„Umso wichtiger war der Kapitän als Identifikationsfigur für den oft belächelten Fußballstandort.“

Alle Jahre wieder…“ klingt es an Heiligabend allüberall in den Gottesdiensten, und auch die Fans des VfL werden gerade an dieses Lied erinnert. Vor anderem Hintergrund: Nach Julian Draxlers Abgang zu Paris vor fast genau einem Jahr verliert der Fußball-Bundesligist mit Mario Gomez kurz vor Weihnachten wieder sein Aushängeschild, auch wenn die Fälle völlig unterschiedlich gelagert sind. War Draxlers Weggang emotional eine Erlösung, so verlor der VfL doch seinen besten Fußballspieler. Bei Gomez ist es umgekehrt: Sportlich konnte er seinen Wert nach 17 Treffern zum Klassenerhalt im Vorjahr nicht mehr unter Beweis stellen, Divock Origi dürfte ihn wenigstens gleichwertig ersetzen.

Umso wichtiger war der Kapitän als Identifikationsfigur für den oft belächelten Fußballstandort. Er, der Weltstar, hatte sich noch im Sommer zu dem Klub bekannt, der stetig um Identifikation ringt. Er hatte mit kreisliga-reifen Gesängen die Rettung in der Relegation bejubelt und dabei jede Menge Selbstironie bewiesen – dafür feierten ihn nicht nur Wolfsburgs Fans. Dass Gomez – noch dazu so plötzlich – Wolfsburg verlässt, ist ein Tiefschlag für die VfL-Fanseele. Der Spieler muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass seine Aussagen in seiner nur eineinhalbjährigen VfL-Zeit bloß Lippenbekenntnisse waren. Und der Verein muss damit leben, wieder einmal einen Mann mit Gesicht nicht gehalten zu haben. Ob der zuletzt Tore schoss oder nicht, spielt dabei keine Rolle.