Wolfsburg. Wolfsburgs OB Mohrs wünscht sich eine weitere Amtszeit – obwohl er eigentlich zu alt ist.

Es scheint doch Angst vor einem Wahlgang zu herrschen. Oder aus welch anderem Grund machen CDU und SPD die Wahl als Ratsbeschluss unter sich aus?

Das fragt ein Leser, der sich „Kernbeisser“ nennt, auf unseren Internetseiten

Zum Thema recherchierte
Jens Gräber

Klaus Mohrs (SPD) wünscht sich eine weitere Amtszeit als Oberbürgermeister von Wolfsburg. „Ich habe in mich reingehört, meine Arbeit macht mir Spaß, ich habe Lust dazu“, sagte er am Diensttagmittag bei einer eigens einberufenen Pressekonferenz. Soweit nichts Ungewöhnliches, nur: Zum regulären Wahltermin wäre Mohrs 67 Jahre alt – damit dürfte er in Niedersachsen nicht mehr antreten.

Um dieses Problem zu umgehen, gäbe es zwei Möglichkeiten: Der Rat der Stadt könnte beschließen, die OB-Wahl mit der Wahl zum EU-Parlament im Mai zusammenzulegen. Der Termin wäre noch vor Mohrs’ 67. Geburtstag, er könnte antreten und im Falle eines Wahlsieges bis 2026 regieren. Oder aber der Rat könnte beschließen, Mohrs mit Gesprächen über eine Fusion Wolfsburgs mit einer anderen Kommune zu beauftragen. Dann, so steht es im niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz, könnte Mohrs’ Amtszeit um zwei Jahre verlängert werden. Nötig dazu wäre ebenfalls ein Ratsbeschluss, es genügt eine einfache Mehrheit. Da die SPD in einer Koalition mit der CDU regiert und beide gemeinsam die Mehrheit sicher haben, sind beide Beschlüsse wohl kein Problem. Die beiden Parteien könnten tatsächlich, wie unser Leser schreibt, die Sache unter sich ausmachen.

Heftige Kritik daran kommt vom politischen Gegner: Die Parteipolitisch Unabhängige Gemeinschaft Wolfsburg (PUG) etwa, die größte Oppositionspartei, sieht die „Glaubwürdigkeit der Politik“ in Frage gestellt. Sie sieht vor allem die Variante einer Verlängerung der Amtszeit kritisch und fragt, wie konkret und mit wem ein Zusammenschluss angestrebt werden soll.

Tatsächlich ist das ein wunder Punkt an der von Mohrs offenbar favorisierten Variante, als Nebeneffekt neuer Fusionsbemühungen einfach länger im Amt zu bleiben – es ist nicht so, dass die Kandidaten dafür Schlange stünden. Eine Mitteilung der Stadt Wolfsburgs über eine „intensive Zusammenarbeit“ mit Braunschweig, die gestern verschickt wurde, sei keineswegs als Hinweis auf Fusionsbestrebungen zu verstehen, stellte Sprecher Adrian Foitzik aus Braunschweiger Sicht klar.

Angesichts der bereits ein Mal 2014 gescheiterten Fusion mit Helmstedt – Landrat Gerhard Radeck spricht auch aktuell von „ruhenden“ Gesprächen – und der ablehnenden Haltung Braunschweigs stellt sich tatsächlich die Frage, mit wem Wolfsburgs OB Mohrs eigentlich Fusionsgespräche führen könnte. Auch der Gifhorner Landrat Andreas Ebel sagt auf Nachfrage, es gäbe keine Gespräche mit Wolfsburg oder eine konkrete Absicht, welche zu beginnen.

Matthias Wunderling-Weilbier, Beauftragter für die regionale Landesentwicklung, lobt den erneuten Fusions-Vorstoß von Mohrs auf Anfrage ausdrücklich. Weiter sagt er: „Wir mischen uns in die Diskussion über geeignete Kandidaten nicht ein, die Körperschaften müssen das selbst wollen und auch davon profitieren.“ Es habe in der Vergangenheit durchaus kleine Samtgemeinden wie Velpke oder Grasleben gegeben, die an einer Fusion mit Wolfsburg interessiert gewesen seien – auch wenn das schwierig sei wegen ihrer Zugehörigkeit zu einem Landkreis.

Im niedersächsischen Innenministerium gibt es gegen keine der beiden Varianten, mit denen Mohrs noch länger OB bleiben will, Vorbehalte. Auf Nachfrage unserer Zeitung teilt eine Sprecherin mit: „Es ist nicht ersichtlich, dass Wolfsburgs Oberbürgermeister die Altershöchstgrenze für die Wählbarkeit zu umgehen versucht.“ Die Altersgrenze sei an den Wahltag, nicht an den Tag des Amtsantrittes geknüpft. Auch das Vorziehen eines Wahltermins sei möglich, wenn die Wahl so zusammen mit einer anderen Wahl durchgeführt werden könne – in diesem Fall der EU-Wahl.

Auch eine Verlängerung der Amtszeit bei Verhandlungen über eine Fusion der Stadt sei möglich, notwendig sei nur ein Ratsbeschluss, dass eine Fusion grundsätzlich angestrebt werde, heißt es aus dem Ministerium. Im Klartext: Die Gespräch müssen nicht ein bestimmtes Stadium erreicht haben oder gar kurz vor dem Abschluss stehen, es genügt der bloße Auftrag, welche zu führen.

Es gibt in der Region sogar schon einen Präzedenzfall dafür: Der Peiner Landrat Franz Einhaus (SPD) ließ 2013 seine Amtszeit per Ratsbeschluss verlängern, während er Fusionsgespräche mit Hildesheim führte. Die nötigen Stimmen sicherte ihm die rot-grüne Mehrheit im Kreistag, politische Gegner sprachen vom „Ausverkauf der Demokratie“. Ein Bürger aus Vechelde hatte seinerzeit sogar gegen die Amtszeitverlängerung geklagt. Der Richter fällte gar nicht erst ein Urteil, weil er keinen Verstoß sah.