Braunschweig. Die LKW-Maut gilt auf Bundesstraßen. Die betroffenen Betriebe sind vor allem Logistikunternehmen und Handwerker.

Eine Leserin, die anonym bleiben möchte, deren Namen aber unserer Redaktion vorliegt, fragt:

Auf meiner Rechnung für Heizöl steht, dass künftig die Mautkosten mit ausgewiesen werden sollen. Legen die Betriebe diese Kosten jetzt eins zu eins auf die Verbraucher um?

Dazu recherchierte
Hannah Schmitz

Die Frage lässt sich relativ leicht mit „ja“ beantworten. „Der Lieferant muss seine eigenen Kosten decken“, erklärt Mathias Erlei, Professor für Volkswirtschaftslehre an der TU Clausthal, den Grund. Seit dem 1. Juli werden für LKW ab 7,5 Tonnen Mautgebühren auf allen Bundesstraßen fällig. Zuvor galt die Mautpflicht nur auf Autobahnen, später zusätzlich auf sehr wenigen Bundesstraßen. Diese Mehrkosten betreffen vor allem solche Unternehmen, die regional unterwegs sind, wie zum Beispiel Heizöllieferanten. Sie liefern bis zur Haustür des Endverbrauchers.

„Dass dem Endverbraucher dadurch erhöhte Kosten entstehen, ist vielleicht ärgerlich, aber aus rein wirtschaftlicher Sicht des Unternehmens vollkommen nachvollziehbar“, sagt Stephen Schubert, verantwortlich für den Bereich Verkehr bei der IHK Braunschweig. Auch Erlei sagt: „Jeder Konsument muss damit leben.“ Die Maut würde genauso umgewälzt wie Steuern, etwa die Mineralölsteuer beim Tanken. „Die schlägt der Unternehmer auch auf den Literpreis auf“, erläutert Erlei. Nach Angaben von Martin Exner, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Lüneburg-Wolfsburg, sind von der frisch eingeführten B-Maut „Unternehmen im ländlichen Raum plötzlich erheblich belastet“. Die seit 2005 geltende Autobahn-Maut hätte Betriebe mit regionalem Schwerpunkt kaum betroffen.

Wie hoch der Heizölanbieter die Kosten im konkreten Fall ansetzt, konnte er auf Anfrage am Montag nicht beantworten. Dass der Lieferant die Kosten einzeln ausweisen will und nicht auf den Literpreis aufschlägt, sei transparent, sagt Erlei. „Dadurch kann der Kunde den Anreiz bekommen, nicht jede kleine Menge Heizöl einzeln zu bestellen, sondern in großen Mengen, weil er dadurch Geld spart“, sagt Erlei. Das würde sich letztlich verkehrsmindernd auswirken. Von weniger Verkehr profitierten alle, da die Verkehrsinfrastruktur weniger stark belastet werden würde.

Die Höhe der Maut ist abhängig von der zurückgelegten Strecke, vom Gesamtgewicht des LKW, der Achsen-Anzahl sowie der Schadstoffklasse. Nach Angaben des Maut-Unternehmens Toll-Collect liegt sie pro Kilometer zwischen 8,1 und 21,8 Cent, ein durchschnittlicher Mautsatz liege bei 13,8 Cent pro Kilometer. Das Bundesverkehrsministerium rechnet durch die neuen Mautgebühren mit jährlich 2,5 Milliarden Euro Mehreinnahmen zwischen 2018 und 2022. Insgesamt will sie zusammen mit der Autobahnmaut pro Jahr 7,2 Milliarden Euro einnehmen. Sie sollen in die Infrastruktur des Verkehrsnetzes investiert werden. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte zur Einführung der Bundesstraßenmaut zum 1. Juli dieses Jahres: „Davon profitieren nicht nur unsere Unternehmen, die auf eine leistungsstarke Infrastruktur angewiesen sind, sondern auch alle Autofahrer.“

Ab dem 1. Januar 2019 sollen die Mautsätze auf der Grundlage einer neuen Wegekostenrechnung erhöht werden. Zu den Wegekosten zählen vor allem die Kosten für den Bau, Ausbau, Erhalt und Betrieb des Straßennetzes. Der Bundestag entscheidet darüber im Herbst. Die Gebühr pro Kilometer liegt dann zwischen 9,3 und 26,1 Cent. Zudem sollen Elektro-LKW von der Maut befreit werden. Weiter werden ab Januar erstmals Lärmkosten mit einbezogen. Das soll die Unternehmen anregen, neue LKW-Modelle mit leiseren Motoren anzuschaffen.

Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) begrüßt die Einführung der Maut auf Bundesstraßen, eben weil sie zur Verbesserung der Straßen eingesetzt werden soll. Die Höhe und Berechnung der Mautgebühr sieht der Verband jedoch kritisch. Laut Adolf Zobel, stellvertretender Hauptgeschäftsführer, würde zum Beispiel in der Berechnungsgrundlage der Maut, der sogenannten Wegekostenberechnung, ein kalkulatorischer Zinssatz von 3 Prozent eingepreist, der „unrealistisch“ sei. „Die Berechnung ist zum Teil überhöht“, sagt Zobel.

Der Braunschweiger Logistikunternehmer Adalbert Wandt, der dem BGL als Präsident vorsitzt, macht die Mehrkosten durch die neue Maut für sein Unternehmen deutlich: Bezahle die Spedition bisher 60 000 Euro pro Monat an Mautgebühren, würden durch die Bundesstraßenmaut voraussichtlich weitere 20 Prozent hinzukommen, sodass monatliche Gebühren von 72 000 Euro anfielen.

„Selbstverständlich schlägt das durch bis zur Supermarktkasse“, sagt Wandt. Allerdings würde der Endverbraucher davon in den meisten Fällen kaum etwas merken, weil die Beträge so gering seien. Eine Fahrt mit Startpunkt Braunschweig von und nach Uelzen mit beispielsweise Kartoffeln würde nun 25 Euro Mehrkosten für den Verbraucher verursachen. Pro Sack Kartoffel mache das in dieser vereinfachten Rechnung ein Plus von 2,5 Cent.

Solche Mehrkosten im Cent-Bereich führt auch ein Bauunternehmer aus Wolfsburg an. Er rechnet mit einer Erhöhung des Stundensatzes seiner Dienstleistungen um 5 bis 6 Cent. Die Mautkosten würden in die sogenannten Gemeinkosten einberechnet, aus denen sich plus Lohnkosten sowie Wagnis und Gewinn der kalkulierte Stundensatz des Betriebs ergebe. Eingerechnet würde darin natürlich auch, welche Mautgebühren das Handwerksunternehmen selbst an andere Lieferanten zahlen muss.

Die Handwerkskammer Braunschweig hat für die meist regional tätigen Betriebe des Kammerbezirks die Hoffnung, dass die Bundesstraßen durch die Maut wieder stärker entlastet werden. „Weil Ausweichreaktionen des überregionalen Schwerlastverkehrs auf bislang mautfreie Strecken abnehmen dürften“, heißt es von der Kammer. Jedoch bedeute die Maut auch eine Mehrbelastung, die Handwerker in ihre Preise einkalkulieren müssten. Zwar fahre nicht jeder Betrieb einen 7,5-Tonnen-Fahrzeug, ein 3,5-Tonner samt Anhänger wäre aber auch mautpflichtig. Besonders betroffen seien das Bauhauptgewerbe sowie Textilreiniger.

Für die Betriebe bedeutet die Ausweitung der Maut natürlich eine Mehrbelastung, die sie in ihre Preise einkalkulieren müssen.
Jessica Riechers,