Salzgitter. In Salzgitter hat das Gesundheitsamt wegen vieler Infektionen drei Schulen dichtgemacht. Die Furcht ist, dass dies nur die Vorboten sind.

Die Nachricht aus Salzgitter ist bedrohlich und bitter. Die Stadt hat die vierthöchste Inzidenz in Niedersachsen. Und nun hat das städtische Gesundheitsamt wegen vieler Infektionen drei Schulen geschlossen. Wohlgemerkt: als „schulscharfe Einzelmaßnahme“, wie im Ministerial-Duktus umschrieben wird, dass man nur bei einzelnen Schulen ins Rad greift. Trotzdem stellen sich hierzu gleich mehrere Fragen. Zum Beispiel diese:

Gibt es in Niedersachsen weitere Schulschließungen?

Nein, derzeit geht laut Kultusministerium aus dem Corona-Meldeportal, über das die Schulleitungen das Ministerium auf dem Laufenden halten, hervor, dass nur die drei Schulen aus Salzgitter den Schritt „Distanzunterricht“ vollzogen haben. Im Namen des Kultusministers Grant Hendrik Tonne (SPD) schloss der Pressesprecher die folgende Interpretation an: „Über das Land hinweg betrachtet läuft der Präsenzunterricht in Niedersachsen verlässlich. Schulen und Kitas sollen offenbleiben, einen weiteren Bildungs-Lockdown darf es nicht geben.“ Das Prinzip, mit Testungen, Maskenpflicht für alle auch im Unterricht (außer den ersten und zweiten Klassen) sowie Lüftungs- und Hygienekonzepten sei derzeit erfolgreich. Für „nicht hinnehmbar“ hält das Ministerium mit Blick auf die Impfgegner hingegen, „dass eine kleine Minderheit der Erwachsenen sich unsolidarisch verhält und damit das Recht der Kinder und Jugendlichen auf Bildung in der Schule und der Kita gefährdet“.

Wie ist die Lage in anderen Bundesländern?

Zum Teil ist die Situation in anderen Bundesländern deutlich angespannter. Nachdem an einer Kreuzberger Grundschule (20 positive Tests bei 650 Schülern) das Wechselunterrichts-Modell beschlossen worden war, gingen laut rbb nun die Eltern auf die Barrikaden. Mit Rasseln und Trommeln protestierten sie gegen die Einschränkung des Unterrichts für ihre Kinder, während anderswo Menschen in vollgestopften Stadien beieinandersäßen. Von „explodierenden Zahlen unter Schülern“ war am Montag auf der ZDF-Website die Rede. Der Sender zitiert den Präsidenten des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, mit diesem Satz: „In Hotspots wie dem Rottal-Inn-Kreis, in dem ich lebe, haben wir derzeit eine Corona-Inzidenz über 2.000 unter Schülerinnen und Schülern.“ Die Politik unternimmt laut Meidinger zu wenig, um die Schulen vor der vierten Welle zu schützen. Seine Forderung: mehr Tests, mehr hochwertige Luftreiniger. Auf der Website des Deutschen Schulportals (einer Initiative der Robert-Bosch-Stiftung und der „Zeit“-Verlagsgruppe) fasste Annette Kuhn in ihrem Newsblog am Montag ihre Ansicht wie folgt zusammen: „Die Zweifel mehren sich, ob die Corona-Schutzmaßnahmen an den Schulen für den kommenden Winter ausreichend sind, um Präsenzunterricht sichern zu können und die Schulen offen zu halten.“


Wie sieht die Gewerkschaft die Lage an den Schulen?

Die Einschätzung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zu den Nachrichten aus Salzgitter lässt sich akkurat zweiteilen. Einerseits respektiert der Gewerkschaftssekretär und Pressesprecher Christian Hoffmann die Entscheidung des lokalen Gesundheitsamtes. „Besondere Vorsicht ist erst einmal richtig, Panik sicher nicht angebracht“, sagte er – und betonte in diesem Zusammenhang auch noch einmal, dass 95 Prozent der Schulbeschäftigten in unserem Bundesland doppelt geimpft seien. Andererseits sehe es die GEW immer noch oder sogar immer mehr als fatal an, wie viele Klassenzimmer besonders an Schulen mit weniger engagierter oder solventer Elternschaft ohne Luftfiltersysteme auskommen müssten. „Wir reden übrigens auch immer noch über Waschbecken“, meinte Hoffmann. Laut GEW sollte das Ministerium den Schulen durch Listen und Handreichungen den Weg zu geförderten Investitionen in den Infektionsschutz erleichtern.

Wie sind die Quarantäne-Regeln?

Die Faustformel ist nach wie vor die folgende: Ist eine Person positiv getestet, muss sie sofort 14 Tage in häusliche Quarantäne. Anlässlich der vielen Corona-Fälle in diesen Tagen stellt sich für immer mehr Menschen die Frage: Aber was ist denn nun mit den „Kontaktpersonen“ der Infizierten? Die Niedersächsische Corona-Verordnung definiert diese Menschen als diejenigen, die in den letzten zwei Tagen (oder nach dem Corona-Test) mehr als zehn Minuten lang einen engen Kontakt (weniger als 1,5 Meter Abstand) zur infizierten Person hatten oder sich mehr als zehn Minuten gemeinsam mit ihr in einem schlecht belüfteten Raum befunden haben. Die wichtige Nachricht für viele Geimpfte/Genesene ist aber: Sofern das zuständige Gesundheitsamt nichts anderes festlegt und sofern die Kontaktpersonen symptomfrei sind im Sinne von Husten, Schnupfen und Co., bleibt ihnen die zehntägige häusliche Quarantäne erspart.

Und was gilt bei Infektionen in der Schülerschaft für Mitschüler?

Auch hier gilt: Das lokale Gesundheitsamt schätzt die Lage ein. Anlässlich der aktuellen Probleme in Salzgitter formulierte es der städtische Schul- und Gesundheitsdezernenten Dirk Härdrich so: „Im Normalfall ist es ausreichend, die Sitznachbarn im Falle von Schülerinnen oder Schülern als enge Kontaktperson einzustufen und für diesen Personenkreis häusliche Quarantäne auszusprechen.“ Wenn sich Fälle besonders häufen, müssten die Regeln allerdings verschärft werden. Unter Umständen müsse – wie jetzt eben an drei Schulen in Salzgitter – wieder „Distanzlernen“ verordnet werden.

Wann sollte man nicht zur Schule gehen?

Niedersachsens Kultusministerium hat als Handreichung für Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer festgeschrieben: Wer sich krank fühlt oder schweren Husten oder über 38,5 Grad Fieber hat, sollte auf jeden Fall zu Hause bleiben. Bei geringfügigem Schnupfen, Halskratzen und gelegentlichem Husten ist hingegen ein Antigen-Selbsttest angezeigt. Erst nach dem negativem Selbsttestergebnis geht es wie gewohnt in die Schule. Das Ziel ist klar: Es soll keine ungeimpfte Person ohne negativen Selbsttest in der Schule sitzen. Ob es bei diesen Regelungen bleiben kann, scheint auch angesichts der Meldungen aus Salzgitter durchaus fraglich. Deshalb schon mal zur Erinnerung – davon war ja in den vergangenen Monaten kaum noch die Rede – eine kleine „ABC-Übersicht“: Als „Szenario A“ bezeichnen wir den Unterricht in der Schule für alle, als „Szenario B“ das Wechselmodell mit geteilten Lerngruppen (die einen in der Schule, die anderen zu Hause) – und als „Szenario C“ das „Distanzlernen“: Alle arbeiten von zu Hause aus, weil an den Schulen das Infektionsrisiko generell zu hoch ist. Natürlich hoffen alle, die sich an die Bitterkeiten des generellen Schulllockdowns erinnern, inständig, dass uns „C“ erspart bleibt.