„Wer politische Ladehemmung mit demagogischen Ausbrüchen zu überspielen sucht, unterschätzt die Bürger.“

Köln wurde durch die massenhaften sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht 2015 zum Symbol für das Versagen des Rechtsstaats. Schutzlos waren Frauen den Attacken nordafrikanischer Männer ausgesetzt. Die Nacht der Schande hat unser Land verändert, weil sie Bürger, Politiker, Justiz, Polizei und Journalisten zwang, die rechtsfreien Räume zur Kenntnis und ihre Beseitigung in Angriff zu nehmen.

Straßen und Plätze unseres Landes dürfen nicht Leuten in die Hände fallen, die die Liberalität unseres Rechtsstaates mit Narrenfreiheit verwechseln. Wer sich gegen die Rechte seiner Mitmenschen vergeht, muss mit aller Kraft gehindert und mit Härte bestraft werden – sei er Einheimischer oder Zugewanderter. Die jüngste Strafverschärfung allein wird niemanden überzeugen – auf die konsequente Anwendung kommt es an. Die Rechtsbrüche der letzten Tage sind ein Zeichen, dass hier mehr geschehen muss.

Die Kölner Polizei aber hat aus ihren Fehlern offensichtlich gelernt. Nicht nur die höhere Präsenz auf der Domplatte zeugte von gesteigerter Wachsamkeit, sondern auch die Information, die sie vor dem Jahreswechsel verbreitete. In vielen Sprachen, so auch arabisch, wurden die Regeln fürs „Feiern mit Respekt“ in Erinnerung gerufen. Warum arabisch? Wer verstanden werden will, sollte sich in einer Weise ausdrücken, die beim Adressaten ankommt.

Zwei Politikerinnen der „Alternative für Deutschland“ konstruierten daraus „die Unterwerfung unserer Behörden“ und den Versuch, „gruppenvergewaltigende Männerhorden so zu besänftigen“. Diese wüste Polemik trägt zur Besserung der Verhältnisse nicht bei. Das war offenbar auch nicht Storchs und Weidels Ziel. Ist es ein Zufall, dass ihre Partei gerade gegen das Gesetz agitiert, mit dessen Hilfe Pöbelei und Hetze im Internet eingedämmt werden sollen? Mag es sein, dass sich Storch zum Opfer des von ihr bekämpften Gesetzes stilisieren will? Festzuhalten ist: Die Meinungsfreiheit, die die AfD zurecht einfordert, ist kein Freibrief für Verleumder.

Die AfD könnte sich mit konkreten Vorschlägen zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit um unser Land verdient machen. Doch davon ist wenig zu sehen. Falls die Partei versuchen sollte, ihre politische Ladehemmung mit demagogischen Ausbrüchen zu überspielen, würde sie die Bürger unterschätzen. Die wählen in Deutschland traditionell nicht Meister des Kraftausdrucks, sondern kompetente Macher.