Wolfsburg. Schöne Wohnungen, nah an der Natur. Aber noch keine Spielplätze oder Gehwege: Wie es den Bewohnern in Wolfsburgs Steimker Gärten gefällt.

Kräne drehen sich auf der Edeka-Baustelle in den Steimker Gärten. Ein Bagger streckt seine Schaufel über den Rand der riesigen Baugrube. Hagen Heidenreich steht am Bauzaun und schaut sich das Spektakel an.

Wie es ihm in Wolfsburgs neuem Stadtteil gefällt? „Zu laut“, sagt der 73-Jährige und deutet auf die andere Seite der Steimker Promenade: Er wohne ja gleich da drüben. „Auf dem Balkon kann man nicht sitzen“, sagt Heidenreich. Bis 20 Uhr werde gearbeitet, an den Samstagen ebenfalls. „Ruhe ist nur sonntags.“

Steimker Gärten in Wolfsburg: Wohnen neben der Baugrube

Hagen Heidenreich findet es momentan in den Steimker Gärten noch zu laut. Seine Frau und er wohnen ganz in der Nähe der Supermarkt-Großbaustelle.
Hagen Heidenreich findet es momentan in den Steimker Gärten noch zu laut. Seine Frau und er wohnen ganz in der Nähe der Supermarkt-Großbaustelle. © regios24 | Lars Landmann

Für Heidenreich könnte der Unterschied zu seinem früheren Zuhause kaum größer sein. Vor einem Jahr haben seine Frau und er Haus und großes Grundstück im Wolfsburger Speckgürtel gegen eine Drei-Zimmer-Wohnung in den Steimker Gärten eingetauscht. Vom 400-Einwohner-Dorf an den Rand der Innenstadt – da musste sich der VW-Rentner erst einmal umgewöhnen. „Hier ist jeder für sich“, sagt Heidenreich.

Doch er sieht auch das Positive: Die Steimker Gärten seien ein schöner Stadtteil. „Und man kann mit dem Fahrrad in die Stadt fahren.“

Mit dem Fahrrad ist man schnell in der Wolfsburger Innenstadt

Deutlich ruhiger als in der Nähe der Großbaustelle am Quartiersplatz geht es im Anisweg zu. Hier stehen helle Reihenhäuser mit Blick auf Wald und Feld. Gebaut wird in der Nähe gerade nicht. „Wir sind zufrieden, haben auch eine schöne Aussicht“, sagt eine Hauseigentümerin. „Rehe und Hasen hoppeln durch unseren Garten. Das ist schön.“

Doch es gibt einiges, was der 35-Jährigen, die seit anderthalb Jahren mit Mann und Kind im Quartier wohnt, weniger gut gefällt. Ihr fehlt es an Infrastruktur: Der Supermarkt werde erst 2025 öffnen, Volkswagen Immobilien finde kein Restaurant, keine Arztpraxis und keinen Friseur für die Steimker Gärten. „Das Einzige, was wir haben, ist ein Bäcker“, kritisiert sie.

Geschäfte fehlen in den Steimker Gärten noch

Schmucke Reihenhäuser stehen im Anisweg.
Schmucke Reihenhäuser stehen im Anisweg. © regios24 | Lars Landmann

Auch, dass die Straßen noch nicht gemacht sind und Gehwege fehlen, ist für die Mutter schlecht. Sie laufe mit dem Kinderwagen auf der Straße. Schade findet sie zudem, dass es in den Steimker Gärten keinen Spielplatz gibt. „In jedem Haus wohnt mindestens ein Kind.“

„Es fehlt einfach ein schöner Spielplatz. Hier wohnen viele kleine Kinder“, sagt auch eine 64-jährige Wolfsburgerin, die mit ihrem Partner in einer Eigentumswohnung im Rosmarinweg wohnt. Das Haus steht am Rand der Steimker Gärten, die Bebauung ist luftig, die Wohnung geht nach hinten raus. Ihnen gefällt sie auch nach gut drei Jahren noch ausnehmend gut. Genauso wie die Ruhe.

Bewohner vermissen Gehwege und einen Spielplatz

Etwas unschön findet das Paar die Diebstähle, die sich seiner Wahrnehmung nach sehr häufen. Zwei Fahrräder wurden den beiden Wolfsburgern schon gestohlen, außerdem Fahrradteile. Etwas lieblos erscheint der 64-Jährigen die Bepflanzung, die unter den heißen Sommern eindeutig gelitten hat: An vielen Grundstücksrändern kümmern Pflanzen vor sich, statt dichte Hecken zu bilden. Im Garten des Mehrfamilienhauses, in dem das Paar lebt, ist schon vor Jahren der Rasen eingegangen. „Da kommt auch nichts mehr“, prognostiziert die Frau.

Etwas getrübt wird das Wohlgefühl darüber hinaus durch Probleme anderer Eigentümer und Mieter, von denen das Paar hört. „Man hat immer das Gefühl, es gibt tausend kleine Baustellen, aber nichts wird wirklich fertig“, sagt die Frau. Mit Blick auf die noch angekündigten und schon angefangenen Neubauten erwartet ihr Partner zudem weiteren Leerstand im Quartier.

Mehr Neubauten, neue Leerstände?

Einige Wohnkomplexe in den Steimker Gärten wirken recht unbelebt. Bewohner des Wolfsburger Stadtteils fragen sich, warum immer weiter gebaut wird.
Einige Wohnkomplexe in den Steimker Gärten wirken recht unbelebt. Bewohner des Wolfsburger Stadtteils fragen sich, warum immer weiter gebaut wird. © regios24 | Lars Landmann

Die Mutter aus dem Anisweg macht sich diesbezüglich ebenfalls so ihre Gedanken. Sie sieht in den Steimker Gärten sehr viele leerstehende Wohnungen. In einigen Häusern sei nicht einmal die Hälfte der Einheiten bewohnt, meint sie. Nun entstünden mit dem Sonnenkamp und den geplanten Erweiterungen sowohl der Steimker Gärten als auch der nahen Hellwinkel-Terrassen weitere Baugebiete. „Wer hat diese Bedarfsplanung gemacht?“, fragt die Eigenheimbesitzerin. „Ich weiß nicht, wer hier alles einziehen soll.“

Ganz frisch eingezogen ist ein Paar, das gerade im Arnikaweg sein Auto auslädt. Nach den ersten zwei Wochen freuen sich die beiden 35-Jährigen trotz Wohnung in der ersten Reihe, die Geräuschkulisse in der Stadtmitte mit ihrem Umzug hinter sich gelassen zu haben. „Es ist wirklich sehr ruhig“, sagt sie. „Das merkt man sofort.“ Das zu den „Drei Gärten“ gehörende Mehrfamilienhaus ist ihrer Wahrnehmung nach gut vermietet. Lange herrschte in der Anlage schon beim Vorbeifahren wahrnehmbarer Leerstand.

Mutter wünscht sich verkehrsberuhigende Maßnahmen

Auf dem Werbeplakat gibt es schon Fußwege, in der Realität wären unter anderem Mütter froh darüber. Auch einen Spielplatz vermissen Bewohner der Steimker Gärten.
Auf dem Werbeplakat gibt es schon Fußwege, in der Realität wären unter anderem Mütter froh darüber. Auch einen Spielplatz vermissen Bewohner der Steimker Gärten. © regios24 | Lars Landmann

Eine kleine Neubürgerin trug Juliana Gehricke am Donnerstag in den Steimker Gärten spazieren: Ihre Tochter Leonie ist erst sechs Wochen alt. Mit dem Kinderwagen läuft die 34-Jährige, die es aus Los Angeles nach Wolfsburg verschlagen hat, mangels Bürgersteigen nicht so gerne durch die Steimker Gärten. Vor allem auf der Steimker Promenade wünscht sie sich verkehrsberuhigende Maßnahmen. „Wegen der Kinder sollten die Leute ein bisschen aufpassen“, findet sie.

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Was Gehricke, die seit 2020 mit ihrem Mann in einer Eigentumswohnung im Kamillenweg lebt, an Wolfsburgs jüngstem Stadtteil besonders gut gefällt, ist die Nähe zum Wald. „Wir hören immer die Vögel zwitschern“, freut sie sich.