Wolfsburg. Die Versorgung mit Fahrzeugteilen verbessert sich bei VW spürbar. Allerdings hängt die Lieferzeit auch von der jeweiligen Ausstattung ab.

Eine VW-Managerin legt sich fest und verspricht: Kundinnen und Kunden, die einen vollelektrischen ID. bestellen, sollen ihren Stromer „in der Regel spätestens in drei Monaten“ erhalten. Sagt Vertriebs- und Marketingvorständin Imelda Labbé. Leider hat das Wolfsburger Stammwerk davon vorerst noch nicht viel. Denn die Produktion auf der Montagelinie 1 wird gerade umgerüstet für das vollelektrische Pioniermodell ID.3, das dann nach den Werksferien zur Entlastung des Zwickauer Werkes auch in Wolfsburg produziert wird. Labbé hat in einem Interview im VW-Intranet neben dem Versprechen aber auch eine positive Nachricht übermittelt: Die Versorgung mit Halbleitern stabilisiert sich weiter. Und damit verbessert sich auch die generelle Auslastung. „Wir sehen Licht am Ende des Tunnels“, teilte die Managerin mit.

Der Markenchef drängelt schon länger

Es wird ja auch Zeit. Denn Labbes Chef Thomas Schäfer hat ja schon vernehmlich gedrängelt. Für die stets unter Renditedruck stehende Kernmarke sind neben den reinen E-Werken ja auch die Verkäufe von Verbrennern lebenswichtig. Gerade in Wolfsburg hängen daran die vielen Jobs. Und mit der Kundschaft will es sich VW auch nicht länger wegen viel zu langer Lieferzeiten verscherzen. „Ich kann den Unmut unserer Kundinnen und Kunden auch vollkommen nachvollziehen. Stellen Sie sich vor, Sie entscheiden sich für den Kauf eines Neuwagens, fiebern der Auslieferung entgegen – und müssen dann monatelang auf ihr neues Auto warten. Das ist extrem unbefriedigend. Und zwar nicht nur für den Kunden, sondern auch für uns als Hersteller. Aber die gute Nachricht ist: Wir sehen Licht am Ende des Tunnels“, betont die Managerin in dem Intranet-Beitrag. Und offenbar verbessert sich die Situation an allen Linien. „Wir bekommen aus der Produktion positiv zurückgemeldet: Die deutschen Volkswagen-Werke sind aktuell deutlich besser ausgelastet als im vergangenen Jahr. Unser Produktionsnetz in Deutschland hatte die Folgen der Corona-Pandemie, der weltweiten Chipkrise sowie der Ukraine-Krieg besonders stark getroffen. Unsere Marke hatte zu Jahresbeginn allein in Europa einen Auftragsbestand von rund 660.000 Fahrzeugen, der sich aufgrund des ausgelösten Teilemangels kontinuierlich aufgebaut hatte. Wir konnten die bestellten Fahrzeuge schlicht und ergreifend nicht bauen“, berichtet Labbé.

„Da war Kurzarbeit nahezu Normalfall im Werk“

Im Rückblick auf das vergangene Jahr verdeutlich die Vertriebsexpertin die Notwendigkeit für stabilere Versorgungsprozesse: „Schauen wir uns zum Beispiel unser Stammwerk in Wolfsburg an. Im vergangenen Jahr konnte dort mit gut 400.000 Fahrzeugen gerade einmal die Hälfte der möglichen Kapazität produziert werden. Da war Kurzarbeit nahezu Normalfall im Werk. Das ist jetzt vorbei. Wir müssen seit diesem Monat sogar Sonderschichten einlegen, um die Produktionsziele zu erreichen und sind dankbar, dass alle Kolleginnen und Kollegen so motiviert mitziehen.“ Tatsächlich hat das Unternehmen sogar 500 Leute angestellt, wenn auch vorerst befristet. Sie sollen vor allem in der so arg gebeutelten Golf-Fertigung zum Einsatz kommen. Der Schwerpunkt liegt aber vorerst weiter bei einer schnelleren Abwicklung der Kundenbestellungen für E-Autos. „Bei den vollelektrischen Modellen unserer ID. Familieliegt die Lieferzeit aktuell bei zwei bis drei Monaten. Das hängt immer ein bisschen von der gewählten Ausstattung ab. Kunden, die sich für ein vorkonfiguriertes Fahrzeug entscheiden, können ihr Auto unter Umständen sogar noch kurzfristiger bekommen. Und auch bei den Verbrennern entspannt sich die Situation allmählich“, ist sich Labbé sicher.

Das Krisenmanagement hat sich bewährt, sagt die Managerin

Die Entwarnung gilt für den gesamten europäischen Markt. Und das Krisenmanagement hat sich bewährt und zu praktikablen Notfalllösungen geführt, die jederzeit abgerufen werden können. Denn das entscheidende Problem ist die immer noch instabile politische und wirtschaftliche Gesamtlage. „Wir sehen klare Anzeichen, dass wir uns erholen. Aber natürlich kann niemand die Zukunft vorhersehen. Aus den jüngsten Krisen haben wir eine Menge gelernt, gestalten unsere Strukturen in der Produktion auch flexibler. Die neue Montage zum Beispiel, die in Wolfsburg gerade für die Elektroplattform MEB aufgebaut und in die bestehende Fertigung integriert wird, kann sowohl den vollelektrischen ID.3 als auch den neuen Tiguan gleichzeitig produzieren. Wir passen unsere Produktion also ganz nach dem Wunsch unserer Kunden an und können so künftig schneller reagieren und ausliefern“, verweist die Vorständin auf die derzeit laufenden Umbauarbeiten an der Montagelinie 1 in Wolfsburg. Passieren darf jetzt nichts mehr. Denn mit dem ID.3-Anlauf und der Markteinführung des neuen Tiguan inklusive der Wolfsburger Weltpremiere stehen die Zeichen eigentlich auf Aufbruch.

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