„Der heutige Tag macht klar, welche Herausforderungen dieses Land meistern kann, wenn es wirklich darauf ankommt.“

Der Fall der Berliner Mauer, der den gesamten Eisernen Vorhang zum Einsturz brachte, war ein Glücksfall der deutschen Geschichte. Es war eine Revolution ohne Waffen. Gesiegt hat eine unbändige Sehnsucht nach Freiheit, Selbstbestimmung und auch nach mehr Wohlstand. Nach der Teilhabe an einer Entwicklung, die nur in Westdeutschland mit der Hilfe Amerikas so möglich war.

Unfassbare 30 Jahre sind seither vergangen. Mit der zeitlichen Distanz wird auch der Blick auf das Erreichte kritischer. Die Erfolge der Wiedervereinigung schlechtzureden und der Aufstieg der AfD im Osten sind dabei ein parallel verlaufender Prozess. Daher ist es so wichtig, den Stand der Wiedervereinigung gerecht zu beschreiben.

Ja, es sind sicher Fehler gemacht worden. Aber es ist noch nicht zu spät, Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Nur darf der Blick dabei nicht mehr nur auf den Osten gerichtet sein. Auch im Westen Deutschlands gibt es Abgehängte und Regionen, die dringend größerer Zuwendung bedürfen.

Ein Teil der schlechten Stimmung im Osten resultiert weniger aus der materiellen Lage, sondern aus dem Bauchgefühl, noch immer von westdeutscher Arroganz dominiert zu werden. Daher braucht es zur Vollendung der inneren Einheit Deutschlands nach wie vor Empathie und die Bereitschaft, sich für die Lebenswirklichkeit der Ostdeutschen zu interessieren. Schlagzeilen, die ganze Bundesländer in die braune Ecke stellen, waren und sind Gift für das weitere Gelingen der Einheit. Blickt man auf die Fakten, hat der Osten zwar Nachholbedarf – aber der Trend stimmt. Der Exodus Richtung Westen hat sich umgekehrt, das ist ein erfreuliches Zeichen.

Der heutige Tag macht klar, welche Herausforderungen dieses Land meistern kann, wenn es wirklich darauf ankommt. Daran gemessen wirkt heute manches, um das erbittert gestritten wird, doch erschreckend klein.