Ausbüttel. Mit Hilfe von Braunschweiger Wissenschaftlern könnte Spargel bald effektiver geerntet werden. Auch die Wirtschaft ist daran interessiert.

Auf dem Feld im Kreis Gifhorn liegen Gegenwart und die vermeintliche Zukunft des Spargelanbaus nur gut 50 Meter entfernt auseinander. Während auf der einen Seite etwa 15 Spargelstecher in gebückter Haltung ihrer Arbeit nachgehen, ist der Traktor auf der anderen Seite des Feldes mit besonderer Technik ausgestattet. Die TU Braunschweig und hier federführend das Institut für Hochfrequenztechnik stellten in einem Feldversuch ihren neu entwickelten „Spargel-Radar“ vor.

Noch sind Computer, Kabel und Sensor-Technik eher hilfsbedürftig am Heck des Traktors angebracht. Wenn in drei Jahren der Feldversuch in die Praxis gehen könnte, soll der Fahrer von seiner Kabine aus sehen können, wo der Spargel wächst.

„Es geht darum, die bereits bestehenden Vollernter für Spargel mit unserer Technik noch leistungsfähiger zu machen“, sagt Professor Jörg Schöbel, der das Projekt an der TU Braunschweig leitet. Zusammen mit seinem Mitarbeiter, dem Physiker Daniel Seyfried, blickt Schöbel auf die Kontrollmonitore, während der Traktor im Schritttempo über die Spargelbahn, den sogenannten Damm, pflügt. Mit Hilfe des Radars soll die maschinelle Ernte noch ertragreicher werden. „Die Daten, die Sensoren erfassen, sollen dem Spargelbauer aufzeigen, an welcher Stelle die Messer des Erntegeräts zustechen können. Es geht darum, so genauer zu sehen, wo der Spargel liegt und wo Steine oder Gestrüpp die Arbeit der Maschine blockieren könnten. Ziel des Verfahrens ist es, möglichst viel Spargel abzuschneiden und möglichst wenig von dem Wurzelgeflecht in der Tiefe des Bodens zu beschädigen“, so Schöbel.

Von dem Spargel-Radar will auch der Wolfsburger Sondermaschinenhersteller ASM Dimatec profitieren. Er hat Fördermittel des Bundeswirtschaftsministeriums genehmigt bekommen und setzt es für die Forschung ein. Im Spargelgeschäft ist das Unternehmen schon länger angesiedelt.

„Bundesweit sind rund 35 sogenannte Vollernter aus unserem Haus auf den Feldern“, schätzt ASM-Mitarbeiter Malte Helberg. Sollte das Ortungssystem der Braunschweiger Wissenschaftler in den nächsten Jahren irgendwann in Serie gehen, könnten sich die Kunden diese Technik in die Maschine einbauen lassen – für einen Aufpreis, versteht sich.

Helberg glaubt, dass der Einsatz des Radars für Veränderungen auf dem Spargelmarkt sorgen könnte. „Ohne Personal wird es auch hier nicht gehen, aber natürlich gibt es noch Einsparpotenziale.“ Ein Vorteil für Spargelbauern wäre, dass mit der steigenden Effizienz der Erntemaschinen auch die Unabhängigkeit von den osteuropäischen Saisonarbeitern zunehmen würde. Vielleicht, so mutmaßt Helberg, könnte die Vollautomatisierung irgendwann dazu führen, dass Bauern weniger, aber dafür festes Personal für die Ernte einstellen werden. „Für ein dann besseres Einkommen.“

Gerade die laufende Saison hatte das Problem offensichtlich gemacht. Das vergleichsweise trockene Frühjahr hatte das weiße Gemüse schnell und früher als üblich wachsen lassen. Viele niedersächsische Landwirte suchten daher schon Wochen vor dem eigentlich geplanten ersten Spargelstich händeringend nach Helfern.

Auch der Faktor der Zeitersparnis spielt eine nicht unwesentliche Rolle. Gelingt der Feldversuch, würde das Radarsystem genauer aufzeigen, wie sich das Gemüse unter der Erde entwickelt. „Bei der Spargelernte zählt manchmal ein halber Tag. Und jeder Zentimeter, der mehr geerntet wird, bedeutet bares Geld“, erklärt Ingenieur Schöbel.

Und welchen Nutzen hätte der Endverbraucher, der leidenschaftliche Spargelesser, von einer radargesteuerten, vollmaschinellen Ernte? Fällt gar der Kilopreis? Da wollen sich sowohl die Wissenschaft wie auch der Maschinenhersteller nicht festlegen. Den eingesparten Personalkosten, die, so schätzt Helberg, etwa 50 bis 60 Prozent des Spargelpreises heutzutage ausmachen würden, würden die Investitionen des Bauern in den weiterentwickelten Ernter gegenüberstehen.

Auch Schöbel warnt vor Schnellschüssen. „Wir sind noch am Anfang. Alles, was im Labor gelingt, kann in der Praxis auf dem Feld ganz anders aussehen.“ Die nun gesammelten Daten würden Aufschluss darüber geben, ob man auf dem richtigen Weg sei, sagt der Wissenschaftler, während in seinem Rücken ein Erntehelfer sich seines Hemdes entledigt.