht auch um das Geld, das die Kliniken mit Operationen verdienen. Und es geht um hohe Operationsquoten, die ein wichtiges Argument für die Ärzte und die Krankenhäuser sind, wenn es darum geht, den Fortbestand ihrer Abteilungen zu sichern. Hinzu kommen regional unterschiedliche Versorgungsgewohnheiten: Rücken-Patienten aus dem Raum Fulda wird beispielsweise bis zu 13-mal häufiger die Wirbelsäule versteift als Patienten aus Frankfurt (Oder).

Die jüngste Kassen-Analyse schlägt nun Alarm: Von zehn Rücken-Patienten, die bereits eine OP-Empfehlung hatten, konnten acht durch Krankengymnastik und andere nicht-operative Therapien behandelt werden. Sämtliche Patienten hatten vorher das kasseninterne Zweitmeinungsverfahren genutzt. Das Recht auf eine ärztliche Zweitmeinung – das ist in den Augen vieler Experten das wirksamste Mittel gegen unnötige Operationen. Doch es hakt an mehreren Stellen: Viele Patienten scheuen sich, eine Zweitmeinung einzuholen, weil sie glauben, damit ihrem Arzt das Vertrauen zu entziehen.

Viele wissen nicht mal, dass etliche Kassen ein solches Verfahren bezahlen. Andere wiederum misstrauen den Zweitgutachtern der Kassen, die ja ihrerseits auf ihre Kosten achten müssen. Der gesetzliche Anspruch auf eine unabhängige Zweitmeinung muss deswegen endlich umgesetzt werden. Nicht nur für einzelne OP-Diagnosen – sondern mindestens für die zehn häufigsten.