Braunschweig. Beim Thementag im BZV-Medienhaus loten sieben Redner die Arbeitswelt der Zukunft zwischen unverzichtbaren Menschen und „digitalen Kollegen“ aus.

Unser Leser Tobias Zimmer (32) aus Wolfsburg fragt:

Rennen wir alle irgendwann nur noch mit Computerbrillen herum und leben in fiktiven Welten? Und wo sollte die Grenze sein?

Die Antwort recherchierte Andreas Eberhard

Zukunftsvisionen – helle und düstere – waren Thema beim „Digital Day“. Das zeigt auch die Frage von Tobias Zimmer. Der Mitarbeiter der Wolfsburger Wohnungsbaugesellschaft Neuland war einer von insgesamt rund 50 Ausbildern und Auszubildenden, die an der Veranstaltung im BZV-Medienhaus teilnahmen.

Das Thema des Tages hieß „Arbeit 4.0“, also die Zukunft der Arbeit in Zeiten von Vernetzung und Digitalisierung. In sieben Vorträgen berichteten Redner aus verschiedenen Unternehmen über die Entwicklungen in ihren Betrieben. Redakteurin und Projektleiterin Nadine Zimmer erklärte die Idee hinter dem Projekt: „Wir wollen den Unternehmen, die bei Zukunft Bilden dabei sind, eine Gelegenheit bieten, sich über Digitalisierung auszutauschen.

Über „Medien 4.0“ sprach Holger Isermann, Redaktionsleiter des Braunschweiger JHM-Verlags. Mit Blick auf die Krise der gedruckten Zeitungen ist er sich sicher: „Nur Vertrauen und Glaubwürdigkeit können zur Lebensversicherung des Journalismus werden.“ „Aber wie kann es dann sein, dass die Bild-Zeitung sich so hartnäckig hält?“, möchte Sven Teske (18), Azubi der Braunschweigischen Landessparkasse, wissen. „Bei der Bild-Zeitung ist wohl die Unterhaltsamkeit der entscheidende Faktor“, antwortet Isermann. „Da mag es auch eine Art von Vertrauen geben. Nur informieren sollte man sich als Leser besser doch woanders.“

Für die Braunschweigische Landessparkasse stellten die Auszubildenden Lena Bartosch und Victoria Jama das Projekt „Digital Buddys“ vor: Jede Filiale der Bank – von Helmstedt bis nach Holzminden – erhalte mindestens einmal jährlich Besuch von einem „Digital Buddy“, einem jungen, digital versierten Mitarbeiter, der die Mitarbeiter vor Ort in Sachen Digitalisierung voranbringe.

Moira Wagner (Evangelische Stiftung Neuerkerode und Diakoniestationen Harz-Heide) wies darauf hin, dass die Pflegebranche noch immer in relativ gering digitalisiert ist. Trotzdem könne die Digitalisierung auch hier die Arbeit effizienter gestalten. „Allerdings brauchen wir noch die Geldquellen, um das entscheidend voran zu bringen“, so Wagner. Applaus erntete sie für ihre Forderung: „Technik und digitale Lösungen dürfen den Menschen aber nicht ersetzen, sondern sie müssen mehr Zeit „Mensch zu Mensch“ ermöglichen.“

Andreas Sommer, Abteilungsleiter System Environment bei BS Energy, widmete sich den Veränderungen im Stromsektor. Die dezentrale Stromerzeugung, neue Geschäftsmodelle, die heutigen intelligenten Mess- und Ablese-Systeme: All das, so Sommer, seien „Marktwerte“ die ohne Digitalisierung undenkbar seien. Das Tempo dieser „Revolution“ werde in den nächsten Jahren eher noch zu- als abnehmen, prognostizierte er.

Bei MAN ist es seit Jahren Tradition, dass jeder technische Auszubildende einen ferngesteuerten Modell-Truck baut. Ausbildungsmeister Jörn Tulke erklärte, wie in das neue Thema „Industrie 4.0“ in diese Ausbildungs-Aufgabe integriert wurde.

Über „Künstliche Intelligenz und virtuelle Assistenten“ sprach Dominik Siemon. Der Wirtschaftsinformatiker von der TU Braunschweig rief dazu auf, auch „negative Aspekte“ von künstlicher Intelligenz kritisch zu diskutieren – etwa militärische Nutzungen oder die Frage: „Wie sieht die Zusammenarbeit in einem Team aus, in dem die Kollegen künstliche Intelligenzen sind?“

Für Zuschauer Tobias Zimmer sind das beängstigende Vorstellungen: „Rennen wir alle irgendwann nur noch mit Computerbrillen herum und leben in fiktiven Welten?“, fragt er. „Und wo sollte die Grenze des Einsatzes von künstlicher Intelligenz sein?“

Siemon antwortet: „Virtuelle Realität funktioniert schon heute. Die Technik ist da. Irgendwann werden wir da einen kritischen Punkt erreichen, aber wer dann eingreifen sollte – Staat, Gesellschaft oder Wissenschaft – das kann ich nicht entscheiden.“