Berlin. Bei „Anne Will“ wurde die Sozialpolitik der Ampel diskutiert. Als es um die Kürzungen beim Elterngeld ging, taten sich zwei Lager auf.

Nach dem Heizungsgesetz steht der Ampel schon der nächste Streit ins Haus: Wie wird die geplante Kindergrundsicherung finanziert? Das Finanzministerium von Christian Lindner plant dafür nur zwei Milliarden Euro jährlich. Das grüne Familienministerium rechnet mit weitaus höheren Kosten. Das Thema wurde am Sonntagabend bei „Anne Will“ großgezogen, indem die gesamte Sozialpolitik der Bundesregierung auf den Prüfstand kam.

„Anne Will“ – Das waren die Gäste:

  • Lisa Paus (Grüne), Familienministerin
  • Kai Wegner (CDU), Bürgermeister von Berlin
  • Johannes Vogel (FDP), stellvertretender Bundesvorsitzender
  • Julia Friedrichs, Autorin und Filmemacherin
  • Helene Bubrowski, Journalistin der "FAZ"

Kindergrundsicherung: Ein vages Konzept

Beim Thema Kindergrundsicherung zeigten sich die Probleme der Ampel-Koalition exemplarisch. Weil Familienministerin Lisa Paus befürchtet, dass das Konzept vor einer Einigung zerredet wird, ist die Vorstellung des Instruments bislang vage. Fünf Leistungen für Kinder sollen zur Kindergrundsicherung vereint werden, die dann digital beantragt werden kann, führte Paus aus. Außerdem sollen Eltern aktiv darauf hingewiesen werden, falls sie Anrecht auf weitere Leistungen haben sollten.

Die grüne Ministerin sprach in diesem Zusammenhang von einer Bringschuld des Staates. Doch schon da scheint es im Zusammenspiel mit dem Koalitionspartner zu haken. Eigentlich gebe es sehr viele Angebote, der Sozialstaat sei groß, sagte Johannes Vogel von der FDP. Das Problem sei aber, dass viele davon gar nicht wüssten. „Jeder muss kriegen, was ihm zusteht“, forderte Vogel. Dafür sei nicht unbedingt mehr Geld, sondern „harte Sozialpolitik“ nötig.

Familienministerin Lisa Paus (Grüne) bezog Position zu den geplanten Kürzungen beim Elterngeld.
Familienministerin Lisa Paus (Grüne) bezog Position zu den geplanten Kürzungen beim Elterngeld. © NDR/Wolfgang Borrs | NDR/Wolfgang Borrs

Bundesregierung: Warum streitet die Ampel so viel?

Die Verhandlungen zur Kindergrundsicherung dürften also zäh werden, schon allein deswegen, weil sich die Koalitionäre uneins darüber sind, welches „soziokulturelle Existenzminimum“ für Kinder anzusetzen ist. Doch warum streitet die Ampel überhaupt so viel? Zu dieser Frage waren Paus und Vogel sich immerhin einig: „Im Stil können wir besser werden“, sagte der FDP-Politiker. Allerdings müsse man sich auch daran gewöhnen, dass wichtige Debatten nun auch öffentlicher stattfinden.

Das war ein plausibles Argument, schließlich hat die Ampel wirklich dicke Bretter zu bohren. Ist ein bisschen Streit da nicht gesund? Durchaus, befand Helene Bubrowski von der FAZ. Allerdings sei entscheidend, wie gestritten werde. Mit Beleidigungen vergrätze man die Wähler jedenfalls, meinte die Journalistin etwa mit Blick auf den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, der Robert Habeck mit Putin verglichen hat. Von einem solchen Stil profitiere am Ende die AfD, warnte Bubrowski.

Einen wichtigen Punkt machte Julia Friedrichs, als sie darauf hinwies, dass viele Familien mit dem politischen Geschacher nichts anfangen könnten. Statt über konkrete Ziele zu reden, werde über die notwendigen Milliarden gestritten, kritisierte die Autorin und Journalistin, die viel zu Familien in armen Milieus recherchiert hat.

Elterngeld: Sind die Kürzungen gerecht?

Dieses Hickhack zeigte sich schließlich auch bei der Debatte um das Elterngeld. Hier will die Familienministerin den Anspruch bei Einkommen von 150.000 Euro kappen, um die vom Finanzministerium geforderten Einsparungen zu erreichen.

Dazu taten sich in der Runde zwei Lager auf. Auf der einen Seite jene, die daran erinnerten, dass es beim Elterngeld um Gleichstellung gehe – nicht um Sozialpolitik. „Wir kommen zurück in Situationen, wo Frauen, wenn sie nicht gespart haben, kein eigenes Geld haben“, warnte etwa Bubrowski .

Friedrichs sieht diese Gefahr nicht. Es gehe nicht um die Breite der Gesellschaft, sondern um die „Top-Zwei-Prozent“. „Diese Menschen können froh sein, dass sie den Staat nicht brauchen“, befand die Journalistin.

„Anne Will“: Das Fazit

Wenn man es positiv wenden möchte, zeigte diese Ausgabe von „Anne Will“, dass die Sozialpolitik wieder im Zentrum des Interesses steht. So richtig kompetent führt sich die Ampel dabei aber nicht auf, was sich zwischendurch in einem einfachen Satz von Kai Wegner zeigte: „Man muss doch erstmal klären, was das Ziel ist – und dann ein Preisschild dranhängen“, forderte der CDU-Politiker. Das klang wie eine vernünftige Idee.

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