„,Klimahysterie’ ist sicher eine dumme Formulierung, aber...“

Das Unwort des Jahres ist als Institution ein zweischneidiges Schwert. Notwendig und segensreich dann, wenn es – bewusst oder unbewusst – Inhumanität transportiert. Das gilt für Wörter wie etwa „Asylantenflut“ oder „Umvolkung“.

Wir wissen ja spätestens seit Victor Klemperers Buch „LTI“ über die Sprache des Nationalsozialismus von 1947, wie sehr Worte das Bewusstsein zu manipulieren, Empfindungen umzusteuern, Entmenschlichung zu legitimieren in der Lage sind. Da ist es immer mal gut, dass es eine Institution gibt, die solche Fälle verbaler Verwahrlosung klar markiert und anprangert. Denn glaube niemand, dass wir davor gefeit wären, am Geländer der Sprache in die Barbarei zurückzutaumeln, gerade, wenn es schleichend geschieht.

Problematisch ist ein Unwort, wenn es versucht, Debatten zu steuern, indem es Positionen moralisch diskreditiert, mögen diese auch noch so abstrus sein. „Klimahysterie“ ist sicher eine dumme Formulierung. Auch enthält sie eine Krankheitsbezeichnung. Doch reicht das? Krankheiten werden gern metaphorisch gebraucht, sonst müssten ja alle Komposita mit -wahnsinn oder -fieber auf den Index. Zudem muss man nicht unbedingt Leugner des menschengemachten Klimawandels sein, um von „Klimahysterie“ zu reden. Doch selbst wenn: Auch Leugner müssen am Diskurs teilnehmen dürfen. Schwachsinn muss eine offene Gesellschaft aushalten. Ein Unwort, das inhaltlich Partei ergreift, wirkt eher kontraproduktiv.