Braunschweig. Der Staat sieht den Schutz der Abgelehnten kritisch. Auch in unserer Region gibt es Fälle.

Das Kirchenasyl ist eine Gratwanderung. Der deutsche Staat ist über das Hilfsangebot nicht glücklich. Und doch bieten immer mehr Kirchengemeinden Flüchtlingen Asyl, um sie vor der Abschiebung zu schützen.

Ende Januar zählte die Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche in Deutschland 323 Fälle mit 547 Menschen. Ein Jahr zuvor waren es 449 Flüchtlinge, vor zwei Jahren 359 Menschen. Die Arbeitsgemeinschaft wird von beiden großen Kirchen getragen.

Noch deutlicher werden die Zahlen im gesamten Jahresverlauf. Für 2016 liegen diese noch nicht vor, die Tendenz ist aber eindeutig: 2015 fanden 1015 Flüchtlinge Schutz in Kirchengemeinden, 2013 waren es erst 162. Die Dunkelziffer liegt höher.

Das klingt alles nicht dramatisch, doch Bundesinnenminister Thomas de Maizière kritisiert das Kirchenasyl grundsätzlich. Er sagt, dass die Kirchen sich nicht über das Recht stellen dürften. Dabei war er an einer Vereinbarung mit den Kirchen beteiligt.

Flüchtlinge leben selten in der Kirche, vielmehr im Gemeinde- oder Pfarrhaus oder anderen Räumen. Dort sind sie vor dem Zugriff der Polizei geschützt, der Staat achtet das Kirchenasyl.

In Niedersachsen sind die Fallzahlen eher gering. Das Engagement der Gemeinden etwa in Bayern ist größer. Bei uns leben laut Hildegard Grosse derzeit mindestens 16 Flüchtlinge unter dem Schutz der Kirchen. Grosse ist Ehrenamtliche bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, koordiniert in Niedersachsen. Sie sagt: „Es war oft möglich, eine Abschiebung schon im Vorfeld zu verhindern.“

In der Landeskirche Braunschweig gibt es derzeit zwei Fälle. Die Landeskirche praktiziert das „stille Kirchenasyl“. Die Kirchengemeinden wollen öffentlich im Verborgenen bleiben, um Konflikte mit den Ausländerbehörden, mit denen sie in Kontakt stehen, zu vermeiden. Landeskirchen-Sprecher Michael Strauß betont aber: „Die Gemeinden stellen sich nicht über geltendes Recht.“

Das Bistum Hildesheim, das bis an die Nordseeküste reicht, verfährt ähnlich. Es teilt aber immerhin mit, dass es sich um drei Fälle handelt, die Flüchtlinge aus Eritrea und Syrien stammen und nicht in unserer Region leben.

Laut den beiden großen Kirchen hat sich das Instrument bewährt: In 90 Prozent der Fälle habe den Flüchtlingen durch eine erneute Überprüfung ihres Falles geholfen werden können.

Einen Kommentar zum Thema finden Sie hier: Kirchen als Korrektiv