Bad Lauterberg. Lügen, Kalkül, Konzeptlosigkeit: Aussprache über das Zahlenwerk wird zum Showdown zwischen dem Bürgermeister und den Ratsfraktionen.

Der Haushaltsplan 2023 der Stadt Bad Lauterberg ist beschlossen. Einstimmig votierten die Mitglieder des Stadtrates für exakt das Zahlenwerk, das bereits Anfang Juli zur Vorlage lag, aber vertagt wurde. Was nach Einigkeit klingt, gestaltete sich in der Sitzung als wahrer Showdown zwischen Verwaltung und Politik, wie auch untereinander zwischen den Fraktionen: Sinnlose Verzögerungen, parteipolitisches Kalkül, Konzeptlosigkeit, Spielen mit Existenzängsten und gar Lügen warf man einander vor. Trotz dieser gegenseitigen Attacken zeigten sich Politik und Verwaltung auf Nachfragen aus der Bevölkerung in einem Punkt aber einig: Alle wollen dafür sorgen, dass das Erlebnisbad Vitamar erhalten bleibt.

Kämmerer erklärt: Haushalt ist unverändert zur Vorlage Anfang Juli

Über die reinen Zahlen, die den Haushalt 2023 ausmachen, wurde in der Abstimmung mit Ausnahme der bekannten und notwendigen Finanzspritze für das Vitamar so gut wie gar nicht gesprochen. „Ihnen liegt die unveränderte Fassung aus dem Juni vor, daher habe ich auch keine weiteren Erläuterungen“, fasste Kämmerer Carsten Jockisch kurz und knapp zusammen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ingo Fiedler untermauerte noch einmal das, was seine Fraktion bereits in einer Stellungnahme im Vorfeld der Sitzung betont hatte: Man werde dem Haushalt zustimmen, auch da aus ihrer Sicht in der Zwischenzeit einiges passiert sei. Der Bürgermeister habe sich mit den Ortsbürgermeistern getroffen und Differenzen besprochen, die Ortsräte konnten ordnungsgemäß über den Haushalt beraten, die SPD-Fraktion habe drei Fraktionssitzungen abgehalten, das Vitamar besichtigt und dabei sich technisch und wirtschaftlich erläutern lassen. Insbesondere seien aber drei Forderungen erfüllt worden: Ein Zukunftskonzept seitens des Bürgermeisters sei zugesichert worden, die Ortsräte würden ein Budget erhalten und die Stelle des Jugendpflegers werde nachbesetzt. „Es ist zwar nicht das Optimum, aber wir wollen den Haushalt nicht blockieren, deswegen stimmen wir zu“, sagte Fiedler.

CDU: „Existenzängste leichtfertig in Kauf genommen“

„Ich bin begeistert, dass die SPD jetzt wirklich zustimmt“, erklärte Christian Schäfer für die CDU-Fraktion. „Ich bin aber schockiert, wie leichtfertig man mit Existenzängsten umgeht und auch mit einer Insolvenz“, führte er mit Blick auf die notwendigen Gelder für das Vitamar aus. Ein Bad sei immer ein Zuschussgeschäft und er hätte sich gefreut, wenn die anderen Fraktionen dem Haushalt bereits eher zugestimmt hätten. Auch mit Blick darauf, dass der Großteil des Zahlenwerkes durch vertragliche oder rechtliche Verpflichtungen vorgegeben sei.

Volker Hahn erklärte, dass die Wählergruppe im Rat dem Haushalt nicht zustimmen werde. Seine Kritik mache er unter anderem daran fest, dass sich seit Anfang Juli nichts am Haushalt getan habe. Zudem habe es keinen Informationsfluss gegeben seitens der Verwaltung hin zu den Fraktionen. Mit Blick auf steigende Kosten bei den Pflichtaufgaben, bei Kindertagesstätten, der Energie, den Straßen und einhergehend steigenden Zinsen wollte er wissen: „Wie wollen wir das schultern? Wir werden keine günstigen Kredite mehr erhalten. Wie wollen wir also die notwendigen Gelder aufbringen?“ Und gerade aus diesem Grund fehle seiner Fraktion das Konzept für das Vitamar. „Wir können nicht immer warten, bis erst der neue Kämmerer und nun ein neuer Geschäftsführer da ist, das ist nicht akzeptabel.“ Da der Haushalt ansonsten aber ordentlich aufgestellt sei, werde die Wählergruppe diesen nicht ablehnen, sondern sich enthalten.

Bürgermeister wirft Parteien Kalkül vor

Deutlich seinen Ärger Luft machte Bürgermeister Rolf Lange (CDU) über die Aussagen der Fraktionen zum Haushalt. „Ich kann nur mein Unverständnis äußern über diese sinnlose Vertagung aus dem Juli.“ Das Einzige, was diese Vertagung gebracht habe, sei eine unnötige Verzögerung um zwei Monate. Das sogenannte „Eckpunktepapier“ oder der „Kompromiss“, den die SPD-Fraktion vorgelegt habe, beinhaltet nichts, was nicht schon vorher geklärt war oder mit dem Haushalt 2023 zu tun habe. Zwei der vier seien im Vorfeld mit der Kommunalaufsicht zusammen mit dem Kämmerer geklärt, „und dies wurde der Politik im Vorfeld der letzten Ratssitzung in allen Ausschüssen und dem VA so mitgeteilt. Die anderen beiden Punkte haben mit dem Haushalt 2023 nichts zu tun, sondern beziehen sich auf den 2024er-Haushalt. Demzufolge kann man hier weder von einem Kompromiss noch einem Durchbruch sprechen.“

Es handele sich dabei um eine rein parteipolitisch geprägte Entscheidung, die zum einen der Sache in keinster Weise dienlich sei, zum anderen der Stadt Bad Lauterberg und damit auch den Einwohnerinnen und Einwohnern einen – wenn auch kleinen – Schaden zugefügt habe. Genannt seien dabei die verzögerten Stellenausschreibungen, da der Stellenplan Teil des Haushaltes ist und damit ebenfalls noch nicht rechtskräftig. Weiter konnten Investitionen in bereits begonnene Projekte nur verzögert auf Antrag durchgeführt werden (Feuerwehr). Auch Anschaffungen von diversen Produkten konnten nicht durchgeführt werden. Diese hätten ebenfalls zu einer deutlichen Verbesserung der sowieso schon knappen personellen Ressourcen innerhalb der Verwaltung geführt.

Diese Aussagen stellten wiederum für Ingo Fiedler ein „Unding“ dar. Die Verzögerung der Entscheidung sei nicht der Wunsch seiner Fraktion gewesen. Man hätte eine Sondersitzung schon vor sechs Wochen abhalten können, doch seitens der Verwaltung sei dies nicht zustande gekommen. Zudem seien viele der Punkte, die sich jetzt im Haushalt wiederfänden, vorher nur mündliche Zusagen gewesen und jetzt erst schriftlich fixiert. Sein Fazit: „Irgendeiner muss hier was Falsches erzählen.“

Mehr Besucher im Vitamar im Juli

Lange entgegnete dem, dass es eben sehr wohl so gewesen sei, dass im Juni noch so aussah, dass im September die Insolvenz des Bades drohe. „Wir hatten allerdings den besten Juli seit Jahren von den Besucherzahlen, was die Lage deutlich entspannt hat, die Mittel reichen jetzt bis Oktober. Das konnte im Juni aber niemand wissen.“

Volker Hahn betonte abschließend, dass er es als anmaßend empfinde, „wenn jemand allein darüber entscheiden möchte, was richtig und falsch ist.“ Er blieb auch dabei, dass Informationen seitens der Verwaltung entweder spät oder gar nicht erfolgten.

Einstimmig bei vier Enthaltungen seitens der Mitglieder der Wählergruppe wurde der Haushalt 2023 der Stadt Bad Lauterberg letztlich angenommen.

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