Wolfsburg. Ohne die LSW und Vermieter oder Miteigentümer geht es nicht beim Wunsch nach einem Balkonkraftwerk. Die Wohnungsgesellschaften wappnen sich.

Der Strom wird derzeit immer teurer, die Sommer werden tendenziell immer sonniger. Kein Wunder, dass Photovoltaik-Anlagen boomen. Doch nicht nur die großen fürs Dach auf dem Eigenheim. Auch Balkonkraftwerke sind begehrt. Die Stadt Wolfsburg fördert diese kleinen Anlagen in diesem Jahr ebenfalls. Doch es gilt einiges zu beachten, um Knatsch mit dem Vermieter oder Miteigentümern zu vermeiden.

Im Umweltausschuss der Stadt waren die Stecker-Solaranlagen jüngst wieder ein Thema. Und zwar bezüglich der Frage, wie sich die drei großen Wohnungsgesellschaften in Wolfsburg darauf einstellen. Ein Bewohner aus der Nordstadt schilderte nämlich, dass er sich seit mehreren Jahren bemühe, von seiner Wohnungsgesellschaft das Okay für ein Balkonkraftwerk zu bekommen. Bisher vergeblich, beklagte er.

Mieter aus der Nordstadt sprach Probleme im Umweltausschuss an

Das passte nicht so ganz zu dem, was Umweltdezernent Andreas Bauer nach einem Gespräch mit den drei Gesellschaften schon in der Sitzung zuvor Anfang Februar berichtet hatte: dass Allertal, Neuland und Volkswagen Immobilien „grundsätzlich gewillt“ seien, ihren Mietern Mini-Solaranlagen zu erlauben. Zudem sei das Interesse von Mietern bisher sehr gering.

Als weiteres Problem sprach der Mieter aus der Nordstadt die Antragsstellung bei Energieversorger LSW an. Dazu sagte Stadtrat Bauer, dass es bei der LSW personelle Engpässe gebe. Die Problematik sei aber inzwischen erkannt und es sei reagiert worden.

Ein Teil des eigenen Strombedarfs kann über eine Mini-Photovoltaik-Anlage abgedeckt werden. Doch bei der Installation der steckerfertigen Anlagen gilt es einiges zu beachten.
Ein Teil des eigenen Strombedarfs kann über eine Mini-Photovoltaik-Anlage abgedeckt werden. Doch bei der Installation der steckerfertigen Anlagen gilt es einiges zu beachten. © dpa (Symbol) | Sebastian Willnow

LSW verzeichnet hohes Interesse an Photovoltaik-Anlagen

Wie LSW-Pressesprecherin Birgit Wiechert auf Anfrage unserer Zeitung berichtete, ist das Interesse zur Installation von PV-Anlagen unterschiedlicher Größenordnung nach wie vor recht hoch. Für steckerfertige PV-Anlagen bis 600 VA reiche die vereinfachte Anmeldung aus.

„Der Austausch des alten Zählers gegen einen Zweirichtungszähler wird schnellstmöglich kostenlos durchgeführt“, erklärte die Sprecherin der LSW. „Sobald uns alle Unterlagen vollständig vorliegen, werden zurzeit aufgrund der erhöhten Nachfrage Termine mit einem durchschnittlichen Vorlauf von zirka vier Wochen vergeben.“

Bei Neuland Wohnungsgesellschaft gibt’s drei Kriterien

Unsere Zeitung fragte bei den drei großen Wolfsburger Wohnungsgesellschaften nach, wie man die Genehmigung von Mini-Solaranlagen handhabt.

Neuland-Pressesprecherin Janina Thom bestätigte Aussagen von Stadtrat Bauer: Es gebe seit einigen Monaten ein rechtssicheres Regelwerk des Verbands der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (VDW), das zum Einsatz kommen soll, um beispielsweise Fragen der Verkehrssicherungspflicht und der Statik zu regeln. Daran orientiere sich die Neuland.

„Zudem haben wir intern einen Prozess aufgestellt, anhand welcher Kriterien wir etwaige Anfragen prüfen und auch entscheiden. Im ersten Schritt, wenn Mieter*innen bei uns anfragen, prüfen wir direkt im System ab, ob überhaupt ein Balkon vorhanden ist, das Gebäude unter Denkmalschutz steht und ob die Elektrik auf einem modernen dreiadrigen Stand ist“, erklärte die Sprecherin.

Lesen Sie hier mehr zum Thema:

Ohne Vertrag geht’s für die Mieter nicht

Passe eines dieser Kriterien nicht, müsse der Antrag abgelehnt werden. Sollten aber alle Details stimmen, werde die Anfrage zur technisch-statischen Prüfung weitergegeben. „Dabei wird betrachtet, ob etwa ein vorhandener Balkon ein solches Modul tragen könnte, ob die Balkonsteckdose für einen Anschluss geeignet ist und ob das Gebäude durch eine Anbringung keinen Schaden erleidet“, erläuterte Janina Thom. „Außerdem haben wir beispielsweise in einigen unserer Neubauten wie Kurt 2.0 oder Kleekamp große Photovoltaikanlagen installiert, die Balkonkraftwerke an diesen Stellen überflüssig machen.“

Gebe die technische Abteilung ihr Okay, werde die Genehmigung mit rechtlichen Absicherungen gemäß Verband erteilt. Dazu zähle beispielsweise, dass die Solarmodule dauerhaft gegen Winddruck gesichert sind und die private Haftpflichtversicherung des Mieters etwaige Schäden abdeckt. In einem Vertrag werde alles festgehalten.

„Allerdings haben erst drei Mieter*innen bei uns überhaupt Anfragen gestellt, die wir aufgrund der oben genannten Punkte ablehnen mussten“, berichtete die Sprecherin. „Aktuell ist das Thema bei uns also nicht so präsent, aber wir sind vorbereitet, sollte die Nachfrage nach ,Balkonkraftwerken’ steigen.“

Bei VW Immobilien ist jede Installation ein Einzelfall

Bei VW Immobilien laufen die Festlegungen noch: „Bezüglich der Umsetzung und Machbarkeit von Solar-Balkon-Anlagen erarbeiten wir gerade einheitliche Prozesse, die wir mit der Stadt und den anderen Wohnungsgesellschaften abstimmen, um unsere Mieterinnen und Mieter individuell zu unterstützen“, berichtete Pressesprecher Tobias Fruh. Man sei aber schon auf Anfragen von Mieter vorbereitet.

Er betonte, dass jede Installation ein Einzelfall sei, der anhand notwendiger Kriterien wie zum Beispiel Statik der Balkone und Überprüfung der vorhandenen Elektroinstallation geprüft und bewertet werden müsse. Zudem entstünden weitere Investitionskosten, „die grundsätzlich vom Mieter zu tragen sind“.

Lesen Sie hier weitere Nachrichten aus Wolfsburg:

Bisher nur vereinzelte Anfragen bei Wolfsburger Wohnungsgesellschaften

Für die Errichtung einer kleinen Solaranlage bis 600 Watt am Balkon ist laut Fruh der Abschluss einer Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter erforderlich. VWI orientiere sich am Vertragsentwurf des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), der auch mit den anderen Wohnungsgesellschaften und der Stadt Wolfsburg abgestimmt sei. Dieser beinhalte auch einen Nachweis einer Haftpflichtversicherung durch den Mieter, die eine Mini-Solaranlage abdeckt.

Nach Angaben des VWI-Sprechers müssten Mieter und Mieterinnen grundsätzlich wissen, dass „die installierte Solaranlage nach einem Auszug auf eigene Kosten abgebaut und der Zustand des Balkons wiederhergestellt werden muss, sofern keine Übernahme der Anlage durch einen Nachmieter mit Einverständnis des Vermieters erfolgt.“ Die Kosten dafür trage der Mieter. Aktuell sind dem Sprecher zufolge noch keine Balkonkraftanlagen in VWI-Wohnungen installiert worden. Es gebe vereinzelt Interessenten und bisher etwa fünf konkretere Anfragen.

Grundsätzlich wies Fruh darauf hin, dass es immer sinnvoll sei, erst einmal zu schauen, ob sich noch alte Elektrogeräte im Haushalt befinden, durch deren Austausch sich Strom sparen lasse. VWI unterstütze die Mieter dabei, alternative Energiesparmöglichkeiten zu finden. „Dazu stellen wir beispielsweise Stromverbrauchsmessgeräte kostenfrei zur Verfügung, die den eigenen Stromverbrauch messen.“

Beim Verein „Haus und Grund“ sind Balkonkraftwerke akutes Thema

Intensiv beschäftigt sich bereits der Verein „Haus und Grund“ (HUG) mit der Handhabung von Wünschen nach einem Balkonkraftwerk. Und zwar nicht nur, wenn Mitglieder von ihren Mietern danach gefragt werden. Sondern meistens für den Fall von Eigentumswohnungen, berichtete Geschäftsführer Adam Ciemniak.

Wenn beispielsweise Balkone und Fassaden Gemeinschaftseigentum seien, müssten auch die Gemeinschaften über eine Mini-Solaranlage entscheiden. Probleme sind laut Ciemniak nicht unbedingt technischer Natur, sondern ganz klar rechtliche. „Die Kraftwerke müssen genehmigt, zugelassen werden. Auch bei der LSW. Man kann den Strom nicht einfach in das Hausstromnetz einspeisen.“ Es habe Fälle gegeben, in denen sich die Stromzähler rückwärts drehten.

Der Geschäftsführer von HUG schätzte, dass es derzeit pro Woche fünf bis zehn Anfragen von Mitgliedern gebe, einzelne müssten dann intensiver behandelt werden.

In Braunschweig war der Fördertopf der Stadt ruck-zuck leer

Bisher kaum ein Thema sind die kleinen PV-Anlagen beim Mieterverein. „Uns sind bis jetzt noch keine Mietverhältnisse bekannt, in denen eine Mini-PV-Anlage installiert werden soll“, hieß es seitens des Vereins.

Gut möglich, dass sich das bald ändert, wenn die Wolfsburger auf die Förderung der Stadt anspringen. Übrigens: In Braunschweig war der Fördertopf für Balkonkraftwerke am Wochenende nach wenigen Stunden leer.

Informationen bei LSW und Verbraucherzentrale

Wer sich über die Voraussetzungen zur Installation eines Balkonkraftwerks informieren möchte, findet weitergehende Informationen bei der LSW unter www.lsw-netz.de/strom/einspeisung, da auf „Steckerfertige Photovoltaikanlage“ klicken.

Die Verbraucherzentrale informiert über Steckersolargeräte unter www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de/presse/steckersolargeraete-solarstrom-vom-balkon. Sie bietet auch Online-Informationsveranstaltungen zum Thema an.

Mehr wichtige Nachrichten aus Wolfsburg lesen:

Täglich wissen, was in Wolfsburg passiert: Hier kostenlos für den täglichen Wolfsburg-Newsletter anmelden!