Hannover. Elke Twesten wird im Kreis der CDU-Fraktion begrüßt, die SPD schickt lieber einen offenen Brief an die CDU – und fordert mehr Details.

Unser Leser Peter Reisse fragt auf unseren Internet-Seiten:

Was soll die Diskussion über die Motive bringen? Es geht um die gefährdeten Arbeitsplätze in der Wirtschaft...

Die Antwort recherchierte Michael Ahlers

Bevor die Abgeordnete Elke Twesten um kurz nach 14 Uhr den Sitzungssaal der CDU-Fraktion im Landtag betrat, nahm die frühere Grüne im Flur eine bedeutsame Eintragung vor.

Geleitet von CDU-Generalsekretär Ulf Thiele und erwartet von vielen TV-Kameras, schrieb sich die neue Fraktionskollegin in die Anwesenheitsliste ein, auf der ihr Name schon enthalten war. „Ich muss mich jetzt hier erstmal reinfinden“, räumte Twesten ein, es sei doch alles ein wenig ungewohnt. Mittlerweile CDU-Mitglied, hat Twestens Wechsel dazu geführt, dass SPD und Grüne die Mehrheit im Landtag verloren haben. Am 15. Oktober soll nun der Landtag neu gewählt werden. Gegen den 24. September, Wunschtermin von CDU und FDP, hatte die Landeswahlleiterin massive Bedenken geltend gemacht.

Dass Niedersachsen sich eine Hängepartie nicht leisten könne und weiter regiert werden müsse, wie es auch unser Leser anspricht, haben alle Fraktionen hervorgehoben. SPD und Grüne sind allerdings sicher, dass es angesichts des Falls Twesten auch eine Debatte um politische Kultur braucht. „Die ganze Debatte ist müßig, das Mandat gehört der Abgeordneten, egal ob über Liste oder direkt“, sagte zwar Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) unmittelbar vor Beginn der Fraktionssitzung.

Partei- und Fraktionswechsel seien gerade in Landtagen nichts so Ungewöhnliches, hört man seit Tagen bei der CDU. SPD-Generalsekretär Detlef Tanke jedoch ließ eine Viertelstunde nach Beginn der Fraktionssitzungen von CDU und SPD einen offenen Brief der SPD an die CDU verteilen. Im Kern will die SPD wissen, wer wann mit wem sprach und ob Twesten Zusagen gemacht wurden, seien es künftige Mandate oder Ämter. Die Hoffnung ist es, dass die CDU sich in Widersprüche verwickelt.

Über ein Gespräch zwischen Twesten und dem parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen, Helge Limburg, im Juni im Landtag machen beide widersprüchliche Angaben. Limburg berichtete, er habe Twestens Hinweis auf ein „unmoralisches Angebot“ der CDU nicht erst genommen – Limburg beendete es im guten Glauben, Twesten stehe trotz ihres Scheiterns als Wahlkreiskandidatin zu den Grünen. Twesten bestreitet diese Darstellung. In Landtagskreisen heißt es aber, schon 2013 habe Twesten auf ihre guten CDU-Kontakte verwiesen, um intern Druck zu machen. Die Grünen bedachten sie mit einem Sitz im Landtagspräsidium. Twesten und die CDU, das sei so ein „Grundrauschen gewesen“, hatte Limburg erklärt. CDU-Parteichef Bernd Althusmann hatte betont, bei seinem ersten Gespräch mit Twesten sei noch nicht klar gewesen, wohin die Sache gehe. Sehr deutlich ist, dass SPD und Grüne das Thema für den Wahlkampf nutzen wollen.

Mit einer Sondersitzung des Landtags am Donnerstag soll nun der Startschuss für die Wahl gegeben werden, Details regelt Artikel 10 der Landesverfassung. Von 48 Gesetzesvorgaben will die CDU noch rund zehn verabschiedet sehen – und die Fluthilfe um bis zu 15 Millionen Euro erhöhen. Auch damit lässt sich schließlich prima Wahlkampf machen.