„Der Erfolg von Gangsta-Rap ist nicht der Weltuntergang, sondern ein Spiegel des gesellschaftlichen Klimas.“

Deutschsprachiger Hip-Hop ist derzeit das kommerziell erfolgreichste Genre im Land. Da kann selbst Helene Fischer nicht mithalten. Vor zwei Jahren verdrängte das Album „Zuhältertape Vol. 4“ die stark beworbene CD „Weihnachten“ der Schlagerkönigin ad hoc von der Spitze der Charts – im Dezember.

Die „Zuhältertapes“ sind eine Albumserie von Kollegah – dem Rapper, der sich mit seinem Kumpel Farid Bang gerade mal wieder aus der goldenen Nische des Gangsta-Raps ins Zentrum der Aufmerksamkeit gewaltgereimt hat. Die beiden Muskelpakete haben Ende 2017 ihr drittes gemeinsames Album „Jung Brutal Gutaussehend 3“ herausgebracht – mit maximalem Verkaufserfolg.

Logische Folge: die Nominierung für den Echo – jenen fragwürdigen Preis, mit dem die kriselnde Musikindustrie anhand ihrer verbliebenen Zugpferde um Beachtung buhlt. Denn das Kriterium ist nicht künstlerische Qualität, sondern kommerzieller Erfolg.

Voraussetzung für Erfolg ist, dass man wahrgenommen wird. Und da bietet Gangsta-Rap unschätzbare Vorteile. Gewaltverherrlichende, frauenfeindliche, Schwächere verachtende Texte zu fetten Beats setzen sich selbst in der digitalen Dauerberieselung durch. Je krasser, desto besser.

Kollegah und Farid Bang haben nun mit der Textzeile „Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen“ den ultimativen Tabubruch gewagt. Kein Grund für den Echo-„Ethikrat“, sie in die Schranken zu weisen: Das müsse eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über die Kunstfreiheit leisten. Das Argument ist hohl: Ein Ausschluss der beiden hätte die Debatte erst recht angefacht.

Wahr ist aber auch: Gangsta-Rap ist nicht der Weltuntergang, sondern ein Spiegel des gesellschaftlichen Klimas. „Jung Brutal Gutaussehend“ ist eben angesagt, wenn Solidarität und Minderheitenschutz bröckeln. Rappende Großkotze sind nicht die Ursache, sondern Symptom.