„Die ohnehin schon aufgeladene Flüchtlings-Debatte erfährt durch das Zutun der Kirchen noch einmal eine moralische Aufwertung.“

Kirchenasyl ist ein emotionales Thema. Hier der kalte Staat, dessen Ausländerbehörden Flüchtlinge zurück in die alte Heimat schicken, wo sie um Leib und Leben fürchten müssen. Dort die mitfühlende Kirchengemeinde, die Flüchtlinge vor dem Unheil bewahrt, Traumatisierten Schutz bieten.

Die ohnehin schon aufgeladene Flüchtlings-Debatte erfährt durch das Zutun der Kirchen noch einmal eine moralische Aufwertung. Nüchtern betrachtet ist das Kirchenasyl jedoch nur die Spitze des Eisbergs umstrittener, verhinderter und gescheiterter Abschiebungen.

Das erste Kirchenasyl in seiner heutigen Form in Deutschland wurde 1983 gewährt. Zwar gibt es für das Verfahren keine gesetzliche Grundlage, aber faktisch hat sich ein Gewohnheitsrecht zwischen Kirchen und Behörden herausgebildet. Grundlage bildet nun die 2015 geschlossene Vereinbarung zwischen den beiden Großkirchen mit dem Staat.

Und das ist gut so. Denn die Kirchengemeinden sind ein Korrektiv. Die Behörden liegen im Einzelfall eben doch mal daneben, senken den Daumen zu schnell. Viele Kirchengemeinden haben einen engen Draht zu Flüchtlingshelfern oder sind selbst in der Flüchtlingshilfe aktiv. Sie kennen den Einzelfall manchmal besser als die Ausländerbehörde des zuständigen Landkreises oder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Auf Druck der Kirchengemeinden hat man den Flüchtlingen in 90 Prozent der Fälle durch eine erneute Überprüfung helfen können – eine beeindruckende Quote. Der zusätzliche Aufwand für die Behörden ist gerechtfertigt.

Die Kirchengemeinden sind sich ihrer Verantwortung offenbar bewusst. Die Fallzahlen steigen zwar, jedoch moderat. Das Instrument des Kirchenasyls hat sich bewährt. Gerade bei den derzeit immer noch hohen Flüchtlingszahlen sollten die Kirchengemeinden sich einmischen dürfen.