Braunschweig. Eine Sprechtrainerin erklärte im BZV-Medienhaus, warum man gefühlvoll und nicht zu hoch sprechen soll. Und sie gewährte tiefe Einblicke.

Eine samtige Stimme ertönt aus den Lautsprechern, viel Bass, viel Selbstbewusstsein: „Hey du, ich hab da noch zwei Karten für ,König der Löwen’. Hast du Lust, mich zu begleiten?“ Kurz darauf der selbe Mann, jetzt aber stockend, fast stotternd: „Hast du nicht Lust, mit mir zu ,König der Löwen’ zu gehen? Ist aber auch nicht so wichtig.“ Jedes Wort scheint nur mühsam, über die Lippen zu gehen. „Wir bilden Menschenbilder anhand von Stimmen“, sagt dazu Monika Hein.

Die Stimmexpertin sprach im BZV-Medienhaus im Rahmen der Reihe „Weiterkommen“ über die Bedeutung des empathischen Sprechens. „Wem würden Sie zusagen?“ Das kleine Ratespiel lockert die Stimmung auf und illustriert ihren Punkt: „Die Stimme ist eine unterschätzte Kraft.“ Sie entscheide oft ob man sich zu jemandem hingezogen oder abgestoßen fühle.

Kamera im Hals

Es folgte ein Schnellkurs zum Sprechen. Dabei reichten Monika Heins Ratschläge und Anweisungen von Selbstverständlichkeiten – man soll sich aufrichten und nach oben sprechen, um voller und selbstbewusster zu klingen – bis zu interessanten Erkenntnissen, was Sprach- und Atemtechniken angeht. Dass es gesünder ist tief in den Bauch, ins Zwerchfell zu atmen oder dass Sich-Räuspern so strapazierend sei wie drei Stunden lang zu reden, wussten viele Zuhörer zuvor sicher nicht.

Um die Funktion der Stimmlippen zu erläutern, hat Monika Hein sogar eine Aufnahme aus ihrem Rachen mitgebracht. Während einige sich die Hände vor die Augen halten, schauen andere fasziniert zu. Hein streut auch jetzt wieder eine Prise Humor ein: „Versuchen Sie mal, entspannt zu kichern, während Sie eine Kamera im Hals haben.“

Große Bedeutung misst sie dem Stimmklang zu. Jeder Mensch habe eine bestimmte Reichweite von Tönen. Die ideale Stimmlage befinde sich im unteren Drittel dieser Reichweite, genannt „Indifferenzlage“. In dieser sind die Stimmbänder weniger angestrengt und werden so weniger beansprucht. „ In der kann man auch acht Stunden am Stück sprechen“, erklärt die Sprachtrainerin. Viele sprechen zu hoch – auch und gerade viele Frauen hätten dieses Problem. Das sei nicht nur anstrengender für die Stimmbänder, sondern auch für Gesprächspartner. In der Indifferenzlage wirke die Stimme beruhigender, man werde eher ernst genommen.

Emotionen lassen sich an der Stimme erkennen

Der Vortrag hatte auch praktische Elemente. Teilweise kam man sich vor wie im Kurs eines Sportanimateurs. Da wurde auf den Stühlen gerückt, zusammengesunken und aufgerichtet, gesummt, da wurden allerlei Sprechübungen nachgemacht. Das wirkte erstmal albern, das weiß auch Hein: „Schauspieler machen solche Übungen irgendwann ganz selbstverständlich.“

Es blieb jedoch nicht beim Sprechtraining. Es sollte ja um das empathische Sprechen gehen. Emotionen erkenne man an der Stimme sehr schnell, besonders Angst, Trauer und Wut. Wichtig sei vor allem, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen: „Wenn ich mich nicht in den anderen einfühle, bringt es auch nichts, wenn ich eine schöne Stimme habe“, sagt Hein. Man soll bei anderen Druck bemerken und dementsprechend handeln. Das gehe auch mit der Stimme. Menschen passten sich unterbewusst an die Atmung anderer an. So könne man seine eigene Ruhe auf andere übertragen. „Man muss sich überlegen: Was bringt den anderen oder mich weiter?“

Denn auch „Selbstempathie“ ist für die Sprachtrainerin wichtig. Man müsse die eigenen Emotionen erkennen. „Manchmal müssen wir genau das Gegenteil von dem machen, was der Körper uns sagt.“ Bei Lampenfieber ziehe man sich instinktiv zurück, für einen Vortrag natürlich genau die falsche Reaktion. „Sie entscheiden, was von Ihrer Persönlichkeit hindurchscheinen darf“, sagt die Sprecherin.

Smalltalk mit einem Zuspätkommer

Monika Hein besticht durch souveränes Auftreten. Über Technikprobleme leitet sie gekonnt hinweg, mit einem Zuspätkommer führt sie kurzerhand Smalltalk. Sie hat das Publikum fest im Griff. Das verleiht ihr die nötige Glaubwürdigkeit, wenn sie über die hohe Bedeutung der Stimme spricht.

Es wirkte jedoch, als würde sie sich im Metier der Sprachtechniken deutlich heimischer fühlen als in der Philosophie. Die Empathie blieb beim Vortrag etwas auf der Strecke. Obwohl ihre Bedeutung stark betont wurde, überwog im Vortrag dann doch deutlich das Thema Sprechen in technischer Hinsicht.

Zum Sprachexperten wurde an dem Abend sicherlich niemand, aber wo bei anderen Seminaren nur Worthülsen herumgeworfen werden, hat man hier am Ende einige handfeste Ansatzpunkte mit deren Hilfe das nächste Vorstellungsgespräch oder die nächste Konferenz vielleicht harmonischer verlaufen.