„Warum sollte der 31. Oktober nicht ein Tag sein, an dem wir unsere wichtigsten Rohstoffe feiern – Geist und Wissen?“

Der Reformationstag wird gesetzlicher Feiertag – angesichts der Mehrheitsverhältnisse im niedersächsischen Landtag besteht daran kein ernsthafter Zweifel. Der freie Tag für alle dürfte bei den Arbeitnehmern wie bei unseren Kindern auf Beifall stoßen. Und auch wenn dieser Freu-Tag unsere Wirtschaft eine Stange Geldes kostet, wird sie keinen Schaden nehmen. Bayern, das Aufsteigerland, macht uns vor, dass man selbst mit einer erheblich höheren Zahl von Feiertagen außerordentlich wettbewerbsfähig sein kann.

Doch was werden wir mit diesem geschenkten Tag anfangen? Bloß Herbstspaziergänge machen und Kaffee trinken? Festzustellen ist: Die Antwort auf die Sinnfrage steht aus. Bisher kreiste die Diskussion vor allem um die Furcht vor einem falschen Signal. Denn der Reformationstag ist ein schwieriger Feiertag. Er darf um Gottes willen kein Heldengedenktag für Martin Luther werden. Dafür hat der Reformator in seinen späten Jahren zu viel Schaden angerichtet. Auch darf er keine Bühne für Muskelspiele der evangelischen Kirche bieten, die Anders- oder Nichtgläubige brüskieren.

Es hätte weniger beladene Alternativen gegeben. Doch sie waren ohne Chance. Die anderen Nordländer wollten den Reformationstag, der Spätstarter Niedersachsen hätte sich mit einem Alleingang erhebliche Praktikabilitätsprobleme eingehandelt.

Nun stehen wir vor der Aufgabe, den schwierigen Feiertag mit Verstand zu nutzen. Wer sagt, dass er sich in seiner religiösen Dimension erschöpfen muss? Mit der Reformation begann auch der Siegeszug der Bildung für alle. Warum sollte der 31. Oktober nicht ein Tag sein, an dem wir die wichtigsten Rohstoffe unseres Landes feiern – Geist und Wissen? Ein Tag des Dankes an die Schöpfer und Vermittler von Wissen und Bildung, ein Tag des kritischen Kassensturzes und der Suche nach Verbesserung? Besser könnten wir die Zeit kaum investieren.