Braunschweig. Die Erfolgsautorin wird in Braunschweig für „Heul doch nicht, du lebst ja noch“ mit dem Gerstäcker-Preis ausgezeichnet – aus diesen Gründen.

Das Buch ist noch ganz frisch. Erst Anfang Januar erschien „Heul doch nicht, du lebst ja noch“ im Oetinger-Verlag. Erfolgsautorin Kirsten Boie erzählt darin die Geschichte einer Gruppe Jugendlicher in den Trümmern von Hamburg. Der Fokus liegt auf sechs intensiven Tagen im Juni 1945. Alle müssen sich neu orientieren, nachdem sie den Zweiten Weltkrieg auf unterschiedliche Weise erlebt haben. Schuld, Wahrheit, Angst und Wut sind die zentralen Themen des Buchs, dessen Hauptfiguren durch die Schrecken des Krieges und der Naziherrschaft miteinander verbunden sind.

1947 von der Stadt Braunschweig gestiftet, erinnert der Friedrich-Gerstäcker-Preis für Jugendliteratur an den Weltreisenden und Abenteuer-Romancier Friedrich Gerstäcker, der seine Jugend und seine letzten Lebensjahre in Braunschweig verbrachte. Der älteste deutsche Jugendbuchpreis wird in diesem Jahr zum 34. Mal verliehen. Er ist mit 8000 Euro dotiert. Im zweijährigen Turnus wird ein Buch ausgezeichnet, das Jugendlichen die Begegnung mit fremden Welten fantasievoll vor Augen führt und dabei die Gedanken der Toleranz und Weltoffenheit in sprachlich anspruchsvoller Form näherbringt.

Trümmerwelt aus Hunger, Obdachlosigkeit und zerbrochenen Weltbildern

Kirsten Boie sei es mit ihrem neuesten Roman gelungen, „ein Thema der jüngeren deutschen Geschichte aus den wechselnden Perspektiven von den drei jugendlichen Protagonisten auf eindringliche, emotional berührende, abwägende, historisch fundierte und niemals überzogene Art darzustellen“, begründet die Gerstäcker-Jury ihre Entscheidung, die 71-jährige Hamburgerin auszuzeichnen.

Gemeinsam erlebten die Jugendlichen eine Trümmerwelt, bestimmt von Hunger, Obdachlosigkeit, Schwarzmarkt, dem Verlust geliebter Menschen und zerbrochenen Weltbildern. „Klar und stringent, ohne reißerische Effekte und empathisch immer dicht an ihren Figuren, vermittelt Kisten Boie ein eindringliches Bild einer Zeit, die mit den kriegsbedingten Ängsten, dem Ringen um Wahrheit, Schuld und Hoffnung eine erschreckend aktuelle Szenerie vor Augen führt“, so die Jury weiter. Kirsten Boie zeige auch, wie schwer es ist, sich aus den Verblendungszusammenhängen von Ideologie, Falschinformation und Lüge zu lösen.

Mehr als 100 Bücher veröffentlicht

Die norddeutsche Autorin hat rund 100 Bücher veröffentlicht, die teils in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden. Neben Kinder- und Jugendbüchern wie „Die Kinder aus dem Möwenweg“ schreibt die Autorin auch Vorträge und Aufsätze zu Kinderliteratur und der Leseförderung. 2007 wurde sie für ihr Gesamtwerk mit dem Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises ausgezeichnet. 2015 gründete sie die Möwenweg-Stiftung, um Kindern in Eswatini (ehem. Swasiland) zu helfen. Seit 2019 ist Kirsten Boie Ehrenbürgerin von Hamburg.

Die Preisverleihung findet am Mittwoch, 15. Juni, um 17 Uhr im Braunschweiger Altstadtrathaus, Altstadtmarkt 7, statt. Für die Öffentlichkeit steht ein begrenztes Kontingent Sitzplätze zur Verfügung, eine Anmeldung per E-Mail an LSM@Braunschweig.de ist erforderlich.

Sie bildeten die Jury

Mitglieder in der Preisjury waren Udo von Alten (Friedrich-Bödecker-Kreis), Dr. Annette Boldt-Stülzebach (Kulturinstitut Stadt Braunschweig), Anke Märk-Bürmann (Akademie für Leseförderung Niedersachsen), Jacob Radel (Stadtbibliothek Braunschweig), Thomas Ostwald (Friedrich-Gerstäcker-Gesellschaft), Prof. Dr. Jan Standke (TU Braunschweig, Institut für Germanistik), Heike Ullmann (Buchhandel), sowie mit doppeltem Stimmanteil eine Jugendjury, der Elska Dorge, Lena Meindermann, Torben Polensky und Hannah Schäfer angehört haben.

Zuletzt hatte Susan Kreller den Gerstäcker-Preis erhalten, und zuvor u. a. Julya Rabinowich, Dirk Reinhardt und Anna Kuschnarowa.

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