“Die Löcher in Niedersachsens Netz sind berüchtigt. Und auch von einem flächendeckenden Glasfasernetz ist Niedersachsen weit entfernt.“

Der große Tag sollte eigentlich dieser Dienstag sein. Den „Masterplan Digitalisierung“ wollte Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) nach der Sitzung der Landesregierung der Öffentlichkeit vorstellen.

Doch bereits am Wochenbeginn sickerte durch, dass das Großprojekt erst eine Woche später vorgestellt wird.

„Die Landesregierung kann ihren Zeitplan für den Masterplan Digitalisierung erneut nicht einhalten – er entwickelt sich damit mehr und mehr zum Desasterplan“, spottete der FDP-Fraktionsvize Jörg Bode. Vom Tempo her befinde sich das Ministerium auf ISDN-Niveau – die Zukunft warte aber nicht, bis der Abstimmungsstreit zwischen CDU und SPD ausgetragen sei. FDP-Politiker Bode war allerdings selber mal als Wirtschaftsminister für Niedersachsens Infrastruktur zuständig ­– während Althusmann in früheren CDU/FDP-Regierungszeiten Kultus-Staatssekretär und Kultusminister war. „Es ist schon erstaunlich, welche Diskrepanz zwischen vollmundigen Ankündigungen und Lobhudeleien dieser Masterplan Digitalisierung bereits erfahren hat, bevor er überhaupt vorliegt“, meinte Detlev Schulz-Hendel von der Grünen-Landtagsfraktion. Der Masterplan als Desasterplan – schon klar, dass Niedersachsens kampferprobte Oppositionsfraktionen FDP und Grüne da nicht widerstehen konnten.

Die Skepsis hat einige Gründe. Ähnlich wie die Versicherung, mit aller Konsequenz gegen Organisierte Kriminalität vorzugehen, seit Jahren zur Politik-Folklore in Niedersachsen gehört, luden Wirtschaftsminister in der Vergangenheit gerne mal zu Pressekonferenzen zum Netzausbau, zumal es dazu ein sogenanntes Kompetenzzentrum des Landes gibt.

Ende Juli dieses Jahres gab Althusmann zum Thema Netzausbau eine eher ernüchternde Bestandsaufnahme zu Protokoll. „Wir haben da versagt“, meinte der CDU-Mann kurz und knapp zum Thema Mobilfunk. Die Löcher in Niedersachsens Netz sind berüchtigt. Und auch von einem flächendeckenden Glasfasernetz ist Niedersachsen auch nach Einschätzung der Landesregierung weit entfernt.

Und da kommt nun der Masterplan ins Spiel. Rund 100 Seiten soll er haben und 17 Themenbereiche. Eine Situationsbeschreibung dürfte darin ebenso enthalten sein wie das Festlegen von Ausbauzielen für Mobilfunknetze und Internet. Außerdem haben alle Ministerien gemeldet, wie sie sich in ihrem Themengebiet die digitale Zukunft vorstellen, vom mobilen Fahren bis zur Sprechstunde beim Arzt übers Internet. Wenn das Internet hakt, werden solche Zukunftsversprechen schnell ziemlich peinlich. Das Verschieben der Präsentation soll vor allem mit internem Abstimmungsbedarf zu tun haben, auch die nun beendete Urlaubszeit dürfte eine Rolle gespielt haben.

Das alles ist vergleichsweise egal, wenn das entscheidende Kapitel in dem Werk konkret ausfällt: Wie sollen die technischen Grundlagen für das digitale Niedersachsen gelegt werden? Also: Auf welche technischen Standards und Wege setzt das Land, und wie sollen sie vorangebracht werden? Althusmann hat bereits angekündigt, dass Niedersachsen beispielsweise zum Flicken von Funklöchern selbst bis zu 50 Millionen Euro in die Hand nehmen wird, wo sich kein Anbieter bereit findet. Der zuständige Digital-Staatssekretär Stefan Muhle hat betont, man brauche eine flächendeckende Versorgung.

Althusmann muss erklären, wie das Thema in die Pläne des Bundes und beispielsweise Förderkulissen der EU integriert werden soll. Das Land braucht eine enge Abstimmung mit den Kommunen. Und der Vize-Ministerpräsident muss zeigen, wie mit weniger Bürokratie und beschleunigten Verfahren Tempo gemacht werden kann.

850 Millionen Euro von einer angekündigten Milliarde sind bereits im Landeshaushalt abgesichert. Entscheidend aber wird sein, wie schnell das Geld wirklich in bessere Netze umgesetzt werden kann. Althusmann hat bereits harte Verhandlungen mit den Mobilfunkanbietern angekündigt ­– ein kleiner Hinweis darauf, dass die Hürden für einen „mobilen Gigapakt“ ziemlich hoch sind. Althusmann will nach der nächsten Wahl Ministerpräsident werden. Der Druck ist also hoch.