Braunschweig. Der ADAC registriert für 2017 gut 723 000 Staus in Deutschland – so viele wie nie zuvor. Die FDP fordert Nachtarbeit an den Baustellen.

Unser Leser Torben Wöhlck fragt auf unseren Facebookseiten:

Was sollen die 24-Stunden-Baustellen bringen? Dadurch wird es doch nicht besser.

Die Antwort recherchierte Andre Dolle

Autofahrer standen im vergangenen Jahr auf deutschen Autobahnen so häufig im Stau wie nie zuvor. Der ADAC wartet in seiner Staubilanz mit allerlei Zahlen auf, die abstrakt wirken. Und doch verdeutlichen diese: Staus auf den deutschen Autobahnen werden immer mehr zum Problem.

Der ADAC hat im vergangenen Jahr in Deutschland rund 723 000 Staus registriert. Im Vorjahr hatte der Autoclub 694 000 Staus gemeldet. Auch bei den Staukilometern gab es laut der am Dienstag veröffentlichten Staubilanz erneut einen Zuwachs. Sie summierten sich auf eine Gesamtlänge von 1,45 Millionen Kilometer – ein Plus von fünf Prozent. Die Zahl der Stunden, die Autofahrer im stockenden Verkehr zubrachten, stieg auf 457 000. Das waren neun Prozent mehr als im Vorjahr.

Niedersachsen liegt bei der Staulänge mit guten 121 000 Kilometern bundesweit auf dem fünften Rang. Im vergangenen Jahr gab es 53 471 Staus.

Als hätten der ADAC und der Landtag sich abgesprochen, diskutiert das Plenum am Donnerstag über Staus und Baustellen auf den Autobahnen in Niedersachsen. Es geht vor allem darum, wie die Baustellen schneller beendet werden können. Sie sind eine der Hauptursachen für Staus.

Die Mehrheit von SPD und CDU ruft die eigene Landesregierung auf, elf Punkte umzusetzen. Der Titel des Antrags lautet: „Autobahnprojekte vorantreiben – Verkehrskoordination stärken – Staus vermeiden.“ SPD und CDU fordern, „Baustellen insbesondere an Unfallschwerpunkten flexibler gestalten und früher aufheben zu können“. Das Land solle zusammen mit dem Bund prüfen, wie das gehen könne.

Außerdem wollen die beiden Regierungsparteien verstärkt auf „Verkehrstelematik“ setzen, um Staus und Unfälle zu vermeiden. Gemeint sind zum Beispiel Anzeigetafeln, auf denen verschiedene Geschwindigkeiten vorgegeben werden können.

Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Karl-Heinz Bley, sagte: „Bereits fünf Todesopfer sind im Jahr 2018 auf den niedersächsischen Autobahnen zu beklagen.“ Gerade auf den wichtigen Transitrouten durch unser Bundesland müsse das Thema Verkehrssicherheit eine höhere Bedeutung erhalten. Bley: „Staus und Baustellen sind Unfallgefahren, denen mithilfe moderner Technik und vernünftiger Planung besser entgegengetreten werden muss.“ Eine stärkere Nutzung der Verkehrstelematik und eine schnellere Auflösung von Baustellen sollen mehr Sicherheit bringen, so Bley.

Mittel- bis langfristig wollen SPD und CDU darauf setzen, dass Autobahnprojekte realisiert werden. Es geht speziell um den Aus- und Weiterbau der A39 oder A20, aber auch um den Ausbau von A1, A2, und A7.

Die Vergangenheit hat allerdings gezeigt, wie lange es dauert, bis die Autobahnprojekte tatsächlich umgesetzt sind. Der Weiterbau der A39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg wird schon seit vielen Jahren geplant, der erste Spatenstich soll noch 2018 erfolgen. Das komplette 100 Kilometer lange Teilstück wird wohl nicht vor 2030 fertig sein. Dann soll die A39 als Parallelstrecke auch die A7 entlasten.

Die FDP wird da schon konkreter. Vor allem die Hauptverkehrsachsen – die A1, die A2 und die A7 – haben die Liberalen im Sinn. Der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, Ex-Verkehrsminister Jörg Bode, sagte: „Nachtbaustellen müssen die Regel werden – und zwar sieben Tage die Woche.“ Es sei zwar teurer, wenn Baustellen schneller verschwinden. So verringere sich aber auch die Gefahr von Unfällen und Staus. Volkswirtschaftlich sei der Schaden somit geringer.

Kleinere und mittlere Bauunternehmen dürften Schwierigkeiten haben, einen Drei-Schicht-Betrieb zu stemmen. Bode: „Wir dürfen sie nicht aus dem Markt drängen.“ Auf kleineren, weniger genutzten Autobahnen sei der 24-Stunden-Betrieb aber auch nicht notwendig.

Bernd Meier, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Braunschweig, sieht im Drei-Schicht-Betrieb auf Autobahn-Baustellen kein „Allheilmittel“. Die Landesregierung sei auf einem guten Weg, die Straßenbaubehörden würden gute Arbeit leisten. Jedoch: „Sie sollten in Zukunft darauf achten, dass auf einem kurzen Abschnitt erst die eine Baustelle fertiggestellt wird, bevor die nächste bereits beginnt.“

Jahrelang hielten sich die Sanierungen auf den Autobahnen in Grenzen. Jetzt geben die Haushalte wieder mehr her, der Sanierungsstau soll abgearbeitet werden. Meier: „Es wird aber nicht gebaut um des Bauens willens, sondern um die entstandenen Schäden zu beheben. Das ist einfach notwendig. Wir sollten froh sein, dass Deutschland das Geld hat, um zu investieren.“