Der Braunschweiger CDU-Landesvorsitzende Frank Oesterhelweg fordert mehr Raum für konservative Positionen.

Herr Oesterhelweg, die Parteivorsitzende hat ihren Rückzug als CDU-Vorsitzende und den Verzicht auf die Kanzlerkandidatur angekündigt. Ist das ein richtiger Schritt?

Bekanntlich war und bin ich ein Unterstützer von Friedrich Merz. Ich empfinde aber keinerlei Schadenfreude über die Ankündigung. Annegret Kramp-Karrenbauer hat meinen Respekt. Parteichefin und Verteidigungsministerin zugleich zu sein, ist sehr schwierig. Kramp-Karrenbauers Autorität als Vorsitzende war aber nicht mehr durchgehend anerkannt. Angela Merkel hat sich in der Diskussion um Thüringen zum wiederholten Male als eine Art Übervorsitzende eingemischt. AKK hat im Vorsitz gut angefangen, auch mit dem Aufarbeiten der „Flüchtlingswelle“ von 2015, aber das Ruder nicht mehr herumgekriegt.

Waren Sie überrascht von der Ankündigung des Rückzugs?

Über den Zeitpunkt schon.

Unabhängig davon, wer nun übernimmt: Die Probleme der CDU bleiben doch dieselben. In einer zersplitterten Parteienlandschaft braucht man Partner. Ist es richtig, eine Zusammenarbeit mit AfD wie auch Linke gleichermaßen auszuschließen? Die Linke hat zumindest bewiesen, dass sie pragmatisch mitregieren kann. Und Bodo Ramelow war in Thüringen ein beliebter Ministerpräsident.

Die Linke ist über einige Zwischenschritte die Nachfolgepartei der SED. Das finde ich schon sehr problematisch. Es käme ja auch niemand auf die Idee, eine reformierte NPD zu akzeptieren. Genauso wie die AfD von Herrn Höcke inakzeptabel ist. Dazu haben wir im CDU-Landesvorstand Braunschweig schon 2016 einen eindeutigen Beschluss gefasst. Höcke ist für mich ein Faschist. Mit der AfD, in der so ein Mann Funktionen hat, gibt es keine Zusammenarbeit. Und das gilt auch für die Linke. Auf deren Wähler/innen hingegen müssen wir verstärkt zugehen, ihre Probleme anhören, uns darum kümmern!

Auf Bundesebene ist eine Zusammenarbeit sicher für die CDU schwer vorstellbar, etwa wegen der Positionen der Linken zur Nato. Aber reicht das, um in den Ländern einer teilweise pragmatischeren Linken auf Dauer die kalte Schulter zu zeigen?

Ich tue mich schwer damit, da aus dem „Westen“ gute Ratschläge in die östlichen Bundesländer zu geben. Natürlich muss man immer auf die Leute vor Ort schauen, die örtlichen Verhältnisse, die einzelnen Persönlichkeiten. Ich habe aber schon ein Problem damit, wie von der Linken in Sachen DDR Geschichtsklitterung betrieben und das tausendfache Unrecht relativiert wird.

Die CDU droht inhaltlich zwischen Merkel-Kurs und Werte-Union gerade aufgerieben zu werden. Sie haben vor einiger Zeit Friedrich Merz als Redner nach Wolfenbüttel eingeladen. Das heißt: Merz und eine wieder konservativere CDU sollen es richten?

Der Charakter der CDU als Volkspartei hat gelitten, auch konservative Positionen müssen wieder ihren Platz bekommen. Wir haben die Kraft dazu, wir müssen es nur wollen. Das hat nichts mit einem „ Rechtsruck“ zu tun. Die Einladung an Merz bedeutet keinerlei Vorfestlegung meines Landesverbandes, das ist mir wichtig.

Nochmal zu Kramp-Karrenbauer: Soll sie Verteidigungsministerin bleiben?

Da hat sie durchaus einige Pflöcke eingeschlagen. Sie nimmt sich Zeit, spricht mit Soldatinnen und Soldaten, holt die Streitkräfte in die Öffentlichkeit, spricht Probleme offen an - das ist gut! Das hört man auch, wenn man mit Bundeswehrangehörigen spricht.