Braunschweig. Falk Pätzold wird voraussichtlich im Februar 2020 zur „Polarstern“ reisen. Es geht um Wechselwirkungen zwischen Meereis, Atmosphäre und Wolken.

Am Freitagabend hat der deutsche Forschungseisbrecher „Polarstern“ in Norwegen abgelegt und Kurs gen Nordpol genommen. Es handelt sich um die größte Arktisexpedition aller Zeiten: 600 Frauen und Männer aus fast 20 Ländern sind daran beteiligt, darunter 300 Wissenschaftler. Ein ganzes Jahr lang wollen sie die Klimaprozesse am eisbedeckten Nordpolarmeer erforschen. Kaum eine andere Region hat sich in den vergangenen Jahrzehnten so stark erwärmt wie die Arktis – und es wird vermutet, dass dies auch starke Auswirkungen auf unser Klima hat. Ziel ist es, den Klimawandel besser zu verstehen und vorhersagen zu können. Geleitet wird die Expedition vom Alfred-Wegener-Institut (Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung).

Falk Pätzold vom Institut für Flugführung gehört zum Forscherteam.
Falk Pätzold vom Institut für Flugführung gehört zum Forscherteam. © TU Braunschweig | Marisol Glasserman

Technik-Einsatz bei minus 40 Grad

Auch die TU Braunschweig ist an der Expedition beteiligt: Das Institut für Flugführung (IFF) wird voraussichtlich ab Februar Wechselwirkungen zwischen Meereis, Atmosphäre und Wolken untersuchen. Im Einsatz sind dann zwei Geräte – die Hubschrauber-Schleppsonde „Helipod“ und der Quadrocopter „ALICE“. Wie Astrid Lampert vom IFF erläutert, ist der „Helipod“ vollgestopft mit Messtechnik: Er misst zum Beispiel Wind, Luftfeuchte, Luftdruck und Treibhausgase wie Methan und Kohlendioxid. Auch Ozon und Aerosole, also feinste Partikel in der Atmosphäre, sind im Visier der Forscher, außerdem die Sonnenstrahlung und die Wärmestrahlung des Eises sowie die Rauigkeit der Eis-Oberfläche. Der Quadrocopter soll mehrere Luftproben entnehmen.

„Die größte Herausforderung wird sein, dass alles funktioniert und nichts kaputtgeht“, sagt Lampert. Die Geräte und die Messtechnik müssen für den Einsatz in der Arktis besonders robust und gut geschützt gegen Kälte bis zu minus 40 Grad sein. „Diese Expedition ist die einmalige Gelegenheit, so nah zum Nordpol zu kommen. Denn andere Messstationen, zum Beispiel auf Spitzbergen, in Alaska oder Kanada sind so weit vom Nordpol entfernt, dass sich die Daten nicht einfach übertragen lassen.“ Ende dieses Jahres muss die Technik zum Alfred-Wegener-Institut gebracht werden, anschließend transportiert ein Eisbrecher sie zur „Polarstern“. Mit dabei ist dann auch der Wissenschaftler Falk Pätzold vom Institut für Flugführung. Er hat bereits 2017 fünf Wochen lang an einer Forschungsfahrt mit der „Polarstern“ ins Eis östlich von Grönland teilgenommen . Zur Vorbereitung der jetzigen Expedition musste er laut der TU unter anderem einen Eisbär-Sicherheitskurs sowie ein Helikopter-Notfalltraining absolvieren.

Die Hubschrauber-Schleppsonde Helipod soll meteorologische Daten messen.
Die Hubschrauber-Schleppsonde Helipod soll meteorologische Daten messen. © TU Braunschweig | Astrid Lampert

Die Auswertung der Daten erfolgt später an der TU, aber auch bei Partnern wie dem Geoforschungszentrum Potsdam, dem Alfred-Wegener-Institut und der Uni Leipzig. Gefördert wird das Projekt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die EU, die Ecki-Wohlgehagen-Stiftung und die Richard-Borek-Stiftung.

In Kürze beginnt die Polarnacht

Die „Polarstern“ wird zurzeit von dem russischen Eisbrecher „Akademik Fedorov“ begleitet. Ende nächster Woche wollen die Eisbrecher ihre Zielregion erreichen. Dann gilt es, eine geeignete Eisscholle zu suchen, in der sich die „Polarstern“ einfrieren lässt und auf der eine Forschungsstadt mit vielen Messstationen errichtet werden kann. Alles muss schnell gehen, weil schon bald die monatelange Polarnacht beginnt.

Die Besatzung der „Akademik Fedorov“ wird beim Aufbau der Messstationen helfen. Danach fährt dieser Eisbrecher wieder zurück nach Norwegen. An Bord ist auch die aus Braunschweig stammende Studentin Anika Happe (23). Sie wurde mit 19 weiteren Studenten und Nachwuchsforschern aus aller Welt für die sechswöchige Fahrt auf dem russischen Eisbrecher ausgewählt. Und auch ein ehemaliger Braunschweiger spielt bei dieser Expedition eine entscheidende Rolle: Der Leiter des Ganzen, Professor Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut, hat einst die Raabeschule besucht und an der TU studiert . Also: jede Menge Braunschweig am Nordpol.