Wolfsburg. Dass die asbesthaltige Überführung der Braunschweiger Straße ersetzt wird, ist keineswegs gewiss. Die Stadt Wolfsburg sieht auch andere Optionen.

Das war der nächste Schock: Diese Woche überraschte die Stadt mit der Hiobsbotschaft, dass die Theaterbrücke nicht wie geplant in den Herbstferien in einer Hauruck-Aktion abgerissen werden kann. Als Grund nannte die Verwaltung eine massive Schadstoff-Belastung, die einen nächtlichen Abriss der Überführung in Wolfsburg unmöglich macht. Die bange Frage, die sich viele stellen: Wird die Asbest-Brücke überhaupt ersetzt?

Bald ist es ein Jahr her, dass die wichtige Überführung der Braunschweiger Straße mitten in der laufenden Brücken-Prüfung wegen akuter statischer Mängel abrupt gesperrt werden musste. Das bedeutet, dass für Fußgänger und Radfahrer eine wichtige Überquerung der Hauptverkehrsachse und eine wichtige Verbindung zwischen den Stadtteilen Klieversberg/Eichelkamp und Köhlerberg/Rabenberg gekappt wurde – bis heute. Adäquater Ersatz: Fehlanzeige!

Theaterbrücke in Wolfsburg schon fast ein Jahr gesperrt

Schon seit Dezember 2022 müssen sich Fußgänger und Radler andere Wege suchen, um über die vielbefahrene Braunschweiger Straße zu kommen, darunter auch viele Schulkinder aus den betroffenen Stadtteilen. Da ist zum einen einen ordentliches Stück weiter nördlich die Fußgängerampel unterhalb des Theaterparkplatzes, an der Erziehungsberatung, und zum anderen die Ampel an der Einmündung Röntgenstraße. Dort dürfen jedoch nur Radfahrer die Braunschweiger Straße überqueren. An der etwas entfernteren Einmündung Burgwall gibt es zwei weitere Ampeln für Fußgänger. Und dann ist da noch die Fuß- und Radwegbrücke weiter südlich an der Rabenbergstraße. Ohne mehr oder weniger lange Umwege geht‘s also nicht.

Für den Ortsbürgermeister von Stadtmitte, Erich Schubert, darf das kein Dauerzustand werden. Trotz des dicken Lochs in der städtischen Haushaltskasse muss etwas passieren, fordert er: „Es muss auf jeden Fall eine Lösung geben, und zwar bald. Denn wir wollen nicht, dass da womöglich noch etwas passiert.“ Zwar habe er trotz der schwierigen Situation bisher relativ wenig Rückmeldungen aus der Bürgerschaft bekommen. Doch er vermutet, dass das daran liegt, dass Fußgänger nun einfach die Braunschweiger Straße an der Einmündung Röntgenstraße überqueren, obwohl das dort nur für Radler erlaubt ist.

An der Einmündung Röntgenstraße (links) in die Braunschweiger Straße gibt es offiziell nur Überquerungsmöglichkeiten für Radler.
An der Einmündung Röntgenstraße (links) in die Braunschweiger Straße gibt es offiziell nur Überquerungsmöglichkeiten für Radler. © regios24 | Darius Simka

Ortsbürgermeister der Stadtmitte will bald Treffen mit Bauverwaltung

„Es wird so oder so ziemlich schwierig“, ahnt der Sozialdemokrat - egal, für welche der beiden Varianten sich die Politik entscheidet: Brücken-Neubau oder Ausbau der Kreuzung Braunschweiger Straße/Röntgenstraße. „Eine neue Brücke wäre unter den derzeitigen Haushaltsbedingungen wohl noch schwieriger. Aber auch ein Ertüchtigen der Kreuzung wäre keine ganz billige Lösung“, sagt Schubert.

Dem Stadtmitte-Ortsbürgermeister liegen nach seiner Aussage bisher nicht einmal Kostenschätzungen der Verwaltung vor. „Aber nach dem Abriss und Neubau der Brücke zwischen Detmerode und Westhagen weiß man ja: Das geht schnell in die Millionen.“ Er fordert möglichst bald ein Treffen der beiden Ortsräte mit der Bauverwaltung.

Ortsbürgermeister von Mitte-West will Stadtteil-Verbindung erhalten

Sein Ortsbürgermeister-Kollege von Mitte-West, Sabah Enversen, hatte schon kurz nach der Sperrung der neuen Problem-Brücke im Dezember 2022 von einer „gewissen Dramatik“ gesprochen: „Mitte-West ist jetzt quasi geteilt, die Brücke ist die wesentliche Verbindung zum Rabenberg und zum Köhlerberg.“ Bereits damals hatte der Sozialdemokrat für den Fall, dass die Überführung nicht zu retten ist, betont: „Wir sind wild entschlossen, dass diese Verbindungslinie erhalten bleibt.“ Sprich: Dann müsste an der Stelle eine neue Brücke her.

Hinsichtlich des weiteren Vorgehens zur Aufrechterhaltung der Querungsmöglichkeiten für Fußgänger und Radfahrer gebe es verschiedene Optionen, die insbesondere mit den betroffenen Ortsräten Stadtmitte und Mitte-West zu diskutieren seien, hatte die Stadt in einer Kenntnisgabe schon im Juni konstatiert. Und da schon die beiden Optionen benannt: „Neben dem Wiederaufbau der Brücke könnte auch der Knotenpunkt mit der Röntgenstraße für die gesicherte Querung mit Fußgängern ertüchtigt werden.“ Mögliche Varianten müssten dabei unter den Kriterien der Effektivität sowie der Kosten und Nutzen abgewogen werden, hieß es damals seitens der Stadt.

Das wäre auch ein schönes Zeichen dafür, dass in Wolfsburg für Radfahrer etwas gemacht wird.
Uwe Weinkopf, Reislingen, möchte eine neue Theaterbrücke

Hobby-Radsportler will nach Abriss neue Brücke über Braunschweiger Straße

Auch Nutzer-Zahlen hatte die Verwaltung damals genannt: Zählungen zufolge waren im September 2021 an einem Samstag innerhalb von 24 Stunden 144 Fußgänger und 122 Radfahrer auf der Theaterbrücke unterwegs, an einem Sonntag 169 Fußgänger und 176 Radler sowie an einem Dienstag zwischen 6 und 21 Uhr 138 Fußgänger und 249 Radfahrer.

Zu den Radfahrern, die die Theaterbrücke vermissen, gehört Uwe Weinkopf. Der Radsportler weicht bei seinen Touren zum Klieversberg nun über den Fahrrad-Überweg der Braunschweiger Straße an der Röntgenstraße aus, „aber da muss ich lange auf Grün warten“. Er räumt ein, dass die fehlende Brücke ihn nicht vor ein unüberwindbares Hindernis stellt. „Aber ich wäre sehr dafür, dass die Theaterbrücke ähnlich schön wie die Detmeroder Brücke neu gebaut wird.“

Der Reislinger betont: „Das wäre auch ein schönes Zeichen dafür, dass in Wolfsburg für Radfahrer etwas gemacht wird. Wolfsburg hat noch viel Nachholbedarf, was die Fahrradfreundlichkeit angeht.“ Er kann sich vorstellen, dass das Fahrradaufkommen auch durch das neue VW-Radleasing für Mitarbeiter steigt - und daran könnte man die Bedingungen mit einer neuen Brücke anpassen.

Lesen Sie hier weitere Nachrichten aus Wolfsburg: