Ist der Wagner-Chef Prigoschin ein Verräter? Laut “Washington Post“ wollte er russische Armee-Stellungen an die Ukrainer weitergeben.

Der Chef der Söldnergruppe Wagner durfte sich bisher einiges leisten. So nennt Jewgenij Prigoschin schon einmal den russischen Verteidigungsminister Schoigu und andere Armeeführer "Hurensöhne", wenn ihm angeblich nicht genügend Munition geliefert wurde. Bisher kommt er damit unbeschadet davon, wohl auch weil seine Wagner-Söldner neben den regulären russischen Streitkräften eine wichtige Rolle im Ukraine-Krieg spielen. Doch jetzt könnte Prigoschin mit einem Angebot zu weit gegangen sein.

Laut einem Medienbericht der "Washington Post" soll Prigoschin dem ukrainischen Militär-Geheimdienst Informationen zur Position der regulären russischen Truppen angeboten haben. Im Gegenzug verlangte er demnach, dass die ukrainische Armee sich aus der Gegend um Bachmut zurückziehe. Das Angebot habe er laut Bericht im Januar dieses Jahres gemacht, einer Zeit in der die Wagner-Söldner heftige Verluste in Bachmut erlitten.

Die "Washington Post" beruft sich auf US-Geheimdienst-Dokumente, die aus dem sogenannten Discord-Leak stammen. Welche genauen russischen Positionen Prigoschin an die Ukrainer verraten wollte, gehe aus den Dokumenten allerdings nicht hervor.

Am Montag wies die russische Führung den Medienbericht der "Washington Post" zurück. Das Präsidialamt in Moskau gehe von einer Fälschung aus, heißt es. Prigoschin selbst bezeichnete die Enthüllungen als Unsinn.

Prigoschin-Angebot: Ukrainer wollten dem Wagner-Chef nicht vertrauen

Zwei ukrainische Beamte bestätigten der "Washington Post" allerdings, dass Prigoschin mehrere Male mit dem ukrainischen Geheimdienst HUR gesprochen habe. Einem ukrainischen Beamten zufolge soll Prigoschin das Angebot sogar mehrere Male unterbreitet haben, wurde aber immer wieder abgewiesen. Kiew habe dem Söldner-Anführer und seinem Tauschgeschäft schlicht nicht vertraut. Ein amerikanischer Beamter habe gegenüber der Zeitung von ähnlichen Bedenken in Washington berichtet.

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Laut dem Bericht habe sich Prigoschin wiederholte Male mit dem ukrainischen Geheimdienst im Ausland getroffen, während er sich in offenem Streit mit der Armeeführung der regulären Streitkräfte befand. Die "Washington Post" weist in ihrem Bericht daraufhin, dass es zu Kriegszeiten durchaus üblich sei, Kontakt zum Gegner zu halten. Außerdem gebe es in den geleakten Dokumenten Indizien, dass der Kreml und Putin durchaus von Prigoschins Geheimdienst-Gesprächen wisse.

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Die ostukrainische Industriestadt Bachmut ist seit Monaten heftig umkämpft, die Wagner-Söldner nahmen auf russischer Seite eine zentrale Rolle in diesem Kampf ein. Prigoschin beklagte allerdings immer wieder fehlende Unterstützung durch das russische Verteidigungsministerium sowie den Armee-Generalstab. Zuletzt prangerte er insbesondere einen Mangel an Munition für seine Kämpfer an und drohte dabei auch mit dem Abzug der Wagner-Gruppe aus Bachmut. (os/dpa)

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