Braunschweig. Kunden waren über die Bonpflicht verärgert. Elektronische Belege sollen nun den Papiermüll eindämmen.

Sehe jeden Morgen, wieviel Bons entsorgt werden, einfach unnütz.

Das schreibt unsere Leserin Gabriela Burscheid auf unseren Facebook-Seiten

Zu dem Thema recherchierte
Katrin Schiebold

Kassenzettel oder E-Bon? Jens Popko ist froh, dass die Kunden nun die Wahl haben. Seit Montag bietet der Löwenbäcker Schaper in allen seinen 38 Filialen in der Region die Möglichkeit, den Kassenbon mittels QR-Code aufs Handy übermitteln zu lassen. Für den Verkaufsleiter ein guter Weg, um die Zettelwirtschaft durch die Kassenbonpflicht einzudämmen. Denn die verpflichtet Händler mit elektronischen Kassensystemen ab diesem Jahr, ihren Kunden bei jedem Kauf unaufgefordert einen Beleg auszuhändigen – auch wenn es nur um ein Brötchen geht. Ziel des neuen Gesetzes ist es, Steuerbetrug durch manipulierte Ladenkassen zu verhindern.

„Die Kunden waren genervt von den Bons“, sagt Popko. Die meisten blieben auf dem Tresen liegen und nicht selten bekamen die Mitarbeiter den Unmut der Käufer zu spüren, die die Bonpflicht für ökologischen Unsinn halten. „Wir hatten viel mehr Müll und mussten diesen entsorgen.“ Zumal Bons auf Thermopapier gedruckt werden, das mit Chemikalien beschichtet ist und deshalb nicht im Altpapier entsorgt werden darf, sondern in den Restmüll gehört.

Für das Unternehmen war deshalb klar: Es musste eine Alternative her. In der vorigen Woche startete der Löwenbäcker in einer Wolfenbütteler Filiale den Testlauf für den elektronischen Bon. Die Kalkulation: Durch die Umstellung könne im Monat rund 1500 Bonrollen eingespart werden. Da alles technisch glatt lief, gibt es die E-Bons nun auch in allen anderen Geschäften der Kette.

In der Filiale an der Alten Waage in Braunschweig brummt es vormittags, denn neben dem Verkauf von Brot, Brötchen oder Kuchen können Kunden hier auch frühstücken oder einfach einen Kaffee trinken. Ein Schild auf dem Tresen weist auf den digitalen Kassenbon hin: Bei jedem Einkauf erscheint nun auf dem Display an der Kasse ein QR-Code. Kunden halten ihr Handy davor, um den Code zu scannen. Auf dem Bildschirm des Smartphones wird der Beleg sichtbar. Keiner muss sich vorher registrieren oder eine App herunterladen. Bei einigen Handys sei es lediglich nötig, einen QR-Code-Leser zu installieren, erläutert Popko.

Auch die Heide-Bäckerei Meyer arbeitet seit Montag mit diesem System. In den 80 Filialen von Braunschweig bis Lüneburg sind die Kassen entsprechend ausgerüstet. Vertriebsleiter Oliver Meyer bezeichnet das als alternativlos: „Die Kunden sind heute umweltbewusst.“ Die Gifhorner Bäckerei Leifert mit mehr als 50 Filialen in der Region sieht das genauso, seit Montag können die Kunden hier ebenfalls einen digitalen Bon bekommen. Ob sie das Angebot wahrnehmen wollen, bleibe ihnen überlassen. „Aber unser Eindruck ist, dass der digitale Beleg sehr gut angenommen wird“, sagt Nina Herberg vom Marketing. Tatsächlich sind die Händler nur zur Bonausgabe, aber nicht zur Bonmitgabe verpflichtet. „Auf Wunsch drucken wir den Kassenbon natürlich nach wie vor aus.“

Über das wachsende Interesse an papierlosen Belegen freuen sich vor allem Entwickler von digitalen Bonsystemen. Bei der Firma Kamphenkel in Braunschweig zum Beispiel häufen sich seit Anfang des Jahres die Anfragen: Kassenhändler und -anbieter, aber auch Bäckereien und Einzelhändler interessieren sich für Systeme, die einfach zu nutzen sind und hohe Datenschutz-Standards bieten. Der Anbieter für Kassensysteme hat kurzfristig reagiert und eine Lösung entwickelt, die nun unter anderem der Löwenbäcker oder die Bäckerei Meyer nutzen. Sechs der zehn Mitarbeiter von Kamphenkel am Standort Braunschweig sind seitdem fast pausenlos mit der Umstellung auf „Smartbons“ beschäftigt. „Datenschutz hat bei uns Priorität“, versichert Geschäftsführer Marc Kamphenkel. „Persönliche Informationen werden nicht heruntergeladen; es werden auch keine Benutzerdaten gesammelt.“ Außerdem würden alle Daten nach 30 Tagen von den Servern der Firma gelöscht.

Damit gehen die Braunschweiger Entwickler weiter als Anbieter wie die Bremer Firma A & G, die eine App für einen papierlosen Kassenbon entwickelt hat. Kunden können sich diese auf ihr Handy laden. Alle persönlichen Daten der Nutzer seien geschützt, versichert das Unternehmen auf seiner Webseite. Außerdem enthalte die App auch eine intelligente Steuer-Software, die Belege nach absetzbaren Einkäufen durchsucht und direkt auf einer Liste hinterlegt. Auch für Händler böten sich Vorteile: Sie erhielten anonymisierte Informationen, die Aufschluss über Kaufverhalten oder Kundengruppen geben.

Händler wie die Supermarktkette Rewe gehen dagegen einen anderen Weg: Seit Dezember können sich Kunden in den Märkten den Kassenbon als elektronische Datei an ihre E-Mail-Adresse senden lassen, vorausgesetzt sie melden sich mit einem Kundenkonto oder einer Payback-Karte an und lassen die Funktion freischalten. Wer die Packback-Karte dann im Supermarkt scannt, erhält automatisch einen Kassenbon im PDF-Format an die hinterlegte E-Mail-Adresse.

Der Bäckerinnungsverband Niedersachsen/Bremen sieht die Vielzahl an Möglichkeiten denn auch skeptisch: Wenn sich der E-Bon langfristig als Alternative durchsetzen soll, müsse eine verbindliche Regelung her, sagt Sprecherin Babette Lichtenstein van Lengerich. Noch sei nicht geklärt, ob die verschiedenen Varianten den Finanzämtern genügen oder ob der Datenschutz in jedem Fall ausreichend ist.