Hannover. In Hannover und Hildesheim ist die Stickoxid-Belastung kritischer als in Braunschweig und Wolfsburg. Lies fordert attraktiven ÖPNV.

Ein Leser, der sich „Diesel“ nennt, bemerkt auf unseren Internet-Seiten:

Stuttgart vergiftet sich selbst. Ständig Feinstaubalarm. Fahrverbote folgen. Echt irre hier...

Die Antwort recherchierte Peter Mlodoch

Die Probleme in Stuttgart sind wirklich speziell. Braunschweig kann zunächst einmal aufatmen. Weil 2017 im Stadtverkehr die Stickoxid-Belastung deutlich unter den kritischen Grenzwert fiel, droht hier in absehbarer Zeit kein Fahrverbot für Diesel-Autos. Die Messgeräte erfassten einen Jahresmittelwert von 36 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Erlaubt sind laut EU-Vorgabe höchstens 40 Mikrogramm. Exakt diesen Wert erreichte Braunschweig 2016. Auch in Wolfsburg ist die Belastung gesunken. Die niedersächsischen Städte Hannover, Hildesheim, Oldenburg und Osnabrück müssen dagegen zittern.

Am Donnerstag verhandelt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über die Frage, ob Kommunen im Kampf gegen dicke Luft auch einen Diesel-Bann aussprechen dürfen beziehungsweise müssen. Konkret geht es um die scharfen Luftreinhaltepläne von Stuttgart, der Stadt, die unser Leser hervorhebt, und Düsseldorf, die die Deutsche Umwelthilfe in den Vorinstanzen erzwungen hatte. Entsprechende Klagen laufen längst aber auch in anderen Städten, unter anderem in den Landeshauptstädten Hannover und Kiel.

Einem Urteil kommt also eine bundesweite Signalwirkung zu. Rund 70 deutsche Städte reißen den kritischen Jahresmittelwert. Spitzenreiter sind München mit 79 Mikrogramm, Stuttgart (73) und Köln (62). Betroffen sind auch Hamburg (58), Kiel (56), Wiesbaden (50) und Berlin (49).

In Niedersachsen schaffte es Hameln 2017 raus aus der Verbotszone: Die Belastung ging 2017 von 43 auf 39 Mikrogramm zurück. Auf der Sünderliste stehen nun noch Oldenburg mit 49 Mikrogramm, Hannover mit 48, Osnabrück mit 46 und Hildesheim mit 42 Mikrogramm. Diese Zahlen lagen allerdings allesamt unter denen von 2016. Damals hatte etwa die Landeshauptstadt noch 55 Mikrogramm zu beklagen. An allen 14 Verkehrsmessstationen in Niedersachsen sank die Belastung im Schnitt um 3,7 Mikrogramm, damit deutlicher als im Bundesvergleich mit einem Minus von 2,0. Kontrolluntersuchungen möglicher weiterer Hotspots in kleineren Städten ergaben laut Umweltministerium in Hannover bisher keine Hinweise auf Grenzüberschreitungen. Für Umweltminister Olaf Lies (SPD) Grund genug, seine bisherige Linie zu bekräftigen: „Fahrverbote für Dieselfahrzeuge sind nicht akzeptabel“, betonte der Ressortchef am Dienstag. „Die Ergebnisse zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg, aber noch nicht am Ziel sind.“

Die Rezepte des Ministers für bessere Luft lauten: Umrüstung von Diesel-PKW, Umstiegsprämien und intelligente Mobilitätskonzepte. „Ein attraktiver, klimaschonender ÖPNV ist dabei ein zentraler Baustein, ebenso wie moderne, umweltschonende Fahrzeuge.“ Die in den letzten Jahren begonnene Förderung zur Umrüstung und Umstellung der Busflotten in Niedersachsen zeige Wirkung und müsse weiter ausgebaut werden. Carsharing-Programme, neue Logistikkonzepte seien ebenso gefragt wie eine gute Fahrradinfrastruktur und flexible Ampelsteuerungen in den Städten.