Braunschweig. Die Stadt Braunschweig lobt bei einem Empfang im Altstadtrathaus die Gedenkstättenarbeit, die von VW-Auszubildenden in Polen geleistet wird.

Zwei Wochen lang hatten sie im Juni in Polen in der Gedenkstätte Auschwitz gearbeitet, hatten dort Zäune repariert, Gebrauchsgegenstände der Holocaust-Opfer restauriert und Anlagen instand gehalten – jetzt wurden die VW-Auszubildenden aus Braunschweig und Salzgitter im Altstadtrathaus empfangen.

Braunschweigs Kulturdezernentin Anja Hesse dankte der Gruppe, zu der auch polnische Berufsschüler aus Kety zählten. Dass junge Menschen aus Deutschland und Polen gemeinsam eine solche Erinnerungsarbeit leisteten, bewege sie, sagte Anja Hesse. Auschwitz sei Symbol und Höhepunkt der Gräueltaten und des Völkermordes der Nationalsozialisten.

Die Auszubildenden, so die Kulturdezernentin, hätten geholfen, „Spuren des Lebens der Opfer für uns zu erhalten“. Wie erschütternd aktuell dies sei, machten Ereignisse wie die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und der Anschlag auf die jüdische Synagoge in Halle deutlich.

Als Kind habe sie sich im Schulunterricht nicht vorstellen können, dass jüdische Mitbürger in Deutschland noch einmal um ihr Leben fürchten müssten, sagte Anja Hesse. Dass dies jetzt eingetreten und möglich sei, mache deutlich, wie wichtig der Gedenkstätteneinsatz in Auschwitz ist. Sie dankte dafür ausdrücklich Volkswagen, das sich seiner besonderen Verantwortung stelle und ihr gerecht werde.

VW veranstaltet seit den 1980er Jahren Seminare mit Auszubildenden in Auschwitz. Heute reisen aus allen deutschen VW-Standorten jährlich fünf bis sechs Gruppen von jeweils rund 15 Azubis an, um dort auch gemeinsam mit polnischen Berufsschülern zu arbeiten. Es geht um notwendige und dankbar registrierte Hilfe, damit die Gedenkstätte nicht verfällt und die Erinnerungsarbeit aufrecht erhalten bleiben kann. Es geht jedoch auch um politische Bildung. Und um Haltungen gegen Hass, Menschenverachtung und Ausgrenzung, wie sie Auszubildende aus Braunschweig und Salzgitter auch gestern wieder eindrucksvoll in persönlichen Gedanken vortrugen.

VW-Ausbildungsleiter Harald Fricke freute sich darüber und machte deutlich, dass dem in der Ausbildung bei VW auch ein pädagogisches Konzept zugrunde liege. So würden die jungen Auszubildenden zu „positiven Botschaftern“.

Betreut wurden sie in Polen von der Projektverantwortlichen Ines Doberanzke, Christoph Heubner vom Internationalen Auschwitz-Komitee und dem Ausbilder Carsten Obst. Ilona Kula, Schulleiterin des Technikums M. Kopernika im polnischen Kety, dankte für die Einbindung ihrer Schüler in das Projekt. Viele Freundschaften seien da entstanden. „Wir fühlen uns wie zuhause“, sagte sie im Altstadtrathaus.

Jann Döpke vom Bildungsausschuss des Braunschweiger VW-Betriebsrates erinnerte daran, dass auch in Braunschweig Anlass zu Wachsamkeit bestehe. Die Bedrohung des Sprechers des „Bündnisses gegen Rechts“, David Janzen, durch Rechtsradikale dürfe von der Stadtgesellschaft nicht hingenommen werden. Und angesichts des geplanten AfD-Bundesparteitags in Braunschweig wünschte sich Döpke eine „möglichst große Beteiligung an Gegendemonstrationen“.