Olaf Kahles Schritt ist folgerichtig, denn er sah keine Chance mehr für den Umbau der Kammerstruktur.

Der Wolfsburg-Lüneburger IHK-Präsident wirft hin. Es war der Tag, an dem sich Volkswagen, sein wichtigster Mitgliedsbetrieb, auf der IAA in seiner ganzen technischen Brillanz gezeigt hatte und das freundlichste Medien-Echo seit 24 Monaten hörte. Der Paukenschlag drang dennoch durch – die vornehmen Industrie- und Handelskammern pflegen ihr Spitzenpersonal normalerweise nicht durch Rücktritt, sondern durch Ruhestand zu verlieren.

Olaf Kahles Schritt ist folgerichtig, denn er sah keine Chance mehr für den Umbau der Kammerstruktur. Selbst seine Gegner aus dem Norden hatten in lichten Momenten eingestanden, dass es keinen Sinn hat, den Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg zu trennen. Auch sie wissen, dass den Hamburger Speckgürtel und die Autometropole kaum etwas zusammenhält. Und: Gemeinsame Strukturen können Geld der Beitragszahler sparen.

All das hinderte sie nicht an einer beispiellosen Kampagne gegen die Verbindung mit der IHK Braunschweig. Der Druck auf die Zustimmungswilligen muss enorm gewesen sein. Anders ist kaum zu erklären, was vergangene Woche in der Hauptversammlung geschah: Die Mehrheit wischte den in großer Runde erarbeiteten Alternativplan einer Konföderation vom Tisch. Der Präsident konnte nicht einmal einen Verhandlungsrahmen durchsetzen.

Kahle hatte einen schweren Fehler gemacht, als er ohne gesicherten Rückhalt in Gespräche mit seinem Braunschweiger Kollegen Streiff ging. Zweifellos hat darunter die Sachdiskussion gelitten. Gescheitert ist Kahle aber, weil nicht wirtschaftliche und politische Vernunft, sondern die Revierinteressen von Kommunalpolitikern entschieden.

Was mag nun folgen? Bleibt alles beim Alten? Oder werden jene aufstehen, die sich bisher wider besseres Wissen zurückhielten? Oder mag die nächste Landesregierung ihre Gestaltungsaufgabe wahrnehmen, wenn die Reform nicht aus eigener Kraft gelingt? Das Argument, man wolle nicht in die Selbstverwaltung der Wirtschaft eingreifen, hat ausgedient. Denn der politische Übergriff hat, durch Kommunalpolitiker und ihre Unterstützer, längst stattgefunden. Die Bildung einer IHK für den Hamburger Speckgürtel und einer für den Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg-Salzgitter würde die tatsächlichen Wirtschaftsräume abbilden – so wie es das niedersächsische IHK-Gesetz vorschreibt.