Wolfsburg. Sie hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Wolfsburg und der VfL zu einer der Fußballhochburgen wurden: Welt- und Europameisterin Martina Müller.

Wenn sie durch die Stadt geht, wird sie noch immer erkannt und gegrüßt – auch lange nach ihrem Karriereende: Martina Müller, zweifache Fußballweltmeisterin, Europameisterin, zigfache Torschützin für den VfL, Fußballerin des Jahres und vor genau zehn Jahren Triple-Siegerin mit den Fußballerinnen vom VfL Wolfsburg.

Am Rande des Blindenfußballturniers am Wochenende – bei dem die Ex-Stürmerin unter anderem mit Aufstiegsheld Roy Präger und gehandicapt mit Augenmaske antrat – sprachen wir mit der Fußball-Ikone über den Boom im Frauenfußball, Equal Pay, den Verein, für den sie heute kickt, ihren Job bei VW und Public Viewings. Die VfL-Frauen treffen am Donnerstag (Anstoß 16.45 Uhr) in Köln im DFB-Pokalfinale auf den SC Freiburg.

10 Jahre VfL-Triple (Deutsche Meisterschaft, DFB Pokal und Champions League) – was hat sich verändert? Die Antwort kommt schnell: „Die Aufmerksamkeit, die der Frauenfußball bekommt, ganz sicher. Die Zuschauerzahlen, die Einschaltquoten – vor allem nach der Europameisterschaft 2022 hat ein Boom eingesetzt. Aber es ist noch ein weiter Weg.“

Wie bewertet es die Ex-VfLerin, dass die Frauen heute zu ausgewählten Spielen ins große Stadion umziehen dürfen? Ein großer Schritt nach vorn sei dies – und ein verdienter, meint die frühere Nationalspielerin und fügt gleichzeitig schmunzelnd an: „Im kleinen Stadion am Elsterweg vor kleinerem Publikum war es aber auch schön. Du hast genau gesehen, wer da war. Wir waren eine große Familie.

Double-Feier der VfLerinnen vor dem Rathaus: Mit den Fans zu feiern sei das Größte, sagt Doppel-Weltmeisterin Martina Müller.
Double-Feier der VfLerinnen vor dem Rathaus: Mit den Fans zu feiern sei das Größte, sagt Doppel-Weltmeisterin Martina Müller. © regios24 | Archiv: Darius Simka

Hinterher wurde immer noch ein Tisch mit Kuchen und Brötchen und Getränken aufgebaut.“ Der Kontakt zu den Fans sei intensiv gewesen, man habe die Siege gemeinsam gefeiert, Niederlagen betrauert. „Viele Fans kamen über viele Jahre hinweg zu unseren Spielen. Das schweißt zusammen.“

Der Beliebtheitsgrad der VfLerinnen steigt in Stadt und Region stetig weiter an. Ist es aus Martina Müllers Sicht denkbar, dass zum Pokalfinale (18. Mai) oder dem Champions-League-Finale (3. Juni) auf dem Rathausplatz ein Public Viewing stattfindet? Zum DFB-Pokalfinale zwischen den VfL-Männern und Dortmund 2015 fand auf dem Rathausplatz ein Public Viewing statt. „Das wär unbedingt was“, ist sich die Fußball-Ikone sicher. „Fußball muss ein großes gemeinsames Fest sein. Ein Gemeinschaftserlebnis. Es ist das Größte, wenn du so ein Spiel gemeinsam sehen kannst, den Sieg oder die Niederlage zusammen erlebst. So ein Public Viewing, egal, ob vor dem Rathaus oder auch im AOK-Stadion, wäre was Tolles für die Stadt. Und auch hinterher, wenn du heimkommst von einem Turnier oder einem entscheidenden Spiel, willst du mit den Fans feiern. Unsere Feiern vor dem Rathaus waren immer klasse. Für das alles spielst du.“

Auf das Karriereende 2015 folgte für Profifußballerin Müller der Vollzeitjob bei VW. 2008 hatte sie im Werk als Sachbearbeiterin begonnen und war in der Zeit, als sie im Nationalteam spielte, für Lehrgänge freigestellt worden. Als mehr Vormittagstraining mit dem VfL anstand, reduzierte die VW-Mitarbeiterin auf 25 Stunden, also Teilzeit. Wie schwer fiel der Abschied vom Profifußball? „Eigentlich war es ein fließender Übergang. Ich habe unmittelbar nach meinem Karriereende wieder Vollzeit gearbeitet und kannte meine Kollegen ja schon seit 2008. Ich habe eine Lehre zur Bürokauffrau gemacht. Und ich kann jedem nur raten, neben dem Fußball eine Berufsausbildung zu machen.“ Das erleichtere die Rückkehr ins „normale Leben“.

Was hält sie von Equal Pay, also der gleichen Bezahlung von Männern und Frauen im Fußball, wofür sich unter anderem auch Kanzler Scholz stark macht? Die Antwort fällt zunächst diplomatisch aus: „Meiner Meinung nach ist der Männerfußball überbezahlt. Es reicht doch, wenn du genug zum Leben hast.“ Die Triple- und Doublesiegerin fügt gleichwohl an: „Wenn Vereine möchten, dass die Spielerinnen sich voll und ganz auf den Sport konzentrieren, dann müssen sie dafür sorgen, dass alle Spielerinnen gut damit über die Runden kommen. Nicht nur die Nationalspielerinnen.“

So ganz vom Fußball kann die 43-Jährige natürlich nicht lassen. Das zeigte sich auch beim Blindenfußballturnier im Rahmen der Special Olympics (Wolfsburg ist Gastgeberstadt der Weltspiele in Berlin). Im Gegenteil: Mittlerweile kickt sie für den TSV Barmke in der Regionalliga. Wo sich übrigens auch ein weiteres populäres Gesicht des Wolfsburger Fußballs findet: Ex-VfL-Keeperin Jana Burmeister. Einige Spielerinnen seien ohnehin nach der Karriere beim VfL hiergeblieben, schildert Martina Müller. „Wir halten untereinander Kontakt, bleiben eine Fußballfamilie.“

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