Bad Sachsa. Kommentar: Die Feuerwehren im Harz dürfen nicht überlastet werden, die Gesellschaft muss umdenken, meint Redakteur Thorsten Berthold.

Wir alle sind zu bequem geworden – erst recht, wenn es um Krisen geht. Was ich damit meine? Die Vollkasko-Mentalität, sprich, wenn mich irgendwas belastet, wird sich schon irgendwer darum kümmern. Und wenn irgendjemand diese Entwicklung nicht nur bestätigen, sondern im wahrsten Sinne des Wortes spüren kann, dann sind es die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren.

Feuerwehren im Harz sind nicht die billigen Arbeitskräfte

Nicht umsonst explodieren wie in der Gemeinde Walkenried die Einsatzzahlen immer mehr. Ein Ast liegt über die Straße, die Feuerwehr wird gerufen; eine Tür geht nicht auf, der Keller ist voll Wasser – wähle 112, und dann kommt schon wer. Ich kenne sogar eine Geschichte, bei denen eine Wehr einen Anruf im Depot erhielt und jemand nachfragte, wann sie beim Anrufenden vorbeikommen könnten, um diesem die neue Waschmaschine in den Keller zu tragen. Oder erst jüngst beim Hochwasser mussten sich die Einsatzkräfte im Südharz die Frage eines Hauseigentümers gefallen lassen, warum sie dessen Keller zwar ausgepumpt, aber nicht noch komplett trockengewischt hätten.

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Natürlich sind die meisten Menschen bei uns in der Region immer noch überwiegend dankbar und nicht unverschämt, wenn sie Hilfe erhalten. Aber das ändert nichts daran, dass die Anzahl der Einsätze immer mehr ansteigt. Speziell der Klimawandel mit Auswirkungen wie den Stürmen, Hochwasser oder gar Waldbränden werden die Einsatzkräfte immer stärker belasten. Doch nicht jeder Notfall muss zwingend einer für die Feuerwehr sein.

Rettungsdienst und Straßenmeistereien müssen Lösungen finden

Insofern hat Walkenrieds Gemeindebrandmeister Tobias Mielke in seiner Bilanz einen wichtigen Punkt getroffen: Er prangerte an, dass die Feuerwehr nicht dafür da ist, dass die Straßen stets frei sind – dafür gibt es ja die Straßenmeistereien sowie Bauhöfe der Kommunen. Und auch wenn der Rettungsdienst die Tür nicht aufkriegt oder Personen zum Tragen von Kranken aus schwierigen Lagen braucht, sind nicht die Wehren die ersten Ansprechpartner. Dort muss man sich Gedanken machen, wie man diesen gestiegenen Einsätzen Herr wird, wie man die Feuerwehr entlastet – oder zumindest auch angemessen finanziell entlohnt. Wobei der Fokus ganz klar nicht auf dem Thema Geld, sondern auf der Entlastung liegen muss.

Wir als Gesellschaft können und dürfen dem Ehrenamt nicht immer mehr aufbürden, sonst werden sich deren Mitglieder kurz oder lang zurückziehen. Und man darf auch eines nicht vergessen: Es gibt in Deutschland einfach keinen Plan B zur Freiwilligen Feuerwehr vor Ort. Sie stellen den Brandschutz sicher und übernehmen noch viele weitere Aufgaben.

Appell: Wer kann, sollte im Ehrenamt im Harz mitmachen

Doch damit das klappt, müssen sich die Menschen bewusst werden, dass nur sie selbst in ihren Städten und Gemeinden schaffen können, dass das so bleibt. Jeder der nur irgendwie kann, sollte sich zwingend überlegen, ob er seinen Beitrag bei der Einsatzabteilung einer Feuerwehr leisten kann, oder beim DRK, THW, usw. Und wenn schon nicht aktiv, dann zumindest als förderndes Mitglied. Nur so können wir auch in Zukunft darauf bauen, dass im Fall des Notfalles auch Hilfe kommt.

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