Braunschweig. Künftig hat jedes Grundschulkind Anspruch auf Ganztagsbetreuung – wie gut ist Braunschweig darauf vorbereitet?

An den Grundschulen in Braunschweig endet der Unterricht mittags. Aufgrund ihrer Berufstätigkeit sind viele Eltern auf eine Betreuung ihrer Kinder auch am Nachmittag angewiesen. Vor einem Jahr hat der Bund das Ganztagsförderungsgesetz beschlossen: Eltern haben künftig einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Grundschulkinder.

Der Rechtsanspruch greift ab dem Schuljahr 2026/27 für den ersten Jahrgang und wird dann jährlich um einen Jahrgang ausgeweitet. Ab dem Schuljahr 2029/30 besteht somit für alle Grundschulkinder ein Recht auf ganztägige Betreuung.

Die Stadt Braunschweig arbeitet seit Jahren daran, alle Grundschulen zu Ganztagsschulen auszubauen. 20 von 39 städtischen Grundschulen sind bereits im Ganztagsbetrieb. Der Rat der Stadt hatte 2017 beschlossen, dass in Braunschweig jedes Jahr zwei weitere Grundschulen Ganztagsschule werden sollen.

Alle Grundschulen sollen zu Ganztagsschulen ausgebaut werden

Angestrebt war ursprünglich eine Versorgungsquote von 60 Prozent: Das heißt, dass für 60 Prozent der Grundschüler ein Platz in der Nachmittagsbetreuung zur Verfügung stehen sollte. Dieses Ziel wurde 2020 erreicht. Da der Bedarf jedoch weiterhin steigend ist, hat die Politik in diesem Jahr nachgebessert: Die Zielquote wurde auf 80 Prozent erhöht. Damit sollte der Bedarf gedeckt sein.

Neun weitere Grundschulen in der Stadt sollen in den nächsten drei bis vier Jahren den Ganztagsbetrieb aufnehmen (siehe Faktenbox). In der Regel sind bauliche Maßnahmen nötig: Ganztagsschulen benötigen unter anderem eine Mensa und einen größeren Freizeitbereich.

Die Grundschule in Stöckheim wird zur Ganztagsschule ausgebaut und benötigt eine Mensa. Erster Spatenstich war im Juli.
Die Grundschule in Stöckheim wird zur Ganztagsschule ausgebaut und benötigt eine Mensa. Erster Spatenstich war im Juli. © Braunschweiger Zeitung | Bernward Comes

Da es noch mindestens zehn Jahre dauern wird, bis alle Grundschulen im Ganztagsbetrieb sind, gibt es eine Übergangslösung: An allen Grundschulen, die noch nicht Ganztagsschule sind, werden Kinder nachmittags im Hort oder in der Schulkindbetreuung betreut – die Nachmittagsbetreuung liegt in diesem Fall in der Hand freier Träger wie der Awo, der Caritas oder der Kirche.

Die Stadt hat in den letzten zwei Jahren 500 neue Betreuungsplätze geschaffen

Da die Nachfrage das Angebot an Betreuungsplätzen übersteigt und die Stadt künftig den Rechtsanspruch erfüllen muss, werden weiterhin jedes Jahr zusätzliche Schuki-Gruppen genehmigt: Die freien Träger beantragen bei Bedarf zusätzliche Gruppen, die Politik entscheidet, wo tatsächlich Plätze geschaffen werden.

In den Jahren 2020 bis 2022 wurden, beziehungsweise werden insgesamt rund 500 neue Betreuungsplätze eingerichtet. Um die Versorgungsquote von 80 Prozent zu erreichen, rechnet die Verwaltung mit der Schaffung von insgesamt 1200 Betreuungsplätzen. Stadtsprecher Adrian Foitzik: „In diesem Zusammenhang wird die Bevölkerungsentwicklung im Blick behalten, so dass zum Beispiel bei einer eventuell steigenden Zahl von Kindern im betreffenden Alter nachgesteuert werden kann.“

In Watenbüttel/Völkenrode ist die Betreuungsquote derzeit am niedrigsten

Die Versorgungsquote variiert von Schulbezirk zu Schulbezirk. Die Grundschule Watenbüttel/Völkenrode weist aktuell mit 49,1 Prozent laut Verwaltung die geringste Versorgungsquote auf. Eine weitere Betreuungsgruppe wird derzeit eingerichtet, damit wird die Quote auf 50,5 Prozent steigen. Weitere Schulbezirke mit einer Versorgungsquote von unter 60 Prozent sind die Bezirke Gliesmarode, Schunteraue, Veltenhof, Querum und Wenden.

Der Ausbau an sich kommt recht gut voran, ein großes Problem aber ist der Fachkräftemangel. Foitzik dazu: „Besonders im Bereich der Erzieherinnen und Erzieher kommen Nach- und Neubesetzungen kaum noch zustande, so dass hier mit anderen Lösungen gearbeitet werden muss.“ Auch die Nachfrage für Beschäftigungsverhältnisse für Unterstützungskräfte sinke kontinuierlich.

Ein großes Problem: Es fehlen Erzieher und Sozialpädagogen

In den Schulkindbetreuungsangeboten der Stadt gebe es zur Zeit 15 vakante Stellen, darunter Teilzeitstellen, und somit eine Fehlquote von zirka 14 Prozent. Auch bei den Freien Träger der Jugendhilfe häufen sich laut Foitzik die Vakanzen. Die Verwaltung geht ihm zufolge davon aus, dass es stadtweit rund 10 Prozent unbesetzte Stellen in der Schulkindbetreuung gibt.

Das Problem ist ein bundesweites: Die Bertelsmann-Stiftung hat soeben in einer Studie ermittelt, dass für die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung bis Ende des Jahrzehnts Zehntausende Erzieher und Sozialpädagogen fehlen.

In Zahlen:

- 20 Ganztagsgrundschulen gibt es bereits in Braunschweig. Für sechs weitere Schulen hat der Verwaltungsausschuss bereits ein Raumprogramm beschlossen, sodass die Planungen für die Baumaßnahmen bereits angelaufen und teilweise auch schon sichtbar sind: Grundschule Rautheim (geplanter Start des Ganztags im Schuljahr 2023/24), Bültenweg, Melverode, Stöckheim einschließlich Leiferde (alle 2024/25), Querum und Schunteraue (beide 2025/26).

- Die Grundschulen Broitzem und Wenden sollen ebenfalls 2025/26 mit dem Ganztag beginnen. Zum gleichen Zeitpunkt soll die künftige Grundschule im Westlichen Ringgebiet als Ganztagsschule an den Start gehen. Die Stadtverwaltung merkt an: „Da der Beginn der Aufnahme des Ganztagsbetriebs immer auch vom Planungs- und Baufortschritt abhängig ist, kann es noch zu terminlichen Verschiebungen kommen.“

- Erklärtes Ziel ist es, alle Grundschulen in Braunschweig nach und nach zu Ganztagsschulen auszubauen. Für folgende 11 Grundschulen gibt es zurzeit noch keinen Beschluss; die Beschlüsse sollen sukzessive erfolgen: Gliesmarode, Lindenberg, Hinter der Masch, Völkenrode/Watenbüttel, Mascheroder Holz, Volkmarode, Edith Stein, St. Josef, Hondelage, Timmerlah und Veltenhof. Über die Umwandlung von Schulen in Ganztagsschulen entscheidet der Verwaltungsausschuss Braunschweig. Genehmigt werden diese Entscheidungen vom Regionalen Landesamt für Schule und Bildung.

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