Braunschweig. Die Module sollen in Leiferde dort stehen, wo der Boden besonders fruchtbar ist. Der Bezirksbürgermeister ist gegen die Pläne.

Die Strommenge aus erneuerbaren Energien soll in Braunschweig sprunghaft steigen. Bei Leiferde ist auf einer Fläche von 51 Hektar eine riesige Solarfarm geplant. Ein Selbstläufer wird das Vorhaben jedoch nicht. Heftige Kritik gibt es bereits: Der Standort sei falsch.

Leiferdes Bezirksbürgermeister Matthias Disterheft macht keinen Hehl daraus, dass er von den Solarfarm-Plänen nichts hält. Er spricht von „Flächenfraß“. Die geplante Anlage ist tatsächlich riesig. An der Straße Burg sollen später die Module auf einer Länge von etwa 770 Metern stehen. Zum Vergleich: Die Güldenstraße, die Europaplatz und Radeklint verbindet, ist nur rund 100 Meter länger.

Was Disterheft besonders kritisiert: Die Anlage sei ausgerechnet dort geplant, wo die Äcker besonders fruchtbar sind. „Das Projekt ist nicht nachhaltig. Wird die Anlage gebaut, entziehen wir uns die Nahrungsgrundlage und zahlen am Ende doppelt drauf.“

Die Solar-Farm bei Leiferde soll auf einer Fläche von 51 Hektar entstehen.
Die Solar-Farm bei Leiferde soll auf einer Fläche von 51 Hektar entstehen. © Jürgen Runo

Wie gut Böden sind, ermittelt Niedersachsens Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie. Das Niedersächsische Bodeninformationssystem, kurz NIBIS genannt, gibt Auskunft. Bodenzahlen werden ermittelt. Mit der Schätzung der Bodenzahl wird die natürliche Ertragsfähigkeit der Böden in Zahlen wiedergegeben. Ein kompliziertes System mit Zu- und Abschlägen, das zum Beispiel auch Klima- und Wasserverhältnisse, Geländegestalt oder Steingehalt des Bodens berücksichtigt. Je höher die Bodenzahl ausfällt, desto ertragreicher ist der Boden.

Höchst unterschiedliche Bodenqualitäten finden sich im Planungsgebiet der Solarfarm.
Höchst unterschiedliche Bodenqualitäten finden sich im Planungsgebiet der Solarfarm. © Jürgen Runo

Für die Fläche der geplanten Solarfarm weist die NIBIS-Datenbank unterschiedliche Bodenqualitäten aus. Direkt an der Straße Burg finden sich Flächen, von denen es heißt: „Für intensive Ackernutzung im Frühjahr gelegentlich zu feucht.“ Entsprechend gering ist die Bodenzahl.

Sehr gute Böden sind rar im Stadtgebiet

Ganz anders sieht es jedoch im sogenannten Gleisdreieck aus. Die Flächen liegen zwischen den Eisenbahntrassen, die Braunschweigs Hauptbahnhof mit Wolfenbüttel und Salzgitter verbinden. Die Äcker dort sind äußerst ertragreich. Ähnlich gute Böden lassen sich großflächig in Braunschweig nur noch an der Stadtgrenze bei Geitelde finden.

Leiferdes Bezirksbürgermeister fordert, andere Flächen zu nutzen, oder Landwirtschaft und Solarstrom-Erzeugung per Agri-PV zu vereinbaren. Solarwände könnten Landwirtschaft weiter möglich machen. Denkbar ist auch, die Solarmodule in einer so großen Höhe anzubringen, dass darunter auch große Landmaschinen Platz finden.

Modulständer werden in den Boden gerammt

Die SESP Solar Projects GmbH & Co. KG aus Schladen hat andere Pläne. Es sollen kein Fundamente gegossen werden, um Solarmodule in großer Höhe sicher zu befestigen. Die Modulständer sollen lediglich in den Boden gerammt werden. Geschäftsführer Michael von Loh hält auch nichts von Solarwänden: „Stehen Solarmodule senkrecht, ist ihr Ertrag sehr niedrig. Der Ertrag wird weiter geschmälert, wenn die Abstände zwischen den Solarwänden so groß ausfallen, dass zwischen ihnen riesige Landmaschinen Platz finden.“

Die Güte des Bodens war im Vorjahr ein wesentlicher Grund, dass die Solarfarm-Pläne von der Stadtverwaltung abgelehnt wurden. Die Abwägung von Für und Wider hat sich aber jetzt geändert. Ein neues Gesetz wurde verabschiedet. Susanne Ungrad, Sprecherin Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: „Zur Beschleunigung des Ausbaus von erneuerbaren Energien greift ab 29. Juli der Grundsatz, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Damit haben erneuerbare Energien bei Abwägungsentscheidungen Vorfahrt.“

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