Wolfsburg. Alle zwei Jahre ruft der Bundes-ADFC zum Test der Fahrradfreundlichkeit der Kommunen auf. Wolfsburg bekam jetzt fürs Radklima nur eine 4,1.

Wie gut sind die Oberflächen der Radwege? Wie sind Baustellen abgesichert? Gibt es ausreichend Warnhinweise an gefährlichen Unterführungen und anderen neuralgischen Punkten? Wie funktioniert das Miteinander von Radfahrern und Autofahrern? Diese und viele weitere Punkte werden alle zwei Jahre vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club bundesweit abgefragt. Unterstützt wird das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr.

Bundesweit gab es eine Durchschnittsnote von 3,93

Insgesamt gab es einen bundesweiten Durchschnitt fürs Radklima von nur 3,93. Es hat sich damit laut ADFC erneut verschlechtert. 1114 Städte und Gemeinden wurden bewertet, knapp eine Viertelmillionen Menschen machten bei der Erhebung mit. 524 Teilnehmende waren es in der VW-Stadt.

Wie sieht es bei der Bewertung in Wolfsburg aus? Insgesamt bekam die Stadt eine 4,1, ist also noch etwas schlechter als der Bundesdurchschnitt. Es werden immer Kommunen in derselben Ortsgrößenklasse verglichen. Bundesweit landete Wolfsburg da auf Platz 23 von 40. Es geht also andernorts noch schlechter, was das Radklima betrifft.

Stadt will viele Menschen zum Umstieg aufs Rad bewegen

Wie ordnet man das Abschneiden Wolfsburgs insgesamt ein? Die Stadt hat sich ja selbst auf den Weg zur fahrradfreundlichen Kommune gemacht, will viele Menschen zum Umstieg vom Auto in den Sattel bewegen. Wir fragen bei einer nach, die es wissen muss. Karin Klaus-Witten, selbst passionierte Radnutzerin und im Vorstand vom hiesigen ADFC, ordnet die Ergebnisse der Befragung ein.

„Das kann nicht ausreichend sein“

„Das Ergebnis kann trotz anders lautendem Wortsinn nicht ausreichend sein“, erklärt Karin Klaus-Witten zunächst mit Blick an die an Schulnoten orientierte Note 4,1. „Die Tendenz der letzten Jahre ist leider stagnierend bis absinkend und über Jahre langsam aber stetig von 3,8 auf 4,1 gesunken. Wolfsburg befindet sich im Ranking im unteren Mittelfeld.“ Es sei festzustellen, dass Wolfsburg bei wirtschaftsorientierten Rankings deutlich mehr Ehrgeiz entwickele, auf vorderen Plätzen zu landen.

Betrachte man die Einzelergebnisse, dann steche mit der Schulnote 2,5 die Erreichbarkeit des Stadtzentrums positiv heraus. Karin Klaus-Witten: „Auch bewerten immerhin 33 Prozent der Befragten den Spaßfaktor mit sehr gut bis gut. Die Frage ist, ob dies mehr für das Freizeitradeln gilt oder ob in Wolfsburg die Radfahrenden einfach hart im Nehmen sind.“ Positiv sei auch, dass in Wolfsburg nicht nur wenige Gruppen, sondern alle, ob alt oder jung, Fahrrad fahren würden.

Kritik am „beinah reflexhaften“ Aufstellen von Verbotsschildern

Insgesamt würden sich Radfahrende in Wolfsburg mehr Akzeptanz, bessere und breitere Wege und ein besseres Sicherheitsgefühl wünschen. „Das zeigen die Bewertungen aber auch die Freitexte, die wir gerade auswerten. Direkte Wegeverbindungen, die zügiges Fahren erlauben, statt eines beinahe reflexhaften Aufstellens von Schildern wie „Radfahren verboten“ oder „Radfahrer absteigen“ an kritischen Stellen oder Baustellen.“ Hindernisfreies Fahren sollte endlich auch für den Radverkehr gelten, fordert die ADFC-Vertreterin.

Ampelschaltungen sind ein Ärgernis

Ampelschaltungen würden, nicht nur in Wolfsburg, ein sehr großes Ärgernis und gerade für Pendler einen massiven zeitlichen Verzögerungsfaktor darstellen. Karin Klaus-Witten fragt: „Wieso müssen Radfahrende um Grün bitten und dann meistens eine weitere Ampelschaltungsperiode abwarten, statt wie Kfz in der normalen Phasenschaltung eingebunden zu sein? Hier braucht es ein Umdenken der Stadtverwaltung.“

Fahrrad-Klima-Test Wolfsburg online
Fahrrad-Klima-Test Wolfsburg online © Jürgen Runo | Jürgen Runo

Nur wenn sich Radnutzer sicher und als Verkehrsteilnehmende akzeptiert fühlten, würden sie das Fahrrad als tägliches Verkehrsmittel und nicht nur in der Freizeit abseits vom Straßenverkehr nutzen. „Das heißt im besten Fall breite, vom Kfz- und Fußverkehr getrennte Wegeführungen, die ein sicheres Überholen, zügiges Fahren auf glatten Wegen ermöglichen.“ Dichtes Überholtwerden stelle einen hohen Stressfaktor dar. „Hier muss sich etwas verändern, zum Beispiel durch Überholverbote an zu engen Stellen.“

Qualität der Radwege wird schlecht bewertet

Die Umfrage habe ergeben, dass das Zentrum gut erreichbar sei. Die Qualität der Radwege werde allerdings als schlecht bewertet. „Auch wenn endlich für die Unterhaltung der Radwege ein Budget im Haushalt vorgesehen ist, wird es lange dauern, bis hier eine deutliche Verbesserung spürbar wird. Hier hoffen wir auf gute Prioritätensetzung und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt.“

Pluspunkte habe es für Fahrradabstellanlagen gegeben. „In den Freitexten wird allerdings die Qualität von Übergängen und mangelnde Bordsteinabsenkung immer wieder benannt.“

Der ADFC arbeite in diversen Gremien und Arbeitskreisen mit, um alle Themen voranzubringen. Man begrüße den Verkehrsversuch Schillerstraße. „Auch wenn wir die Lösung an den Bushaltestellen durch die kreuzenden Fußgänger kritisch sehen und für eine Verlagerung der Gefährdung halten.“

Alternative Grüne Route als Chance

Die Alternative Grüne Route könne dazu beitragen, dass Pendler besser, schneller und bequemer mit dem ÖPNV und dem Fahrrad zur Arbeit, Schule, in die Stadt kommen werden, als mit dem eigenen Auto, setzt Karin Klaus-Witten aufs Projekt im Südosten der Stadt. „Wolfsburg hat jetzt die Chance, eine zukunftsfähige Infrastruktur zu bauen. Früher war es die autogerechte Stadt, jetzt müssen wir umdenken – auch in Wolfsburg.“

Insgesamt habe man Hoffnung auf neuen Schwung, da der neue Radverkehrskoordinator seinen Dienst angetreten habe. Die Vertreterin vom ADFC Wolfsburg zusammenfassend: „Wir hoffen auch in angespannter Haushaltslage auf die Umsetzung der geplanten Radverkehrsförderprojekte und einen stetigen Lernprozess in Richtung nachhaltiger Mobilität.“

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