Braunschweiger. Wie verteidige ich mich, wenn ich mit einem Messer angegriffen werde? Kravmatics-Trainerin Annette Manke zeigt eindrucksvoll, wie es geht.

Der Angreifer kommt von hinten. Er hat ein Messer. Ines spürt die Spitze der Klinge durch ihre Jacke hindurch. Die junge Frau ist im Parkhaus auf dem Weg zu ihrem Auto, als sie überfallen wird. Sie verharrt einen kurzen Augenblick, dann dreht sie sich kraftvoll um, blockiert den Arm des Angreifers und geht zum Gegenangriff über.

Auch das Verhalten in besonders bedrohlichen Szenarien wie die einer Messerattacke bringt Kravmatics-Trainerin Annette Manke den Teilnehmern des Selbstverteidigungskurses bei.
Auch das Verhalten in besonders bedrohlichen Szenarien wie die einer Messerattacke bringt Kravmatics-Trainerin Annette Manke den Teilnehmern des Selbstverteidigungskurses bei. © regios24 | Stefan Lohmann

„Genau richtig“, lobt Annette Manke. Von ihr hat Ines die angewendeten Verteidigungsgriffe soeben erlernt. Sie sind noch nicht perfekt, aber ein Anfang ist gemacht. Manke ist Krav-Maga-Trainerin und bietet als Gründerin von „Kravmatics“ aus Gifhorn Selbstverteidigungskurse an, zum Beispiel in Fitnessstudios, Schulen und Firmen. Am Samstag erteilte sie zusammen mit ihrem Kollegen Nils Riechelmann das Seminar „Verteidigung am und im Auto“ in der Tiefgarage Eiermarkt in Braunschweig.

Der Überfall auf Ines, die eigentlich anders heißt aber anonym bleiben möchte, ist nur gestellt. Aber die Situation ist eine, vor der sich viele fürchten: dass sie auf einem Parkplatz oder in einer Tiefgarage angegriffen werden und niemand in der Nähe ist, der helfen kann.

„Ihr müsst euren Körper zur Waffe umfunktionieren“

Laut rufen und nach Möglichkeit weglaufen – das sind Tipps, die in vielen Selbstverteidigungskursen gegeben werden. Annette Manke verfolgt einen anderen Ansatz. Sie sagt: „Bist du schneller? Das weißt du nicht. Was hast du gewonnen, wenn nicht?“ Sie empfiehlt stattdessen, sich von Beginn an nicht in die Opferrolle zu begeben, sondern sich zu verteidigen. „Ihr müsst euren Körper zur Waffe umfunktionieren“, gibt sie den Teilnehmern mit auf den Weg. Sich selbst verteidigen zu können, sei ein hohes Gut.

Annette Manke, Gründerin und Cheftrainerin der Selbstverteidigungsschule Kravmatics.
Annette Manke, Gründerin und Cheftrainerin der Selbstverteidigungsschule Kravmatics. © regios24 | Stefan Lohmann

Unter den Teilnehmern sind mehr Männer als Frauen. Das sei ungewöhnlich, merkt Riechelmann an. Bei manchen ist zu erkennen, dass sie bereits Kampfsporterfahrung haben. Einer von ihnen sagt: „Beim Karate machst du eine Attacke, dann gehst du zurück. Man schaltet ja niemanden wirklich aus. An der Stelle weiterzumachen, kostet mich wirklich Überwindung.“

„Im Kampfsport gelten Regeln. Verteidigung auf der Straße ist etwas anderes“

Karate, Judo, Jiu Jitsu: Alle Kampfsportarten folgen klaren Regeln, niemand soll wirklich verletzt werden. „Verteidigung auf der Straße ist etwas anderes. Die Straße kennt keine Regeln, die Straße ist ungerecht“, sagt Nils Riechelmann. Als Polizist war er auf Organisierte Kriminalität spezialisiert und im Milieu im Einsatz; jetzt ist er Krav-Maga-Trainer.

Annette Manke ist eine zierliche Frau, wiegt keine 50 Kilo – doch sie zeigt eindrucksvoll, wie sie sich auch gegen wesentlich schwerere und muskulöse Männer mit Griffen und Tritten zur Wehr setzen kann. Ziel sei es, eigenverantwortlich zu handeln, um sich selbst aus einer gefährlichen Situation befreien und verteidigen zu können, betont sie – und nicht in Schockstarre zu verfallen.

Und warum findet das Training in einem Parkhaus statt? „Ein Training im geschützten Raum und mit Sportklamotten ist etwas anderes als in dieser Umgebung und in Straßenkleidung“, so Riechelmann. Realitätsnah soll es sein. Eine Teilnehmerin sagt später: „Natürlich ist man nach vier Stunden Training kein Profi – aber ein paar Dinge bleiben sicherlich hängen.“

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