Braunschweig. Der neue Mietspiegel wird ab September gelten. Der Verein Haus+Grund hat eine Klage angekündigt.

Zähneknirschend hat der Rat der Stadt dem neuen Mietspiegel zugestimmt. Er sieht eine Erhöhung der Braunschweiger Durchschnittsmiete um 19 Prozent vor. Überraschend wurden kurz vor der Abstimmung noch Änderungen vorgenommen. Dies sei der „Sargnagel“ für den neuen Mietspiegel, wie der unzufriedene Eigentümerverein Haus+Grund meint. Der Verein will vor Gericht ziehen.

Die Ratsfraktionen machten keinen Hehl daraus, höchst unglücklich zu sein, einer Erhöhung zum 1. September um 19 Prozent zustimmen zu müssen. Gisela Ohnesorge (Linke) rief in Erinnerung, dass Wohnen bereits heute einen großen Anteil am Einkommen ausmache. Wobei mit einem weiteren Anstieg der Nebenkosten durch höhere Energiepreise zu rechnen sei.

Die höheren Mieten mögen angemessen sein, so Lisa-Marie Jalyschko (Grüne), „sie lassen aber schlucken“. Mietsteigerungen würden zur Norm. Ein Ansporn, „die Anstrengungen zu erhöhen, mehr preiswerten Wohnraum in Braunschweig zu schaffen“.

Kein Lage-Zuschlag für den Bebelhof

Unisono wurde von der Politik aber begrüßt, dass die Beschlussfassung des Mietspiegels erneut geändert wurde. Ursprünglich war vorgesehen: Im gesamten Stadtbezirk Mitte sollte ein Aufschlag von zehn Prozent möglich sein. Der Bezirk ist jedoch höchst heterogen aufgestellt. Er umfasst die Innenstadt, zusätzlich aber auch Viewegsgarten und Bebelhof. Im Bebelhof, so nun der Beschluss, soll kein Aufschlag von zehn Prozent möglich sein. Das sei richtig, so zum Beispiel Ratsfrau Jalyschko: Der Bebelhof sei „eher sozialer Brennpunkt als bevorzugte Wohnlage“.

Auf kein Verständnis traf, dass Haus+Grund den Mietspiegel vor Gericht überprüfen lassen will. Carsten Lehmann (FDP) meinte jedoch, es wäre besser gewesen, eine Lösung zu finden, mit der auch der Eigentümer-Verein einverstanden gewesen wäre.

Das meint auch Andreas Meist, Geschäftsführer Haus+Grund: „In diesem Fall hätte der gegenwärtige Mietspiegel übergangsweise weiter Bestand.“ Das sei im Jahr 2014 schon einmal in Braunschweig der Fall gewesen. Meist betrachtet die Herausnahme des Bebelhofs als „Sargnagel für den beschlossenen Mietspiegel“. Grund: „Damit ein Mietspiegel den Anspruch der Richtigkeit erheben kann, muss er nach wissenschaftlichen Kriterien erhoben werden. Welche Gründe es sind, dass von den Ergebnissen des Instituts, das die Daten erhoben hat, auch hier abgewichen wird, ist unklar.“

Haus+Grund plant einen Musterprozess

Haus+Grund, ein Vorstandsbeschluss ist bereits gefasst, will einen Musterprozess gegen den Mietspiegel führen. Ein Ansatzpunkt, so Meist: „Die Datenerhebung zum Mietspiegel zeigte: In der Weststadt hätte es einen Miet-Abschlag geben müssen. Das wurde ignoriert.“ Der Geschäftsführer trat der Auffassung entgegen, nur Haus+Grund hätte in dieser Hinsicht Bedenken: „Auch der Mieterverein ist dieser Auffassung.“

Unklar ist auch, ob an der Braunschweiger Praxis festgehalten werden kann, in zwei Jahren die Vergleichsmieten des Mietspiegels einfach um den Anstieg der Verbraucherpreise zu erhöhen. Die jährlichen Steigerungen betrugen zuletzt ein bis zwei Prozent. Allein in diesem Jahr wird jedoch mit einem Anstieg von etwa sieben Prozent gerechnet. Meist meint: „In der Vergangenheit profitierten Mieter von geringen Verbraucherpreisen, künftig die Vermieter von hohen Verbraucherpreisen.“

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