Braunschweig. Für die Teilnahme am Wettbewerb „iGEM“ entwickeln Studierende der TU einen Speichel-Test für Lithium. Er könnte viele Arztbesuche überflüssig machen.

Was haben plastikfressende Bakterien, Vanillearoma produzierende Hefepilze und treibstoffproduzierende Algen gemeinsam? Sie alle sind Ergebnis von Universitätsforschung auf dem Gebiet der sogenannten „synthetischen Biologie“. Unter dem Begriff versteht man die Erschaffung biologischer Systeme, die in der Natur nicht vorkommen, aber im Labor nach einem standardisierten „Bauplan“ konstruierbar sind.

„Die Möglichkeiten von synthetischer Biologie sind nahezu unbegrenzt. Sie bietet Lösungen für zahlreiche Probleme unserer Zeit“, sagt Ronja Friedhoff. Die 22-Jährige studiert im Bachelor Biologie an der TU Braunschweig. Gemeinsam mit sieben weiteren Biologie-Studierenden der TU tritt sie beim Wettbewerb „iGEM“ an. Bei dem internationalen Wettbewerb nehmen Teams von über 300 Universitäten aus der ganzen Welt teil. Ziel ist es, dass die Studierenden mittels praktischer Laborarbeit ein gesellschaftsrelevantes Projekt auf dem Gebiet der synthetischen Biologie voranbringen.

Teststreifen für zu Hause statt Arztbesuche

Das Team der TU entwickelt in diesem Jahr einen Test für die Heimanwendung. Durch ihn sollen Privatanwender den Lithiumspiegel in ihrem Speichel kontrollieren können. „Wir sind darauf gestoßen, dass bei Menschen mit bipolarer Störung oft Lithiumsalze zur Behandlung eingesetzt werden“, sagt Corinna Thoben (25), Biologie-Masterstudentin. Patienten, die mit Lithiumsalzen behandelt werden, müssen derzeit regelmäßig Bluttests beim Arzt machen, da bereits eine geringfügig überhöhte Konzentration im Blut zu gesundheitlichen Problemen führen kann. „Mit einem Testsystem für zu Hause könnten sich die Betroffenen viele Arztbesuche sparen“, sagt Josefine Huth (24).

Biologie-Studentin Ronja Friedhoff bei der DNA-Sequenzierung im TU-Labor für den Wettbewerb
Biologie-Studentin Ronja Friedhoff bei der DNA-Sequenzierung im TU-Labor für den Wettbewerb "iGEM". © privat | Corinna Thoben

Konkret will die Gruppe einen Teststreifen für Speichelproben entwickeln. Besitzt der Speichel eine bestimmte Konzentration an Lithium, soll sich der Teststreifen verfärben. Um diese Reaktion im Teststreifen zu ermöglichen, soll er einen sogenannten Lithium-Riboswitch enthalten. „Das ist eine Art Schalter, der bestimmte Gene aktiviert, sobald sich Lithium im Speichel befindet“, erklärt Susanna Pape (21), die im 5. Semester Biologie studiert.

Die Aktivierung der Gene durch den Riboswitch löst die Verfärbung des Streifens aus. Der Riboswitch und das färbende Reporter-Gen werden im Labor – stark vereinfacht formuliert – in einen DNA-Ring, auch Plasmid genannt, eines Bakteriums eingebaut. „Man nutzt dafür eine Art Gen-Schere, um den Ring aufzutrennen und das gewünschte Gen einzusetzen“, erklärt Felix Jarecki (21), im 3. Semester Biologie-Student. Anschließend wird der Ring wieder zusammengefügt und das veränderte Bakterium reproduziert sich. Im Teststreifen soll die Reaktion dann ohne lebende Zellen stattfinden.

Studierende benötigen Labormaterialien und starten Spendenaufruf

Das Projekt organisieren die Studierenden fast komplett selbstständig: Von der Projektidee über die Wissenschaftskommunikation bis zur Suche nach Firmen, die das Projekt mit Spenden unterstützen. Lediglich bei der Laborarbeit erhält das Team Unterstützung von einem Professor und zwei ehemaligen „iGEM“-Teilnehmern. Die Teilnahme am Wettbewerb ist freiwillig. „Das coole an unserem Projekt ist, dass es zeigt: Biologie ist mehr als nur Feld- und Wiesenforschung, sondern bietet Lösungen für Medizinforschung und Industrie“, sagt Daniel Schulze (21), der im 5. Semester Biologie studiert. Nachdem sie nun eine Idee entwickelt haben, geht es nun ins Labor. Die Studierenden sammeln derzeit mittels einer Kampagne auf der Plattform betterplace.org Spenden für Laborausrüstung, wie Chemikalien, Reaktionsgefäße und Schutzausrüstungen.

Im November stellen die Teams dann ihre Projekte bei einer großen Konferenz in Paris vor. Entspricht das Projekt gewissen Qualitätskriterien, kann das Team eine Medaille gewinnen.

Weitere Informationen zum Projekt und zur Spendensammlung unter www.tu-braunschweig.de/igem/2023.

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