„Würde Chinas Präsident seine Ziele so laut herausposaunen wie Donald Trump, die Welt hielte den Atem an.“

Der potentiell mächtigste Mann der Welt ist kein Lautsprecher. Er arbeitet relativ leise, aber äußerst zielstrebig an der totalen Kontrolle über 1,4 Milliarden Chinesen. Während US-Präsident Trump in wenigen Jahren Geschichte sein wird, nicht zuletzt aus Altersgründen, ist die Macht Xi Jinpings nun auch zeitlich unbeschränkt: Chinas Volkskongress hat gestern die Begrenzung der Amtszeit des Staatspräsidenten auf zweimal fünf Jahre aufgehoben. Und Xi, seit 2012 im Amt, ist erst 64 Jahre alt.

Es war nicht die einzige „Entscheidung“, mit der der Kongress Xis Machtfülle zementierte und erweiterte. Die 3000 Delegierten schrieben sein Gedankengut, aber auch den Führungsanspruch der Kommunistischen Partei offiziell in die Verfassung ein. Damit ist die formale Trennung von Staat und Partei – Generalsekretär ist Xi – so gut wie aufgehoben.

Folgerichtig segnete der Volkskongress auch eine neue Überwachungsbehörde ab, die Nationale Aufsichtskommission, die unter Kontrolle der Partei künftig unabhängig von der Justiz ermittelt.

Diese totale Konzentration der Staatsgewalt in der Partei und ihrem Führer ist eine historische Kehrtwende. Maos Nachfolger Deng Xiaoping hatte die Aufteilung der Macht in Staat und KP und eine gewisse Dezentralisierung durchgesetzt, um wirtschaftliche Dynamik und neue Denkansätze zu ermöglichen und diktatorischer Hybris vorzubeugen. Manche hatten darin Ansätze zu einer Demokratisierung gesehen.

Das ist Spekulation von gestern. Und Xis Pläne gehen weiter. Seine Regierung arbeitet am Projekt der gläsernen Bürger: Daten über berufliches und soziales Wohl- bzw. Fehlverhalten sollen zentral erfasst werden und über ihr Fortkommen entscheiden. Und sie fördert die Entwicklung künstlicher Intelligenz. Xi setzt auf Technologie, Effizienz und totale Kontrolle. Würde er seine Ziele so laut herausposaunen wie Trump, die Welt hielte den Atem an.