Braunschweig. Die FDP fordert eine Einwohnerbefragung zum Stadtbahn-Ausbau. Was halten die großen Fraktionen im Rat der Stadt von diesem Vorstoß?

Der große Straßenbahn-Ausbau in Braunschweig soll handfest werden. Für die Trasse durch Volkmarode ist geplant, möglichst noch in diesem Jahr einen Förderantrag zu stellen. Doch das geht der FDP jetzt zu schnell. Bevor der Rat entscheidet, ob ein Antrag gestellt wird, sollen die Trassenpläne auf den Prüfstand, fordert die Fraktion. Es soll eine Einwohnerbefragung geben.

Überraschend kommt das nicht. Die Befragung war bereits im FDP-Kommunalwahlprogramm 2021 angekündigt worden. „Wir arbeiten das nun ab“, sagt dazu FDP-Ratsherr Mathias Möller. Bürgerbefragung heißt: Der Rat soll beschließen, dass die Braunschweiger zu den Urnen gerufen werden.

FDP: Für so ein Großprojekt braucht es eine breite Unterstützung

Einen Antrag dazu hat die FDP bereits formuliert: Vorberatung im Ausschuss für Mobilität, Tiefbau und Auftragsvergaben Mitte September. Entscheidung im Rat am 27. September. Wie die Frage der Bürgerbefragung lautet, soll später festgelegt werden. Nur Ja und Nein wären als Antwort möglich. Einen Vorschlag macht die FDP nicht.

Was allerdings heißt: Bürgerbefragung und die Landtagswahl am 9. Oktober können nicht zusammenfallen. Es müsste einen zweiten Urnengang geben. Möller sagt dazu: „Das war im Jahr 2011, als es eine Befragung zum Ausbau des Eintracht-Stadions gab, ebenso.“ Zu den Gründen, den Urnengang zu beantragen, sagt Möller: „Für ein solches Großprojekt braucht es eine breite, legitimierte Unterstützung aus der Bevölkerung.“

FDP will die Bürger über alle sechs Trassen abstimmen lassen

An den Ergebnissen der Bürgerbeteiligung in Volkmarode zweifelt der Ratsherr zwar nicht. Es soll aber nicht über eine einzelne Trasse abgestimmt werden, sonder über alle sechs geplanten Trassen. Die Trassen sollen nach Volkmarode, Rautheim, Querum, Lamme/Kanzlerfeld, Heidberg sowie durch die westliche Innenstadt führen.

Im Antrag heißt es: Die ÖPNV-Situation könnte dadurch „massiv verbessert werden, das Gesicht mancher Straße wird sich aber stark verändern. Die Kosten liegen im dreistelligen Millionenbereich und die Baumaßnahmen werden belastend sein, aber der volkswirtschaftliche Nutzen ist laut Standardisierter Bewertung gegeben.“

Die „roten Linien“ der CDU

Allerdings: Die FDP verfügt nur über 3 von 54 Sitzen im Rat und benötigt Unterstützung. Ob sie von der CDU kommt, Braunschweigs größter Oppositionsfraktion, ist wegen der Sommerpause unklar. Fraktionsvorsitzender Thorsten Köster ist persönlich der Meinung: „Mit uns ist der Antrag nicht abgestimmt. So einen Antrag stellt man auch nur, wenn man die Straßenbahn verhindern will.“

Zwar habe auch die CDU habe Vorbehalte und „rote Linien“. Es gehe um Kosten, um die Bäume in Lehndorf und den Naturschutz bei Querum. „Aber klar ist auch, dass wir die Straßenbahn brauchen, wenn mehr Menschen mit dem ÖPNV fahren sollen.“ Als Beispiel nannte Köster: „Wird die Straßenbahn nicht verlängert, werden die Rautheimer noch Jahrzehnte am Krematorium in die Straßenbahn umsteigen müssen.“

Grüne: Vorschlag der FDP hat nichts mit konstruktiver Mitarbeit zu tun

Von den Grünen ist kein Entgegenkommen beim FDP-Vorstoß zu erwarten. Fraktionsvorsitzende Lisa-Marie Jalyschko verweist auf die Kooperationsvereinbarung von SPD und Grünen im Rat aus Dezember 2021. Dort heißt es: „Wir bekennen uns zur vollständigen Umsetzung des Stadtbahnausbaukonzeptes. Wir wollen prüfen, wo und wie ein schienengebundenes ÖPNV-Angebot über die Stadtgrenzen hinaus möglich ist.“

Persönlich sei sie der Ansicht: „Es ist tatsächlich ein gewaltiges Vorhaben. Doch an der Bürgerbeteiligung gibt es nichts auszusetzen.“ Es gebe keinen Grund, ein „laufendes Verfahren stoppen zu wollen. Der Vorschlag der FDP hat nichts mit konstruktiver Mitarbeit im Rat zu tun.“

Oberbürgermeister will schnellen Erfolg

Auch Oberbürgermeister Thorsten Kornblum, er unterzeichnete das Wahlprogramm der SPD, sieht keinerlei Handlungsbedarf: „Jeder wusste, wofür die Parteien stehen, die sich im September 2021 zur Kommunalwahl stellten. Natürlich arbeiten wir daran, Beteiligungsverfahren stets zu verbessern. An der Bürgerbeteiligung zum Straßenbahn-Ausbau gibt es allerdings nichts auszusetzen. Im Gegenteil. Dafür werden wir sogar überregional gelobt.“ Seine Meinung: „Verkehrswende und Klimaschutzziele werden sich nur mit dem ÖPNV-Ausbau erreichen lassen. Der Streckennetz-Ausbau ist förderfähig. Wir werden mit Hochdruck an einem schnellen Erfolg arbeiten.“

Lesen Sie auch: