Braunschweig. Seit 27 Jahren begleitet Manuela Schatz junge Menschen zum Führerschein – und als mütterliche Freundin oft weit darüber hinaus.

Dass Manuela Schatz das 25-jährige Jubiläum ihrer Fahrschule vor zwei Jahren als „Silberhochzeit“ gefeiert hat, kommt nicht von ungefähr: Die 60-Jährige ist quasi mit ihrem Unternehmen „verheiratet“. Dass sie an diesem Abend mit einer Spendengala vor allem an andere gedacht hat, ist ebenfalls typisch für sie. Aber der Reihe nach …

Zu ihrem Beruf (oder besser ihrer Berufung) ist Manuela Schatz „wie die Jungfrau zum Kinde“ gekommen. Als die gelernte Busfahrerin eines morgens in der Zeitung von der Fahrlehrer-Ausbildung bei Seela liest, fackelt sie nicht lange und meldet sich an. Nach Abschluss ihrer Ausbildung arbeitet sie zunächst als Fahrlehrerin in der Fahrschule Busch, später wechselt sie zu Hoffmann. 1993 wird sie die erste Motorrad-Fahrlehrerin in der Löwenstadt.

Ein Jahr später bietet ihr damaliger Chef Rolf Hoffmann ihr seine Fahrschule zum Verkauf an. Schatz willigt ein und eröffnet am 17. Februar 1995 in der Fallersleber Straße „Manuelas Fahrschule“. Der Start ist alles andere als leicht, die Branche ist eine reine Männerdomäne. „Ich war die erste alleinige Fahrschulinhaberin in Braunschweig. Die Kollegen haben mir kein halbes Jahr gegeben“, erinnert sich Schatz. Doch mit Beharrlichkeit und vollem Einsatz bringt sie ihr Unternehmen auf die Erfolgsspur. „Ich weiß ja, dass ich polarisiere. Ich bin laut, ich bin sehr ehrlich aber vor allem bin ich authentisch. Vermutlich ist das das Geheimnis meines Erfolges“.

Manuela Schatz: „Ich bin laut, ehrlich und authentisch“

So wie die Tatsache, dass sie vor allem mit dem Herzen arbeitet. „Ich habe einen Erziehungsauftrag, will meine Schüler auf den richtigen Weg bringen. Der Führerschein ist doch so ein wichtiger Schritt ins Erwachsenenleben, ich möchte, dass das in guter Erinnerung bleibt“. Ihre Schüler seien für sie nicht nur zahlende Kunden. Sie nennt sie „ihre Kinder“. „Ich bin für viele so was wie eine mütterliche Freundin. Sie können mit all ihren Kümmerchen und Sorgen zu mir kommen.“ Oft würden ihr während der Fahrstunden Dinge anvertraut, die niemand sonst erfahre: „Was mir da im Auto erzählt wird, bleibt auch im Auto.“

Schnell spricht sich herum, dass Manuela Schatz ein Händchen für all jene hat, die auf dem Weg zur Fahrerlaubnis besondere Zuwendung benötigen. Sie arbeitet eng mit Psychologen zusammen, die bald wissen: Missbrauchsopfer oder Patienten mit Diagnosen wie Borderline-Störung, Autismus oder sozialen Phobien sind bei der engagierten und empathischen Frau gut aufgehoben. Auch Kollegen haben ihr schon schwierige Fälle weitergereicht. Um alle kümmert sie sich persönlich. Stolz erzählt sie von Zwillingen, die sie unterrichtet hat. „Die Mädels litten unter selektivem Mutismus, sie haben mit niemandem außerhalb ihrer Familie ein Wort gesprochen. Mit mir schon …“

Lesen Sie weitere Texte aus Braunschweig:

Hochzeiten und Geburten: „Manu-Ma“ Schatz ist dabei

Für panische Schüler mit ausgeprägter Prüfungsangst organisiert sie mit kooperativen Prüfern schon mal verdeckte Führerscheinprüfungen. Während Prüflinge denken, sie fahren eine normale Übungsstunde, sitzt der Prüfer als „Bekannter“ von Schatz mit im Auto. So ist das eben bei ihr. „Ich bin mit Leib und Seele Fahrlehrerin“, sagt sie. Und Menschenfreundin und Kümmerin mit riesengroßem Herz. Nur so lässt sich erklären, was sich für Außenstehende schon ziemlich schräg anhört: etwa, dass Manuela Schatz im Laufe der Jahre auf unzähligen Hochzeiten ihrer Schützlinge eingeladen war; ja, dass zwei Fahrschülerinnen sie sogar um Begleitung und Beistand bei der Geburt ihrer Kinder gebeten haben.

Und dann ist da noch Sarah. Schon nach wenigen Fahrstunden habe sie gespürt, dass mit dem Mädchen etwas nicht stimme, erzählt Schatz. Ihr Gefühl trügt nicht. Bald stellt sich heraus, dass die junge Frau todkrank ist. Sarah macht keinen Führerschein mehr. Weil das Verhältnis zu ihrer Mutter schwierig ist, begleitet Manuela Schatz das Mädchen zu Ärzten und Therapien, kümmert sich ein halbes Jahr lang intensiv und liebevoll um sie. „Das Kind war doch mutterseelenallein“. Als Sarah im Krankenhaus stirbt, sitzt Manuela Schatz an ihrem Bett.

„Fabelhaftes Team“ rund um Manuela Schatz

Geschichten, mit denen sich ein Buch füllen ließe. So viel Einsatz kostet Kraft und in ihrem Fall auch eine Beziehung: „Mein Ex-Mann hat mir immer den Rücken gestärkt und mich unterstützt. Leider ist unsere Ehe dabei auf der Strecke geblieben“, blickt sie zurück. 2006 wechselt Schatz den Standort, zieht mit ihrer Fahrschule auf die andere Straßenseite, eröffnet 2001 noch eine Filiale in Lehndorf. Eigentlich habe sie nach ihrer Scheidung verkaufen wollen. „Ein Kollege hatte auch Interesse, aber dann meinte er, wo Manuela drauf stehe, müsse auch Manuela drin sein“, erzählt sie schmunzelnd.

Inzwischen drückt mit den Kindern ehemaliger Schüler bereits die nächste Generation die Schulbank in ihrer Fahrschule. Und auch um eine weitere, nicht ganz einfache Klientel kümmert sich die Inhaberin höchstselbst: „Ich halte Aufbauseminare für auffällig gewordene Fahranfänger und Fahreignungsseminare für solche Menschen, die fleißig Punkte sammeln“, sagt sie augenzwinkernd. Diese seien zur Teilnahme verpflichtet und in der Regel unmotiviert und genervt. „Es macht mich richtig glücklich, wenn ich auch die einfangen kann.“ Dass sie nur so gut sein könne, weil ihr fabelhaftes Team ihr den Rücken frei halte, dessen ist sich Schatz sicher. Sie habe drei tolle Fahrlehrer, ihre Büroleiterin sei ihre „zweite Herzhälfte“, strahlt sie Yvonne Hackbarth an. In diesem Jahr wird Manuela Schatz 61 Jahre alt. Der Ruhestand kommt näher. Mit Blick auf diese Zeit hat sie sich schon mal zwei kleine Hunde angeschafft. Dass es zwei rumänische Straßenhunde sind, die aus einer Tötungsstation gerettet wurden, überrascht nicht wirklich.

Am Ende des Gespräches betritt ein Fahrschüler die Räume in der Fallersleber Straße. „Na Spatzerl, wie geht es dir?“, fragt Manuela Schatz. „Prima, und selbst?“, antwortet der junge Mann, der so eine vertrauliche Anrede offenbar gewohnt ist. „Manu-Ma geht’s doch immer gut!“, lautet die Antwort und Manuela Schatz und lacht dabei laut und herzlich.

Dieser Text erschien zuerst bei der Neuen Braunschweiger.