Braunschweig. Orakel 2021: Wolf-Michael Schmid, Ehrenpräsident der Industrie- und Handelskammer Braunschweig, erwartet ein anspruchsvolles Jahr 2021.

Was bringt das Jahr 2021 für die regionale Wirtschaft? Wird die Corona-Krise überwunden? Welche Herausforderungen stellen sich? Im Interview wirft unser „Orakel“ Wolf- Michael Schmid, Unternehmer und Ehrenpräsident der Industrie- und Handelskammer Braunschweig, einen Blick auf das Jahr, mit dem sich so viele Hoffnungen auf Besserung verbinden wie sehr lange nicht mehr.

Herr Dr. Schmid, auf welche Voraussage aus dem vergangenen Jahr sind Sie stolz?

Der von mir vorhergesagte Wirtschaftsabschwung ist im laufenden Jahr tatsächlich eingetreten, allerdings Covid-19-bedingt leider deutlich stärker als ich dies vermutete. Diese Aussage bedarf allerdings einer relativierenden Ergänzung: abgesehen von China ist es keiner Volkswirtschaft so gut wie Deutschland gelungen, bisher mit überschaubaren Einbrüchen in der Wirtschaftsleistung durch das extrem schwere Jahr 2020 zu kommen. Hier verdienen unsere Unternehmen mit allen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Dank und Anerkennung. Und trotz der Corona-Pandemie ist, wie von mir prognostiziert, die Volkswagen AG ein engagierter Treiber der E-Mobilität. Auch mit meiner Einschätzung, dass ein Herauslösen der Braunschweigischen Landessparkasse aus der Nord-LB kurzfristig nicht möglich ist, lag ich richtig.

„Orakel“ Wolf-Michael Schmid erwartet, dass die Folgen der Corona-Krise lange nachwirken.
„Orakel“ Wolf-Michael Schmid erwartet, dass die Folgen der Corona-Krise lange nachwirken. © Bernward Comes

Welche Voraussage ist Ihnen nicht so gut gelungen?

Der von mir angenommene starke Anstieg der Entsorgungskosten sowohl für die Wirtschaft als auch für die privaten Haushalte ist nicht eingetreten. Hier haben die konjunkturbedingt zurückgehenden Abfallmengen preisdämpfend gewirkt. Das Problem weiterhin drohender Engpässe bei der Reststoffentsorgung ist damit aber leider nicht gänzlich vom Tisch.

Welche Entwicklung hat Sie 2020 überrascht?

Die Konsequenz, mit der die Volkswagen AG als mit großem Abstand wichtigstes Unternehmen Niedersachsens und unserer Region die Projekte E-Mobilität und Digitalisierung trotz des Pandemie- Rückschlages mit hohen Zukunftsinvestitionen umsetzt. Mit eindrucksvollen Investitionsentscheidungen in einem Umfang von 150 Milliarden Euro ist das Unternehmen extrem zukunftsorientiert aufgestellt und widersteht dem Krisenreflex vieler anderer Unternehmen, die nur mit Einsparrunden und Beschäftigungsabbau reagieren. Hier bewährt sich offenkundig auch wieder einmal eine zielorientiere Zusammenarbeit zwischen dem Management und der Arbeitnehmervertretung sowie die Rolle des Landes Niedersachsen als Ankeraktionär bei VW.

Mit welchem konkreten Ereignis wird das Jahr 2020 für immer verknüpft sein?

International mit dem Abschluss des weltgrößten Freihandelsabkommen zwischen China und 14 Staaten des asiatisch-pazifischen Raumes, national mit der inzwischen von vielen kaum noch erwarteten relativ problemlosen Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER und regional mit dem Startschuss des Wasserstoff-Campus in Salzgitter und für das Projekt “Grüner Energiestandort“ im Landkreis Helmstedt.

Im September wurde eine richtungweisenden Kooperationsvereinbarung zur künftigen Wasserstoffnutzung von den Projektpartnern Salzgitter AG, Bosch, MAN Energy Solutions, Alstom, WEVG, dem Fraunhofer Institut für Schicht- und Oberflächentechnik und der Stadt Salzgitter unterzeichnet. Die ersten Räume auf dem Gelände der Robert Bosch GmbH in Salzgitter sind bezogen und mit dem Kraftwerk Mehrum hat auch der Betreiber eines großen Kohlekraftwerkes Interesse an einem künftigen industriellen Einsatz des grünen Energieträgers bekundet. Und im Landkreis Helmstedt haben die Unternehmen Avacon und EEW Energy from Waste ein Modellvorhaben zur Wasserstoffmobilität ins Auge gefasst. Damit sind in unsere Region die Weichen für einen in den nächsten Jahren zu erarbeitenden Technologiesprung gestellt.

Inwieweit wird Corona das Wirtschaftsleben 2021 bestimmen?

Corona wird weiterhin sehr starke Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben im ersten Quartal des kommenden Jahres haben und auch im zweiten Quartal noch deutlich spürbar sein. Die von uns allen gewünschte Normalisierung wird bestenfalls im zweiten Halbjahr beginnen. Und Corona erzeugt Veränderungen, die dauerhaft sein werden, so die Intensivierung von Homeoffice-Tätigkeiten und die Zunahme des Online-Handels. Unsere Freizeitaktivitäten werden bis weit in das Jahr 2021 eingeschränkt bleiben, und die Tourismusbranche kann frühestens im zweiten Halbjahr mit einem Übergang zur Normalisierung rechnen. Die Wirtschaft insgesamt wird weiterhin nachhaltig unter den Corona-Auswirkungen leiden.

Orakel Wolf-Michael Schmid im Podcast: „Orakel 2021“-Podcast: Über den regionalen Handel und Arbeitsmarkt

Sind die Unternehmen in unserer Region stark genug, um die in vielen Branchen laufende´Transformation zu beherrschen und zu überstehen?

Für die Großunternehmen in der Industrie beantworte ich diese Frage mit einem klaren Ja, und dies gilt auch für den größten Teil des industriellen Mittelstandes. Fortschreitende Digitalisierung, eine starke Vernetzung zum Beispiel mit Lieferanten und Kunden und weitgehend automatisierte Prozesse in der Logistik sind kein Neuland. Und auch die Banken und Versicherungen unseres Wirtschaftsraumes haben längst die Zeichen der deutlichen Veränderungen erkannt und sind zukunftsfest aufgestellt. Dies sehe ich auch für den weit überwiegenden Teil des Handwerks so. Für viele konsumnahe Unternehmen kommen aber leider jetzt die Corona-Auswirkungen noch erschwerend hinzu. Die Mega-Themen Digitale Transformation mit dem Internet der Dinge, Sharing Economy, Discountisierungstrend, neuer komplexer demografischer Wandel und eine fortschreitende Globalisierung unter veränderten Rahmenbedingungen lassen sich in Zeiten einer weltweiten Pandemie zwangsläufig nicht so gut in neue Geschäftsmodelleumsetzen.

Welche Spuren hinterlässt Corona im regionalen Handel und in der regionalen Gastronomie?

Die Auswirkungen des ersten großen Lockdowns und auch des zweiten Teil-Lockdowns sind gravierend. Corona hat nahezu alle Unternehmen dieser Branchen stark in die roten Zahlen getrieben und trotz staatlicher Hilfen in einem Umfang, wie es dies bisher in Deutschland noch nie gegeben hat. Deshalb wird eine beachtliche Zahl von klassischen Kneipen im ersten Halbjahr ebenso wie einige Diskotheken den Betrieb dauerhaft einstellen. Auch für viele Restaurants wird das Überleben im Winterhalbjahr extrem schwer, da die Einbrüche durch das entfallene Weihnachtsgeschäft nicht aufzuholen sind. Im Einzelhandel wird sich der bisher schon beachtliche Strukturwandel hin zu Online-Shops beschleunigt fortsetzen. Hinzu kommt der ungebrochene Discountisierungstrend. Insbesondere kleinere Fachgeschäfte in Innenstadtlagen mit sehr hohen Mieten stehen 2021 vor der Frage, ob sie weitermachen können.

Meine Hoffnung auf hier helfende deutliche Mietpreissenkungen ist leider gering, da direkte Kontakte zwischen den Mietparteien mit zwischenmenschlichem Verständnis heute eher selten sind. Die Corona-Folgen für Gastronomie und Handel, aber auch für Kinos, weitere Kultureinrichtungen und Fitness-Studios werden sicht- und spürbare Auswirkungen auf unsere Innenstädte haben. Hier ist die Lokalpolitik besonders gefordert. Ermutigende erste Schritte zur Bewältigung dieser Problemlage sind aber eingeleitet.

Wird Volkswagen mit seiner Strategie der E-Mobilität erfolgreich sein, was ist die größte Herausforderung im neuen Jahr?

Mit Blick auf die milliardenschweren Zukunftsinvestitionen ist Volkswagen zum Erfolg der E-Mobilität verdammt – und zum Glück hier auch exzellent aufgestellt. 2020 wird VW das von der EU vorgegebenen Flottenziel zu den CO2-Einsparungen nicht ganz erreichen und daher Strafzahlungen leisten müssen. Ursächlich hierfür ist die ungebrochen starke Nachfrage nach schweren PS-starken SUV-Modellen mit hohem Verbrauch und entsprechendem Schadstoffausstoß. Dem objektiv rational nicht zu begründenden, nahezu weltweiten SUV-Trend kann sich VW nicht entziehen. In unsicheren Zeiten fahren offenkundig viele Menschen lieber Panzer als Cabrio. Die hieraus für alle PKW-Produzenten entstehenden Probleme des im Vergleich zu den EU-Vorgaben zu hohen Flottenverbrauchs werden sich 2021 für Volkswagen mit Sicherheit verringern, denn die Produktionszahlen beim rein elektrischen Modell ID.3 laufen hoch, und 2021 hat VW mit dem E-Weltauto ID.4 das erste vollelektrische SUV auf dem Markt.

Für unsere Region ist hier von Bedeutung, dass rund 40 Prozent der Wertschöpfung dieses Modells in VW- Komponentenwerken geleistet werden, so in Braunschweig Batteriesysteme, die Vorder- und Hinterachse, das Lenksystem, der Radantrieb, die Federbeine und der Hilfsrahmen sowie im Werk Salzgitter Rotor und Stator des Elektromotors. Und die Rahmenbedingungen des Umstiegs auf einen E- Antrieb verbessern sich, so aktuell mit einem staatlichen Zuschuss von 900 Euro für die private Installation eines Ladepunktes, der sogenannten Wall-Box.

Die größte Herausforderung für VW im kommenden Jahr sehe ich im Hochfahren der Stückzahlen, um die deutlich ansteigende Nachfrage nach E-Fahrzeugen zeitnah befriedigen zu können. Im zu Ende gehenden Jahr mussten die Kunden schlicht zu lange warten, und Lieferengpässe bei der Beschaffung von Ladepunkten für Firmen- und Privatkunden waren ebenso unbefriedigend wie unverständlich.

Wird sich die Salzgitter AG im neuen Jahr stabilisieren und den Umbau zur CO2-armen Stahlproduktion fortsetzen können?

In ersten Ansätzen stabilisierte sich die Salzgitter AG bereits im dritten und vierten Quartal 2020. Die Maßnahmen zur Ergebnis- und Liquiditätssicherung zeigen positive Wirkungen. Das Unternehmen selbst sieht die Talsohle damit als durchschritten an, wobei die Unsicherheiten für 2021 weiterhin sehr groß sind. Als eine weitere Unsicherheit kommt für mich der Wechsel im Amt des Vorstandsvorsitzenden zur Jahresmitte hinzu. In der aktuell schwierigen Phase hätte ich mir eine Vertragsverlängerung von Professor Fuhrmann um drei Jahre sehr gewünscht. Dieser hat den Konzern zehn Jahre lang außerordentlich erfolgreich geleitet, auf ein technologisch führendes Niveau gebracht und gezeigt, dass ein im weltweiten Vergleich eher kleiner Stahlkonzern durchaus zukunftsfähig ist.

Ich hoffe und wünsche mir sehr, dass die Führungsmannschaft unter dem neuen Vorstandsvorsitzenden Gunnar Groebler den bisherigen Weg mit hoher Kontinuität fortsetzt und sich dabei den wenig fundierten Träumen der nordrhein-westfälischen Landesregierung von einer Deutschen Stahl AG widersetzt. Die Salzgitter AG hat im Gegensatz zur Stahlsparte von Thyssen-Krupp ihren eigenen Weg gefunden und ist wenig geeignet, Fehlentscheidungen Dritter mit einer Fusion zu korrigieren. Und zu einer Fortsetzung des bisher richtigen Kurses zählt natürlich auch der Umbau zur CO2-armen Stahlerzeugung. Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt hat die Salzgitter AG im Elektrostahlwerk Peine im November die erste CO2-arme „grüne Stahlbramme“ produziert und damit die Vorreiterrolle in dieser Zukunftstechnologie eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Aus ökologischer Sicht sehr erfreulich ist das große Interesse der Kunden an umweltfreundlichen Stahlprodukten mit einem um 75 Prozent vermindertem „CO2-Fußabdruck“. Auch mit dem Projekt Salcos – Salzgitter Low CO2-Steelmaking“ geht es zügig voran.

Von sieben Windkraftanlagen für dieses Projekt stehen seit wenigen Wochen drei auf dem Betriebsgelände der Salzgitter Flachstahl und damit europaweit erstmalig auf dem Gelände eines sogenannten Störfallbetriebes. Und bereits im August wurde der weltweit leistungsstärkste Hochtemperatur-Elektrolyseur zur energieeffizienten Wasserstoffgewinnung aufgebaut. Grüner Wasserstoff wird damit zum zentralen Baustein auf dem Weg zur CO2-armen Stahlproduktion. Wir können stolz darauf sein, dass dieses weltweite Leuchtturmprojekt von der Salzgitter AG in unserer Region so engagiert vorangetrieben wird – mit langem Atem, ohne Bremsspuren durch die Corona-bedingte deutliche Delle in der Stahlkonjunktur und auch mit finanzieller Förderung durch die Bundesregierung.

Wie wird sich der Arbeitsmarkt im neuen Jahr entwickeln?

Durch die Covid-19-Pandemie stieg die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland in den Monaten April bis Juni 2020 um 638.00 Personen an, seit Juli baut sich der kumulierte monatliche Corona-Effekt aber wieder ab auf zuletzt 520.000 zusätzlich Arbeitslose im November. Dieser sehr deutliche Trend wird sich im neuen Jahr fortsetzen. Insbesondere mit dem Instrument der Kurzarbeit ist es der Bundesagentur für Arbeit gelungen, einen Anstieg der Arbeitslosenquote zu begrenzen. Die höchsten Beschäftigungsverluste sieht das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im Bereich „Handel, Verkehr, Gastgewerbe“, gefolgt von Dienstleistungen in den Branchen Sport, Kultur und Erholung. Insgesamt sind hier 2020 etwa 330.000 Arbeitsplätze weggefallen ohne die Erwartung, dass hier in 2021 in nennenswertem Umfang wieder Stellen geschaffen werden. Der Arbeitsmarkt bleibt im neuen Jahr angespannt, die Entwicklung wird davon abhängen, wie schnell die Corona-Schutzmaßnahmen heruntergefahren werden können.

Wird das Ergebnis der US-Wahl die Exportwirtschaft in unserer Region beeinflussen?

Ja, und zwar positiv. Die Gefahr von Strafzöllen für Pkw-Exporte in die USA ist vom Tisch, und die mit dem Amtsantritt von Präsident Biden zu erwartende Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran lässt die Geschäftserwartungen all jener Unternehmen wachsen, die bereits vor mehreren Jahren ihre Geschäftskontakte in den Iran nach dem Abschluss des Atomabkommens erfolgversprechend intensiviert hatten. Und die Relativierung des „America first“ wird die Weltwirtschaft insgesamt beleben, wovon auch die deutsche Exportwirtschaft profitiert.

Hier geht es zu den weiteren Podcastfolgen:

Erwarten Sie ein weiteres Erstarken Chinas? Was bedeutet das für unsere Region?

China hat mit dem neuen asiatisch-pazifischen Freihandelsabkommen einen sehr großen Schritt nach vorn gemacht. Das reale Bruttoinlandsprodukt ist in China im Corona-Jahr 2020 immerhin noch um fast 2 Prozent gewachsen, und das Land kommt mit einem prognostizierten Wachstum von mehr als 8 Prozent im neuen Jahr so schnell wie keine andere Volkswirtschaft aus dem Corona-Abschwung heraus. An einem Erstarken Chinas habe ich keinerlei Zweifel. Bestärkt wurde ich in dieser Position mit dem für mich spannendsten Wirtschafts-Sachbuch des zu Ende gehenden Jahres. Unter dem Titel „Die lautlose Eroberung. Wie China westliche Demokratien unterwandert und die Welt neu ordnet“ beschreibt Clive Hamilton, australischer Professor für öffentliche Ethik, gemeinsam mit der Berliner China- Wissenschaftlerin Mareike Ohlberg, wie China wirtschaftliche und technologische Ressourcen nutzt, um die ambitionierten Wachstums- und Einflussziele zu erreichen.

Ich würde über dieses Buch sehr gern mit Professor Schmidt-Glinzer, ausgewiesener China-Kenner und langjähriger Leiter der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel, sowie mit Professor Carl Hahn, in seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender Vater des enormen Erfolges von VW in China, diskutieren – vielleicht im nächsten Jahr in den Räumen der„Braunschweiger Zeitung“? Insbesondere, aber nicht nur mit Blick auf Volkswagen ist die Entwicklung Chinas als Absatzmarkt für unserer Region von herausragender Bedeutung. Gleichzeitig zeigt sich China auf wichtigen Märkten als ernsthafter Konkurrent, zum Beispiel bei Schienenfahrzeugen, und wird zunehmend mit eigenen Produkten auf den europäischen Markt kommen. Das Logistik-Konzept der „Neuen Seidenstraße“ zwischen China und Europa zeichnet diesen Weg vor.

Was bereitet Ihnen mit Blick auf die regionale Wirtschaft die größten Sorgen?

Wir werden leider in den nächsten Jahren immer mehr industrielle Arbeitsplätze verlieren. Die wirtschaftspolitische Ausrichtung der EU leistet hierzu einen beachtlichen Beitrag. Und ich sehe leider bei der Bundesregierung kein Konzept, um den gerade unsere Region stark treffenden Verlust von Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie mit ihren Zulieferern auszugleichen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen engen die Industrie immer mehr ein, Entlastungen gibt es so gut wie gar nicht. Ich nenne hier nur die seit Jahren überfällige Reform der Unternehmensbesteuerung, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nicht weiter zu gefährden.

Dies fordert unser ehemaliger Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sehr gut begründet seit vielen Jahren – ohne jeden Erfolg bei den Regierungsparteien, was mich mit Blick auf die CDU fassungslos macht. Und die SPD-Spitze motiviert unsere Unternehmerinnen und Unternehmer in der aktuellen Krise mit Überlegungen zu einer neuen Vermögenssteuer – wirtschaftsferner geht es kaum. Industrielle Wertschöpfung gepaart mit wissenschaftlicher Exzellenz hat unseren Wirtschaftsraum seit 70 Jahren vorangebracht. Die künftige Entwicklung sehe ich aber mit großer Sorge.

Was stimmt Sie mit Blick auf die regionale Wirtschaft im neuen Jahr besonders zuversichtlich?

Die aktuellen E-Mobilitäs-Produkte von Volkswagen, das Salcos-Projekt der Salzgitter AG sowie die gestarteten Wasserstoff-Projekte in Salzgitter und Helmstedt stimmen mich mittelfristig zuversichtlich, und kurzfristig hoffe ich natürlich wie fast alle auf den Covid-19-Impfstoff beziehungsweise die Impfstoffe und auf ein wirksames Medikament. Meine Hoffnung auf die freiwilligen Massenimpfungen im nächsten Jahr beruht auf den weltweit großartigen Erfolgen bei der Polio-Bekämpfung. Hieran konnte ich ein klein wenig mitwirken und bin daher von der segensreichen Wirkung einer globalen Impfaktion zutiefst überzeugt. Hier stehe ich in völligem Gegensatz zu den irrationalen Impfgegnern, die ein extrem kleines individuelles Risiko scheuen und damit Tausende von Menschen gefährden.