Braunschweig. Der Experte meint, die Kommunikationstechnik habe bereits einen sehr hohen Stand erreicht.

Wie schätze ich ganz persönlich und fachlich die künftige Entwicklung unter besonderer Berücksichtigung meines wissenschaftlichen Fachgebietes ein?

Die Thematik, der ich mich wissenschaftlich widme, ist die Kommunikationstechnik. Diese hat einen sehr hohen Stand erreicht. Wenn das politisch sehr prominente Thema „Digitalisierung“ diskutiert wird, geht es daher nur noch in begrenztem Maße um die Weiterentwicklung der benötigten technischen Lösungen. Im Mittelpunkt stehen Investitionen in die Breitbandvernetzung und insbesondere neue Geschäftsmodelle, die durch Vernetzung, Big Data und leistungsfähige Rechnerstrukturen möglich werden.

Was kommt denn aber nun noch in der Kommunikationstechnik selbst? Nur zwei Beispiele von vielen: Am Horizont erkennt man die fünfte Generation des Mobilfunks, genannt 5G. Die soll zum einen noch schnellere Mobilfunknetze ermöglichen, aber auch das Internet of Things, also die Vernetzung von Millionen Geräten untereinander. Ein weiteres großes Thema ist Deep Learning. Das ist eine Technologie, die man populär vielleicht als eine Facette der „Künstlichen Intelligenz“ bezeichnen würde. Schon heute kennen wir die Situation, dass eine Suchanfrage bei Google bereits nach Eingabe der ersten drei Buchstaben Antworten liefert, die zum Teil bereits die gewünschte Antwort beinhalten. Spracherkennung und Erkennung von Bildern sind weitere Anwendungen – zum Beispiel löst dann die Kamera erst aus, wenn sie merkt, dass wir lächeln. Deep Learning für Anwendungen im Verkehr werden uns sicher in Zukunft begegnen. Die Möglichkeiten sind enorm vielfältig.

Inwiefern haben sich solche wissenschaftlichen Einschätzungen von Zukunftsaussichten aus meiner ganz persönlichen Sicht im Verlauf der vergangenen zehn Jahre bereits verändert?

Die vergangenen zehn Jahre haben auf dem Gebiet der Kommunikationstechnik für die Privatmenschen weit dramatischere Veränderungen gebracht, als ich vor zehn Jahren vermutet habe. Dass in den Haushalten Flachbildfernseher vorhanden sein würden und dass das hochauflösende Fernsehen weite Akzeptanz findet, hatte ich vermutet beziehungsweise erhofft. Nicht vermutet hatte ich, dass heute fast jeder Mensch ein Smartphone in der Tasche hat und nahezu permanent nutzt. Schließlich kam erst 2007 das iPhone in seiner Grundversion aus den Fabriken – das sich als die Mutter der Smartphones erwiesen hat. Nicht erwartet hätte ich auch, dass beispielsweise in Braunschweig nahezu überall schnelle Mobilfunknetze vorhanden sind und dass die Mobilfunktarife kontinuierlich günstiger wurden, so dass die Kosten der Nutzung kaum jemanden bremsen. Hätte ich 2007 vermutet, dass es zehn Jahre später einer Programmaktion „Kopf hoch“ im Radio bedarf, um Mensch davon abzubringen, in jeder Lebenssituation aufs Smartphone zu schauen – beim Steuern eines Autos, auf dem Fahrrad oder zu Fuß? Nein!

Wie beurteile ich ganz persönlich die Entwicklung der Forschungsregion Braunschweig, und was an Impulsen ist für sie notwendig?

Es gibt auf diesem Gebiet wenig zu meckern. Die Forschungsregion steht sehr gut da. Auch die Vernetzung von Forschungsinstitutionen macht weitere Fortschritte.

Beispielhaft kann man die gemeinsamen Berufungen von Professorinnen und Professoren der Technischen Universität Braunschweig mit der PTB oder dem Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut zitieren. Gerade vor zwei Wochen hat der Senat der Universität zwei derartige Professuren beschlossen.

In meiner Zuständigkeit für den Technologietransfer unserer Universität freue ich mich auch darüber, dass der Transfer in der Region voran schreitet. Die Wirtschaftsförderung der Stadt, die Braunschweig Zukunft GmbH, ist hier sehr aktiv und die Kooperation mit der Universität klappt gut. Wünschen würde ich mir eine aktivere Investoren-Landschaft, die bereit ist, Start-Up-Unternehmen aus der Universität mit Beratung zu Geschäftsmodellen und Hilfestellungen zu Alltagsproblemen der Unternehmensführung und nicht zuletzt mit „großem Geld“ auszustatten – wie es zum Beispiel in Berlin schon zu funktionieren scheint.