Braunschweig. Die Pavillons in der Braunschweiger City müssen weg. Aber wo kommen sie hin? Wir lüften das Geheimnis.

Ein gewisses verschmitztes Lächeln kann sich der Architekt Heinrich Tönnishoff (92) in diesen Tagen nicht verkneifen, wenn er mit seinem Spazierstock durch die Fußgängerzone schlendert. Die von ihm kreierten Pavillons am Ringerbrunnen, einst preisgekrönt, sie sollen und müssen nun weg.

Tja, und wenngleich der Architekt das auch sehr bedauert, so hat er doch vor drei Jahrzehnten oben auf dem Dach seiner Pavillons gleich jene roten Haken mit eingeplant, an die sie jetzt tatsächlich genommen werden sollen. „Wie bei einer Taschenuhr, es ist an alles gedacht“, sagt Tönnishoff fröhlich.

Am 5. Januar kommen die beiden Pavillons endgültig an den Haken

Am 5. Januar ist es dann so weit. Die Pavillons werden aus dem Weg geräumt. So will es die Stadt Braunschweig mit allen ihren Ratsgremien – und so hat es auch den Segen der Gemeinschaft der Innenstadt-Kaufleute bekommen. Diese Buden – immerhin mit Stromanschluss – werden rausgeräumt, die City wieder aufgeräumt.

Freie Sicht auf einer Achse vom Welfenhof bis zur Burgpassage. Heißt es. Eine Barriere im freien Fluss abgeräumt. Heißt es.

Architekt Heinrich Tönnishoff lässt seine zwei Pavillons nicht verkommen.
Architekt Heinrich Tönnishoff lässt seine zwei Pavillons nicht verkommen. © Sierigk, Peter Sierigk, Peter | Peter Sierigk

Nun, auf solche Argumente macht sich Architekt Tönnishoff mit auffallender Heiterkeit gerade seinen eigenen Reim. Er kennt sie ja doch ziemlich gut. Allerdings genau umgekehrt in der strengen Herleitung.

Am Ende der 1980-er Jahre ging es noch darum, diese Sichtachse am Sack gezielt zu unterbrechen und kalkuliert eine Engstelle hineinzubauen. Die beiden Pavillons eben, so genial hineinkomponiert (und um einen hässlichen Stromkasten herum), dass sie später sogar mit einer lobenden Erwähnung der Jury des Peter-Joseph-Krahe-Preises bedacht wurden. Und das ist ja immerhin jener bedeutende Preis, mit dem die Stadt Braunschweig hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Architektur, des Ingenieurbaues oder der Garten- und Landschaftsgestaltung würdigt.

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Was die Architekten früher beten mussten, das müssen sie heute beichten

Doch nun will man die Pavillons nicht mehr. Was die Architekten früher beten mussten, das müssen sie heute beichten. Was wird aus ihnen? Fragen wir doch Tönnishoff. Der hat immerhin seine beiden Kunstwerke, die 30 Jahre lang gute Dienste geleistet haben und immer noch fast wie neu ausschauen, vor vier Wochen kurzerhand zurückgekauft. Für jeweils einen symbolischen Euro von der Immobiliengesellschaft ECE.

Tja, und so wie der mexikanische Expo-Pavillon von der Weltausstellung 2000 in Hannover jetzt als Bibliothek der Braunschweiger Kunsthochschule HBK weitergenutzt wird und glänzt, so erhalten nun auch die City-Pavillons nach dem Forträumen ein zweites Leben.

Heinrich Tönnishoff, der viel Spaß hat bei unserem Gespräch, hat sie nämlich für jeweils zwei Euro weiterverkauft. „Ich hänge ja doch an ihnen und möchte nun wirklich nicht, dass sie verschrottet werden“, sagt er.

Nachnutzungen für zwei Pavillons – und am Ende duftet es immer ein wenig nach gebrannten Mandeln

Nun, das wird ganz gewiss nicht passieren. Der eine kommt zur Roggenmühle in Lehndorf als Gartenpavillon auf eine Grünfläche. Und der andere wird nach dem 5. Januar in der Kralenriede vom roten Haken genommen und dient dort einer Bauunternehmung als Verpflegungsposten für Kaffee und Bockwurst, also so eine Art mobile Betriebskantine.

Vermutlich wird es dort ja immer auch noch ein wenig nach gebrannten Mandeln duften – und das gehört auch zu dieser Geschichte. Millionen Mandeln gingen hier geschätzt über den Pavillon-Tresen, und so wabert auch Wehmut durch Braunschweigs City, so wie derzeit noch der Duft karamellisierten Zuckers.

Für Markus und Rosanna Meier, die Zwei von Mandel-Meier, heißt es Abschied nehmen vom Pavillon. Wie berichtet, zieht es sie mit ihrem „Funfood“ im nächsten Jahr in den Langen Hof – und das Café am Sack werden sie Ende 2023 aufgeben.

Am Freitag, 30. Dezember, also zumindest letzter Mandel-Tag im Pavillon. Dann wollen die Meiers am Abend für sich zum Abschied eine Flasche Sekt öffnen. Dann ausräumen. Und dann geht’s ab an den Haken.

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