Braunschweig. Das Plüsch-Dino ist als Spaßmacher in der Braunschweiger Innenstadt bekannt. Wir lüften das Geheimnis: Wer steckt unter dem Kostüm?

Es ist einer dieser seltenen Regentage in diesem Jahr in Braunschweig. Ausgerechnet heute. Aber auf den Dino ist Verlass – obwohl er Regenwetter hasst. Wie verabredet steht Marcel (seinen Nachnamen möchte er nicht öffentlich verraten) im Plüschkostüm vor dem Eingang zum Braunschweiger Schloss. „Ich habe echt überlegt, ob ich den Termin absage“, sagt er zur Begrüßung. Für unsere Zeitung lüftet er aber doch sein „Geheimnis“, hat den überdimensionalen Kopf unter den Arm geklemmt. Marcel, 35, ist der „Dinomann“ von Braunschweig.

Der Braunschweiger führt ein Doppelleben: Er arbeitet im Schichtdienst für eine Zeitarbeitsfirma und wird in der Freizeit zum „Dinomann“. Viele kennen ihn aus der Innenstadt, manche vielleicht auch aus der Straßenbahn auf der Fahrt in die Stadtmitte. Dort ist er oft im Kostüm unterwegs, ohne Auftrag, ohne Bezahlung, einfach so, weil es ihm Spaß macht.

In seiner Freizeit verbreitet der Braunschweiger Marcel im Dinokostüm gute Laune – nicht im offiziellen Auftrag, sondern einfach so, weil es ihm Spaß macht.
In seiner Freizeit verbreitet der Braunschweiger Marcel im Dinokostüm gute Laune – nicht im offiziellen Auftrag, sondern einfach so, weil es ihm Spaß macht. © Neue Braunschweiger | Marion Korth

Weiter geht es auf unserer Verabredung: Der Dino schlappt durch die Braunschweiger Fußgängerzone, winkt, lässt sich fotografieren. Seine einzige Mission: Freude verbreiten. Nicht mehr und nicht weniger. Oder wie Marcel es ausdrückt: „Den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern.“

Die pastelligen Farben des Dinokostüms – Blau und Gelb – passen nicht nur im weitesten Sinn zu Eintracht Braunschweig, ihnen könnte man auch angesichts des Ukraine-Kriegs eine politische Botschaft unterstellen, aber das ist dann doch zu weit hergeholt. Tatsächlich trat Marcel einige Wochen später vor ukrainischen Flüchtlingsfamilien in der Stadthalle auf. Nicht allein, sondern gemeinsam mit Leo, dem Eintracht-Maskottchen. „Ich bin selbst schon einmal als Leo eingesprungen“, verrät Marcel. Natürlich kennt er den Menschen, der Eintracht Braunschweigs Glücksbringer und Sympathieträger zum Leben erweckt, persönlich.

„Dinomann“ in Braunschweig – Regen und Hitze machen es Marcel schwer

Dass wir zum Gespräch einen Regentag erwischen, ist Pech. Der „Dinomann“ bekommt langsam nasse Füße. Die Plastikbesohlung ist von vielen Fußmärschen durch die Innenstadt ein bisschen abgewetzt. Der Plüschanzug hat schon etliche 30-Grad-Schonwäschen hinter sich.

Wenn andere nach der Arbeit Joggen oder ins Kino gehen, sich vor den Fernseher setzen oder das erste Feierabendbier öffnen, dann zieht es Marcel in die Braunschweiger City. „Sobald das Wetter gut ist, gehe ich ein oder zwei Stunden raus“, erzählt er. Gern auch am Wochenende. „Ich ziehe das Kostüm an, und die Sonne geht auf“, beschreibt er seine Gemütslage. Von seiner guten Laune gibt er gern welche ab. „Das lohnte sich besonders in der Corona-Zeit; und dann lächeln dich die Leute an und du weißt, du hast alles richtig gemacht.“

Diese Maskottchen-Regel bricht der Braunschweiger Dino gerne mal

Er guckt sich die Leute aus, die für einen kleinen Spaß zu haben sind und das Spiel mitmachen. Wenn Kinder ihn ansprechen, antwortet er ihnen gern und bricht dafür sogar eine Maskottchenregel, denn: „Maskottchen dürfen eigentlich nicht sprechen.“ Marcel wusste das lange Zeit selbst nicht, bis ihn ein Profi in einem Vergnügungspark darüber aufklärte. Das Maskottchen als Kunstfigur soll unverwechselbar und immer gleich sein, egal, wer gerade im Kostüm steckt. Man stelle sich mal Micky Maus im Disneyland vor, der jeden Tag mit einer anderen Stimme spricht – undenkbar, das leuchtet ein.

Marcel wäre gern Goofy. Aber noch viel lieber bleibt er in Braunschweig und macht sein eigenes Ding als Dino. Dessen Charakter beschreibt er so: „Lieb, freundlich, verspielt und manchmal frech.“ Letzteres, wenn er zum Spaß jemanden ein paar Schritte verfolgt. Ansonsten ist der Dino ein durch und durch netter Kerl, ohne irgendwelche Hintergedanken.

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Genau das macht ihn etwa seinen beiden Zufallsbekanntschaften Sabine Norkauer und Detlev Bussenius so sympathisch. Die beiden sprachen ihn einfach an, dachten zunächst, er sei als Werbefigur von jemandem gebucht. Über einen gut gemeinten Auftrag für ihn würden sie sich sehr freuen. In jedem Fall sei jemand, der einfach so als Dino die Menschen bespaßt, eine Geschichte in der Zeitung wert, meinten die beiden und stellten den Kontakt her.

Braunschweig: Dinosaurier ist eigentlich ein Drache

Bei unserem Gespräch kommt übrigens heraus, dass der Dino strenggenommen ein Drache ist. Dem Fantasy- und Jurassic-Park-Fan Marcel ist das einerlei. Es sind mehr praktische Erwägungen, warum er die Drachenflügel lieber zu Hause lässt. Ohne ist er etwas beweglicher. Wenn ihn nicht gerade ein Freund oder sein Bruder begleitet, dann ist es auch so schon kompliziert genug, sich aus dem Rucksack etwas zum Trinken zu angeln. Sonne ist gut, Hitze macht dem „Dinomann“ hingegen echt zu schaffen.

So sieht es im Kopf des Dinos aus. Gegen die Hitze hat Marcel einen Ventilator angebracht.
So sieht es im Kopf des Dinos aus. Gegen die Hitze hat Marcel einen Ventilator angebracht. © Neue Braunschweiger | Marion Korth

Damit er in Plüschdress und schaumstoffgepolstertem Kopf nicht überhitzt, ist darin ein kleiner Ventilator eingebaut. Außerdem gibt es für Kostümträger Kühlwesten, die mit Gelpads aus dem Kühlschrank ausstaffiert werden. Trotzdem war dieser Sommer mit vielen Tagen mit mehr als 30 Grad der Härtetest.

Bei Kostümkosten von mehr als 1.500 Euro will ein Neukauf gut überlegt sein. Den Flamingo im Online-Shop findet Marcel als Zweitkostüm ganz witzig. Oder soll es doch lieber ein (Braunschweiger) Löwe sein? Wichtiger als die äußere Hülle ist sowieso die innere Einstellung. Andere zum Lächeln bringen, damit kennt Marcel sich aus.

Dieser Artikel erschien zuerst bei der „Neuen Braunschweiger“.