Braunschweig. Der Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte, Michael Gabriel, sagt: Die WM-Ablehnung bei den Fans ist enorm. Das zeige auch der Kartenvorverkauf.

Seit Beginn der 1990 Jahre organisiert die Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS), teilfinanziert vom Deutschen Fußball Bund (DFB), die Fanbetreuung für die reisenden Fans der Nationalmannschaft. Im Mittelpunkt die großen Turniere, Europameisterschaften und Weltmeisterschaften.

Dafür wurde auch das Konzept der „mobilen Fanbotschaft“ entwickelt, das unter anderem helfen soll, möglichen Konflikten schon im Vorfeld durch Dialog zu begegnen. Es geht um den Austausch vor Ort – mit Fans, internationalen Fanbetreuungsorganisationen, DFB-Offiziellen, ausländischen Sicherheitskräften oder szenekundigen Beamten der deutschen Polizei. Ebenso die Mitarbeiter der deutschen Botschaft sind intensiv eingebunden.

Auch für die WM in Katar wurden im Vorfeld diese Kontakte aktiviert. Für Michael Gabriel, den Leiter der KOS, stellt die nun beginnende Fußball-WM dennoch eine „zweischneidige Angelegenheit“ dar. Sie fühle sich aus vielerlei Hinsicht falsch an. Daher seien die politischen Diskussionen aktuell über die Sinnhaftigkeit einer Endrunde dort auch in dieser Intensität durchaus berechtigt. Man wisse um die großen Vorbehalte der überwiegenden Mehrheit der aktiven Fanszene gegenüber der Vergabe an den Wüstenstaat, sagt Gabriel. Die ganzen Umstände sprächen nicht dafür, dass es ein rauschendes Fußballfestes werde. „Zugleich haben wir aber auch eine professionelle Verantwortung, die besagt, bei Fragen und Problemen Anlaufpunkt für die deutschen Fans zu sein, die nach Doha reisen“, erklärte Gabriel im Gespräch mit unserer Zeitung. Es gebe unter vielen Fans und Fan-Gruppen eine teilweise große Skepsis gegenüber staatlichen Institutionen. „Hier dienen wir als Vermittler, sind im Austausch. Das ist eine wesentliche Aufgabe, auch in Katar.“

KOS-Mitarbeiter mit Informationsstand vor Ort in Doha

Zwei KOS-Mitarbeiter fliegen daher mit einem Team aus insgesamt zehn Fan-Experten aus Deutschland ins Emirat. Man werde dort auf einem zentralen Platz einen Stand betreiben. Ganz klassisch: Zelt, Sonnenschirm, Tische mit Informationsmaterial. Wie viel Arbeit ab dem 20. November auf seinen Kollegen Philipp Beitzel und Kollegin Julia Zeyn zukommen werde, darüber könne er heute nur spekulieren, sagt Gabriel. Auch er selbst sei gespannt, wie die Stimmung in den Stadien werde und wer überhaupt die Reise dorthin antrete. „Die Ablehnung dieser WM ist in der Fanszene sehr ausgeprägt, das zeigt sich auch am Kartenvorverkauf. Noch nie wurden so wenig Tickets für eine WM aus dem Kontingent des DFB verkauft.“

WM-„Allesfahrer“ sehr reserviert

Bislang seien etwas mehr als 4000 Karten verkauft worden, noch weniger als vor vier Jahren, als die WM-Endrunde in Russland stattfand. Auch unter den sogenannten „Allesfahrern“ herrsche eine große Reserviertheit. Es sei kein Vergleich mit den Endrunden in Südafrika (2010) oder Brasilien (2014). Damals seien dem DFB mindestens das doppelte Kontingent abgenommen worden, so Gabriel.

Fragen von Fans werden dennoch aufkommen: Wie verhalte ich mich in der Öffentlichkeit? Darf ich singen? Wie ist das mit dem Alkohol? Was sollte ich unterlassen, um nicht öffentliche Erregung zu provozieren? „Vielleicht sind nicht so viele Fans vor Ort, wir stellen uns aber auf einen wesentlich höheren Informationsbedarf als bei anderen Turnieren ein“, erklärt KOS-Leiter Gabriel.