Braunschweig. Das ist gut für unsere europäischen Nachbarn, hat aber auch negative Folgen – etwa einer WM.

Unser Leser Peter-Jürgen Popp aus Königslutter fragt:

In Deutschland müssen alle GEZ bezahlen. Die europäischen Nachbarn können unsere TV-Programme empfangen, zahlen aber keinen Cent dafür. Wir können zwar deren Programme empfangen, aber nicht sehen, weil sie verschlüsselt sind. Warum verschlüsseln wir unsere Programme nicht?

Die Antwort recherchierte Lisa Claus

Die GEZ-Gebühr, also die Gebühr an die Gebühreneinzugszentrale der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten, gibt es seit vier Jahren nicht mehr. An ihre Stelle ist der Rundfunkbeitrag getreten. „Der Rundfunkbeitrag ist wie eine Klassenkasse für die Gesellschaft und Allgemeinheit“, sagt Steffen Grimberg, Sprecher der ARD in Leipzig auf Anfrage unserer Zeitung.

„Viele Länder haben eine Grundverschlüsselung wie die Schweiz und Österreich.“
„Viele Länder haben eine Grundverschlüsselung wie die Schweiz und Österreich.“ © Peter Schlegel,wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig

In Deutschland gilt: Eine Wohnung – ein Beitrag von 17,50 Euro. Dadurch werden die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF, das Deutschlandradio und die Landesmedienanstalten finanziert.

Was unser Leser meint, bestätigt Grimberg von der ARD: „Die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender sind nicht verschlüsselt.“ Allerdings kann nur ein Teil der europäischen Nachbarn unsere Fernsehprogramme empfangen: Es ist zu unterscheiden, um welchen Übertragungsweg es sich handelt.

So ist das deutsche Kabel- und auch Antennenfernsehen laut Peter Schlegel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität (TU) Braunschweig, nur in Grenzbereichen zu Deutschland zu empfangen.

„Das gilt allerdings nur, wenn die Kabelgesellschaft im Ausland das jeweilig passende Signal einspeist oder man entsprechend nah an der Grenze wohnt, um das Programm per Dachantenne zu empfangen“, sagt Schlegel. ARD-Sprecher Grimberg: „Es ist schon immer so gewesen, dass Menschen in Randgebieten begrenzt deutsches Fernsehen empfangen konnten.“

Satellitenfernsehen ist laut Schlegel nur im „footprint“, dem Fußabdruck, also dem Empfangsbereich des Satelliten, zu empfangen. Unverschlüsselt seien hier die öffentlich-rechtlichen sowie die privaten Programme – diese allerdings nicht hochauflösend. Die SES, eine europäische Satellitengesellschaft und Management-Holding von Satellitenbetreibern, hat auf ihrer Internetseite den Empfangsbereich des Astra-Satelliten veröffentlicht. Er deckt nahezu ganz Europa ab.

Doch wieso wird nicht verschlüsselt? Markus Payer, Vizepräsident und SES-Sprecher in Luxemburg, sagt im Gespräch mit unserer Zeitung: „Technisch ist das Verschlüsseln möglich und verbreitet. Zahlreiche Staats- oder öffentlich-rechtliche Sender sind durchaus verschlüsselt – zum Beispiel der Österreichische Rundfunk (ORF).“ Peter Schlegel von der

TU Braunschweig bestätigt das: „Viele Länder haben eine

Grundverschlüsselung, beispielsweise die Schweiz und Österreich.“

Einem ZDF-Sprecher zufolge ist die Entscheidung gegen eine Verschlüsselung in den Rechtsgrundlagen des Senders festgelegt. Er sagt: „Das ZDF ist als öffentlich-rechtlicher Sender verpflichtet, sein Programm auf allen Ausspielwegen unverschlüsselt zu senden.“ Darüber hinaus betont er: „Der Auftrag des ZDF ist gebührenfinanziert und muss deshalb auch allen zur Verfügung stehen.“

Was würde eine Verschlüsselung bedeuten? ARD-Sprecher Grimberg erklärt: „Bestimmte Menschen wären ausgeschlossen – zum Beispiel im Ausland lebende Deutsche oder Urlauber.“ Zudem sei es technisch zu anspruchsvoll und teuer, das Bestrahlungsgebiet der deutschen öffentlich-rechtlichen Sender abzumessen und so die Landesgrenzen akkurat abzubilden. Darauf sind die Sender laut Grimberg nicht ausgerichtet. Eine ungenaue Abbildung der Landesgrenzen könne auch Menschen im deutschen Inland treffen. So wäre es möglich, dass stellenweise auch sie das Programm nicht mehr empfangen könnten, sagt Grimberg.

Eine fehlende Verschlüsselung hat jedoch auch Folgen. Schlegel von der TU Braunschweig sagt: „Bei Weltmeisterschaften gibt es immer wieder das Problem, dass in Deutschland nicht verschlüsselt wird.“ Aus diesem Grund hatten die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender zum Beispiel keine Übertragungsrechte für die diesjährige Handball-WM bekommen.

ARD-Sprecher Grimberg sagt jedoch: „Deutschland hat eines der bestausgebauten Rundfunksysteme der Welt, um das wir beneidet werden.“