Braunschweig. Handelsexperten sehen großzügige Eingangsbereiche als Bedingung an. Beauftragt wurden sie vom Innenstadthandel und der Braunschweig Zukunft GmbH.

Die Debatte um den Abriss der Burgpassage und den Neubau der Burggasse bekommt nochmal einen neuen Schub – und das ganz kurz bevor die Stadtverwaltung bekanntgeben wird, wie der Denkmalschutz das Burggassen-Projekt bewertet. Während sich erst kürzlich eine Interessengemeinschaft zum Erhalt der denkmalgeschützten Teile gebildet hat, legt nun die andere Seite nach: Die städtische Wirtschaftsförderung Braunschweig Zukunft GmbH verschickte am Mittwochnachmittag eine Pressemitteilung, in der ein Gutachten von Hamburger Handelsexperten zitiert wird. Die Hauptaussage: Eine großzügige Öffnung der Eingangsbereich an der Schuhstraße und am Hutfiltern, wie der Investor es beabsichtigt, sei unabdingbar. Andernfalls könne das gesamte Projekt scheitern, da Ansprüche der potenziellen Mieter kaum erfüllt werden könnten.

Der Arbeitsausschuss Innenstadt (AAI) und die Braunschweig Zukunft GmbH hatten die Handelsberatung BBE beauftragt, eine Einschätzung zu den Rahmenbedingungen der künftigen Innenstadtentwicklung und zu aktuellen Anforderungen des Einzelhandels abzugeben – vor allem mit Blick auf die Planungen zur Burggasse. Die Experten gehen darauf ein, dass der Wettbewerbsdruck auf die Innenstädte durch das Wachstum des Online-Handels in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist. Großstädte wie Braunschweig hätten dabei im Vergleich zu Klein- und Mittelstädten noch die besten Chancen, bedeutende Einzelhandelsstandorte zu bleiben.

„Voraussetzung dafür ist das Angebot zeitgemäßer Ladenkonzepte und funktionierender Wegebeziehungen innerhalb der Innenstadt“, heißt es in der Mitteilung. Führende Einzelhändler setzten auf neue Shop-Formate, die das Einkaufserlebnis in den Vordergrund stellten – und damit besondere Anforderungen an den Standort und die Gebäudestruktur hätten.

„Den Gutachtern zufolge ist die Sichtachse von den beiden Eingängen in die Burggasse hinein essenziell, um die Kundenströme entsprechend in die neue Einkaufsstraße hinein zu lenken“, so die Braunschweig Zukunft GmbH. „Nur, wenn der Innenstadtbesucher sofort erkennt, dass es sich um eine entsprechende Einkaufslage handelt, wird er diese auch aufsuchen.“ Eine gute Einsehbarkeit sei heute auch eine zentrale Anforderung seitens des Einzelhandels. Mit beengten Ein- und Ausgangsbereichen könnten potenzielle Mieter und „attraktive Konzepte, die an diese prominente Stelle der Innenstadt gehören, kaum gewonnen werden“, schreibt die Handelsberatung.

Der Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs, der anstelle eines kompletten Abrisses des Gebäudes Hutfiltern 8 eine nur noch zweigeschossige Öffnung des Eingangs vorsieht, sei der maximal vertretbare Kompromiss. Die geplante Gestaltung füge sich zudem in ihrer „Größendimensionierung sowie baulichen Ausrichtung gut in die umgebenden Gebäudeensembles ein“.

„Das Projekt Burggasse ist für die Innenstadtkaufleute von enormer Bedeutung. Es handelt sich hier um eine Investition in die Zukunftsfähigkeit eines wesentlichen Teils unserer Innenstadt“, so Olaf Jaeschke, Vorstandsvorsitzender des AAI. „Die Stellungnahme der Handels-Experten bestätigt, dass der Investor auf dem richtigen Weg ist.“ Die Neue Burggasse bilde ohne Überdachung und mit der vorgesehenen Fassadengliederung eine authentische Kulisse mit hoher Aufenthaltsqualität.

Wirtschaftsdezernent Gerold Leppa ergänzt: „Wir haben in der Vergangenheit häufig strukturell bedingte Leerstände erlebt. Der Einzelhandel muss sich mit innovativen Ladenkonzepten gegen das Online-Geschäft behaupten und stellt daher hohe Anforderungen an die Gebäudestruktur und das Gesamtbild einer Einkaufslage. Wir alle wollen eine erlebenswerte Innenstadt. Dazu gehören in Braunschweig zweifelsohne insbesondere viele historisch wertvolle Gebäude. Aber ohne starken Einzelhandel, attraktive Gastronomie und weitere frequenzbringende Dienstleistungen wird die Innenstadt auf lange Sicht an Anziehungskraft verlieren“, so Leppa. Deshalb müssten diesen Betrieben bestmögliche Rahmenbedingungen geboten werden. Insgesamt seien diese Belange mit dem Denkmalschutz abzuwägen. „Das Projekt muss für Besucher, Mieter und Investor auch so attraktiv sein, dass sich diese Schlüsselinvestition für die westliche Innenstadt lohnt. Ist das nicht der Fall, dann droht Leerstand, über die Dauer will ich noch gar nicht spekulieren.“

Investor ist die Development Partner GmbH aus Düsseldorf. Das Unternehmen will rund 90 Millionen Euro investieren.